Das Versteck
Gesundheitsschäden entwickelt haben«, hatte Cooper den Reportern berichtet. Zweifellos war das ein Zitat aus dem Schriftsatz des Anwalts, das Cooper auswendig gelernt hatte. »Und dabei hat mir sogar Mr. Harrison geschrieben, daß er mich für unschuldig an den Ereignissen jenes Abends hält.«
Hatch sprang in blinder Wut aus dem Bett. Sein Gesicht glühte, und er zitterte am ganzen Körper.
Unglaublich! Der versoffene Mistkerl versuchte seinen Job zurückzubekommen und bediente sich dazu auch noch Hatchs mitfühlender Zeilen, indem er sie völlig falsch auslegte. Das war Irreführung der Öffentlichkeit. Es war unverantwortlich. Gewissenlos. »Diese verfluchte Drecksau!« schimpfte er laut vor sich hin.
Er ließ den Rest der Zeitung achtlos auf den Boden fallen und stürmte mit dem Artikel in der Hand aus dem Schlafzimmer und die Treppe hinab, zwei Stufen auf einmal nehmend. Im Arbeitszimmer warf er das Zeitungsblatt auf den Schreibtisch, knallte die Schiebetür eines Wandschranks auf und riß die oberste Schublade eines Aktenschranks heraus.
Er hatte Coopers handgeschriebene Briefe aufgehoben und erinnerte sich genau, daß der Fahrer zwar keine gedruckten Briefköpfe hatte, daß er aber beide Male nicht nur seine Adresse, sondern auch eine Telefonnummer angegeben hatte.
Hatch war so durcheinander, daß er den richtigen Ordner – mit der Aufschrift VERSCHIEDENES – zunächst übersah. Er fluchte leise vor sich hin, bis er ihn endlich fand und herauszog. Beim hastigen Durchblättern glitten andere Briefe heraus und flatterten zu Boden.
Auf Coopers zweitem Brief war die Telefonnummer besonders sorgfältig geschrieben. Hatch eilte damit zum Telefon, das auf dem Schreibtisch stand. Seine Hand zitterte so stark, daß er die Nummer nicht lesen konnte. Er legte den Brief deshalb auf die Schreibunterlage, in den Lichtkegel der Messinglampe.
Er haute beim Wählen wild auf die Tasten, konnte es kaum abwarten, dem Kerl ordentlich die Meinung zu sagen. Die Leitung war besetzt.
Er drückte auf den Trennknopf, versuchte es noch einmal. Immer noch besetzt.
»Verdammtes Arschloch!« Er legte wütend auf, schnappte sich den Hörer aber sofort wieder, weil er nichts anderes tun konnte, um Dampf abzulassen. Natürlich war immer noch besetzt, denn seit seinem ersten Versuch war höchstens eine halbe Minute vergangen. Diesmal schleuderte er den Hörer so heftig auf die Gabel, daß er fast den Apparat kaputtgemacht hätte.
Auf einer bestimmten Bewußtseinsebene war er über sein kindisches Verhalten selbst bestürzt. Aber dieser Teil von ihm war im Moment völlig machtlos, und er schaffte es nicht, seine Wut zu zügeln.
»Hatch?«
Er schaute überrascht auf, als er seinen Namen hörte, und sah Lindsey im Bademantel auf der Schwelle stehen.
»Was ist los?« fragte sie mit gerunzelter Stirn.
»Was los ist?« Er steigerte sich noch mehr in seine Wut hinein, so als steckte sie mit Cooper unter einer Decke, als stellte sie sich dumm, obwohl sie in Wirklichkeit über die neueste Entwicklung bestens informiert war. »Ich werde dir sagen, was los ist! Sie lassen dieses Arschloch von Cooper einfach laufen! Der Mistkerl bringt mich um, blockiert die verdammte Straße und bringt mich um, und dann kommt er frei und besitzt auch noch die Frechheit, meinen Brief zu benutzen, um seinen Job zurückzubekommen!« Er griff nach dem zerknüllten Zeitungsblatt und schwenkte es anklagend, als könnte sie wissen, was in dem Artikel stand. »Er will seinen Job zurückhaben – damit er auch anderen Leuten die Straße versperren und sie umbringen kann!«
Mit besorgter und verwirrter Miene betrat Lindsey das Zimmer. »Man läßt ihn laufen? Wie ist das möglich?«
»Ein Formfehler. Ist das nicht phantastisch? Irgendein Bulle schreibt auf der Vorladung ein Wort falsch oder so was Ähnliches, und der Kerl kommt völlig ungeschoren davon!«
»Liebling, beruhige dich …«
»Beruhigen? Beruhigen soll ich mich?« Er schüttelte das Zeitungsblatt wieder. »Weißt du, was hier noch steht? Diese verkommene Drecksau hat die ganze Geschichte diesen verdammten Schmierfinken verkauft, die mir keine Ruhe gelassen haben und mit denen ich nichts zu tun haben wollte. Und jetzt verkauft dieser versoffene Hurensohn ihnen die Geschichte seiner …« – er glättete die Zeitung, fand den Artikel, las daraus vor, so wütend, daß ihm der Speichel aus dem Mund flog – »… seines ›emotionalen Leidensweges und seiner Rolle bei der Bergung der Verunglückten,
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