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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Gefühl, gerüstet zu sein.
2
    Vassago erwachte.
    Ohne die Augen aufzuschlagen wußte er, daß es Abend wurde. Er spürte, wie sich die grausame Sonne anschickte, über den Horizont zu rutschen. Als er dann doch die Augen öffnete, bestätigte ihm die durch die Luftschlitze sickernde Dämmerung, daß die Fluten der Nacht im Steigen begriffen waren.
     
    Es fiel Hatch nicht leicht, ein normales häusliches Leben zu führen, während er nur darauf lauerte, daß er von einer schrecklichen, vielleicht sogar blutigen Vision heimgesucht wurde, die sogar, solange sie andauerte, die Wirklichkeit ausmerzte. Es war mühsam, am Eßtisch zu sitzen, zu lächeln, sich an Pasta und Parmesankäse zu delektieren, neckische Witze zu erzählen, der jungen Dame mit den ernsten grauen Augen ein Kichern zu entlocken – und dabei an die Schrotflinte zu denken, die geladen hinter dem Wandschirm aus Koromandelholz lehnte, oder an die Pistole, die er nebenan in der Küche auf dem Kühlschrank, außer Sichtweite für die Augen eines kleinen Mädchens, deponiert hatte.
    Hatch quälte vor allem die Frage, wie der Mann in Schwarz eindringen würde, falls er kam. Zunächst einmal bei Nacht. Er kam nur nachts aus seinem Versteck. Sie brauchten sich keine Gedanken zu machen, daß er Regina auf dem Schulweg abfangen könnte. Aber würde er dreist an der Tür klingeln oder höflich anklopfen in der Hoffnung, sie zu einer zivilen Zeit zu überrumpeln, weil sie die Tür in der Annahme aufmachten, daß es ein Nachbar sei? Oder würde er warten, bis sie alle zu Bett gegangen und die Lichter gelöscht waren, um sie im Dunkeln zu überfallen?
    Hatch wünschte, sie hätten ein Alarmsystem eingebaut wie in ihrem Laden. Als sie nach Jims Tod ihr Haus verkauft und in ein anderes gezogen waren, hätten sie sich gleich darum kümmern sollen. Schließlich standen in jedem Zimmer wertvolle Antiquitäten. Doch nachdem Jimmy ihnen genommen worden war, schien es unerheblich, ob ihnen noch etwas – oder alles – geraubt wurde.
    Lindsey spielte ihre Rolle mit Hingabe und Überzeugung: Sie gab vor, hungrig zu sein, und aß einen ganzen Berg Nudeln, was Hatch nicht so gelang, überbrückte sein brütendes Schweigen mit echt klingendem Geplapper und tat alles mögliche, damit der Abend wie ein normaler Abend wirkte.
    Reginas feinem Gespür entging jedoch nicht, daß irgend etwas nicht stimmte. Obwohl sie hart im Nehmen war, krochen leise Zweifel in ihr hoch, ob die Ursache für diese Nervosität nicht vielleicht doch bei ihr lag.
    Im Lauf des Tages hatten Hatch und Lindsey darüber gesprochen, wieweit sie das Mädchen über ihre Situation aufklären konnten, ohne es unnötig zu beunruhigen. Die Antwort lautete: gar nicht. Regina lebte erst seit zwei Tagen bei ihnen und kannte sie noch nicht gut genug, daß man sie mit dieser verrückten Geschichte überrumpeln konnte. Wenn sie von Hatchs Alpträumen erfuhr, seinen Wahnvorstellungen, der angesengten Zeitschrift, den Morden und so weiter, mußte sie ja glauben, daß sie es mit Irren zu tun hatte.
    Jedenfalls brauchte man dem Kind in diesem Stadium noch nichts zu sagen, Sie würden auf sie aufpassen, das waren sie ihr schuldig.
    Hatch wollte nicht glauben, daß sie vor drei Tagen erst dem Problem seiner wiederholten Alpträume nicht so viel Bedeutung beigemessen hatten, um die Probeadoption zu verschieben. Nur, damals lebten Honell und Cooper noch, und übernatürliche Kräfte gab es eigentlich nur in billigen Filmen oder in Artikeln des National Enquirer .
    Während sie beim Essen saßen, hörte er ein Geräusch in der Küche. Ein Klicken und Scharren. Lindsey und Regina redeten sich gerade die Köpfe heiß, ob Nancy Drew, eine junge Detektivin und Heldin zahlloser Bücher, eine »blöde Nuß« war, wie Regina meinte, oder für ihr Alter recht forsch und clever, aus heutiger Sicht allerdings vielleicht etwas antiquiert. Entweder waren sie beide zu vertieft in ihre Debatte, um etwas zu merken – oder Hatch hatte sich das Geräusch nur eingebildet.
    »Entschuldigt mich einen Moment«, sagte er und schob seinen Stuhl zurück. »Bin gleich wieder da.«
    Er stieß die Schwingtür zur Küche auf und schaute sich argwöhnisch um. Die einzig feststellbare Bewegung kam von dem Spaghettitopf auf dem Herd. Zwischen dem Topfrand und dem gekippten Deckel kräuselte sich eine kleine Dampfwolke.
    Aus dem an die Küche anschließenden Mehrzweckraum war ein leiser Plumps zu hören. Hatch konnte von da, wo er stand, nur einen Teil des

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