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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Grundstücksende trennte. Baugesellschaften und Grundstücksmakler in Südkalifornien sprachen zwar stets von einem Zaun, in Wirklichkeit handelte es sich jedoch um eine solide Mauer aus Stahlbetonblöcken, mit Gips verputzt, mit Ziegelsteinen verkleidet und angestrichen. Die meisten Häuser besaßen so eine Mauer, um den Swimmingpool oder die Grillecke vor unerwünschten Einblicken zu schützen. Mit guten Zäunen ist gut nachbarlich auskommen, sie lassen Fremde zu Nachbarn werden – und machen es einem Eindringling verdammt leicht, sie zu erklimmen und in dem Gewirr von Mauern spurlos zu verschwinden.
    Hatch war dabei, einen emotionalen Drahtseilakt über einem Abgrund aus Verzweiflung zu vollbringen, indem er die Balance lediglich durch den hoffnungsvollen Gedanken hielt, daß der Killer mit Regina auf den Armen oder über der Schulter nicht sehr schnell sein konnte. Ratlos schaute er sich um, unfähig, eine Entscheidung zu treffen.
    Schließlich lief er zu der rückwärtigen Gartenmauer, die das Grundstück im Süden begrenzte. Er hielt inne, um Atem zu schöpfen, da begann der mysteriöse Draht zwischen ihm und dem Mann mit der Sonnenbrille erneut zu vibrieren.
    Hatch sah jetzt wieder alles mit den Augen des anderen, und trotz der dunklen Brillengläser schien die Nacht in Zwielicht getaucht. Er saß hinter dem Steuer eines Wagens und beugte sich gerade zur Seite, um das bewußtlose Mädchen auf dem Beifahrersitz wie eine Puppe zurechtzurücken. Ihre gefesselten Hände lagen in ihrem Schoß, und der Sicherheitsgurt hielt sie aufrecht. Er drapierte ihr Haar so um den Kopf, daß es den Knoten des Halstuchs in ihrem Nacken verdeckte, dann schubste er sie gegen die Beifahrertür, daß sie mit vom Fenster abgewandtem Gesicht in ihrem Sitz zusammensackte. Auf diese Weise würde der Knebel in ihrem Mund für Leute, die an dem Wagen vorbeifuhren, nicht zu erkennen sein. Sie sah aus, als ob sie schlief. Tatsächlich war sie erschreckend blaß und ruhig, und er befürchtete, daß sie womöglich tot war. Dann hatte es überhaupt keinen Sinn, sie in das Versteck zu bringen. Er konnte ebenso gut die Beifahrertür aufmachen und die Kleine hinausstoßen, das kleine Biest gleich hier loswerden. Er tastete nach ihrer Wange. Ihre wunderbare Haut fühlte sich weich, aber kühl an. Er legte einen Finger an ihre Kehle, fand ihren Puls in der Halsschlagader, er schlug kräftig, oh, wie kräftig. Das Mädchen war so lebendig und übertraf noch das Bild, das er von ihr mit dem Schmetterling über dem Kopf empfangen hatte. Keines seiner bisherigen Opfer war so kostbar gewesen wie die Kleine hier, und er dankte allen Mächten der Hölle für dieses Geschenk. Er geriet bereits in Ekstase bei der Vorstellung bald tief in ihr Inneres greifen und das junge starke Herz drücken zu dürfen, während es zuckte, sich krampfartig zusammenzog und dann für immer stillstand. Und er würde ihr dabei in ihre herrlichen grauen Augen schauen und zusehen, wie sich ihr Leben verströmte und der Tod Einzug hielt – Hatchs Aufschrei, dieser Ausdruck von unbändiger Wut, Seelenqual und tödlichem Entsetzen, ließ den übersinnlichen Kontakt zusammenbrechen. Er fand sich im Hintergarten wieder, streckte die rechte Hand aus und starrte sie in ungläubigem Schrecken an, als ob seine Finger bereits mit Reginas Blut besudelt wären.
    Auf dem Absatz machte er kehrt und sprintete an der Ostflanke des Hauses entlang nach vorn.
    Nichts zu hören, nur sein stoßweises Atmen. Offensichtlich waren einige von den Nachbarn gar nicht zu Hause. Andere hatten wohl nichts oder nichts Verdächtiges gehört, das sie veranlaßt hätte, draußen nachzuschauen.
    Angesichts dieser friedlichen Ansammlung von Häusern hätte Hatch seine Verzweiflung herausschreien mögen. Während seine eigene Welt zusammenbrach, vermochte er dennoch zu erkennen, daß der Anschein von Normalität genau das war – nämlich nur ein äußerer Schein, nicht die Wirklichkeit. Gott allein wußte, was sich hinter manch einer Haustür abspielen mochte, ähnliche Schrecknisse wie die, die ihn, Lindsey und Regina heimgesucht hatten, die aber nicht von einem Feind und Eindringling kamen, sondern von den eigenen Familienmitgliedern. Die Spezies Mensch neigte dazu, Monster hervorzubringen, und die Ungeheuer wiederum verfügten oftmals über das Talent, sich hinter der glaubhaften Maskierung geistiger Gesundheit zu verstecken.
    Auf dem Rasen vor dem Haus blieb Hatch stehen und schaute sich um, konnte Lindsey

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