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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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hindurch, viel zu plötzlich und unmotiviert, als daß es sein eigener hätte sein können. Er kam sich fast wie eine Art Radio vor, das die Emotionen anderer Leute empfing. Und was er empfing, war die gleiche Wut, die ihn schlagartig überfallen hatte, als er vor einer knappen Stunde seine Sammelstücke bewundert hatte. Wie beim erstenmal fachte er dieses Gefühl auch jetzt mit seinem eigenen einzigartigen Zorn weiter an und fragte sich, ob er wohl neue Visionen haben würde. Doch während er dastand und auf Cooper hinabschaute, loderte der Ärger urplötzlich zu flammender Wut empor, und er verlor die Kontrolle über das Geschehen. Er packte die Bourbonflasche am Hals.
     
    Steif im Bett liegend, die Hände so fest zu Fäusten geballt, daß sogar seine kurz geschnittenen Fingernägel sich schmerzhaft in die Haut bohrten, hatte Hatch das absurde Gefühl, als hätte sich jemand seines Geistes bemächtigt. Durch das Aufflackern seines Ärgers hatte er offenbar eine Tür geöffnet, nur einen hauchdünnen Spaltbreit, aber das hatte schon genügt, damit jemand auf der anderen Seite Halt fand und die Tür aus den Angeln reißen konnte. Er fühlte, wie etwas Unbeschreibliches mit aller Macht in ihn einströmte, eine Kraft ohne Form und Gesicht, nur durch Haß und Wut charakterisiert. Ihre Raserei glich der eines Hurrikans, eines Taifuns, ging über menschliche Dimensionen weit hinaus, und Hatch wußte, daß er ein viel zu kleines Gefäß war, um all den Zorn aufzunehmen, der in ihn gepumpt wurde. Er hatte das Gefühl, als würde er explodieren, zerbersten, so als wäre er kein Mann, sondern ein Kristallfigürchen.
     
    Die halbvolle Flasche Jack Daniel's traf die Schläfe des schlafenden Mannes mit solcher Wucht, daß der Knall fast so laut war wie ein Schuß aus einer Schrotflinte. Whiskey und scharfe Glassplitter flogen umher, regneten und klirrten gegen den Fernseher, gegen Möbel und Wände. Die Luft war plötzlich vom weichen Aroma des Kornbranntweins erfüllt, vermischt mit Blutgeruch, denn die klaffende Kopfwunde blutete ausgiebig.
    Der Mann schlief nicht mehr. Der Schlag hatte ihn in eine tiefere Ebene der Bewußtlosigkeit befördert.
    Vassago hatte nur noch den Flaschenhals in der Hand, der in drei scharfen Zacken endete, von denen Bourbon tropfte. Sie erinnerten ihn an giftige Schlangenzähne. Er faßte die Waffe anders herum, hob sie hoch über den Kopf und ließ sie unter wildem Zischen niedersausen. Die Glasschlange biß tief in Coopers Gesicht.
     
    Die vulkanische Wut, die sich in Hatch ergoß, war mit nichts vergleichbar, was er je erlebt hatte, weit überwältigender als auch noch der schlimmste Zornausbruch seines Vaters. Er hätte sie niemals in sich selbst erzeugen können, ebensowenig wie man Schwefelsäure in einem Papierkessel herstellen könnte: Das Gefäß würde von der Substanz einfach aufgelöst werden. Ein Lavastrom des Zorns, der mit gewaltigem Druck in sein Inneres strömte, so heiß, daß er schreien wollte, so weißglühend, daß er keine Zeit zum Schreien hatte. Sein Bewußtsein wurde ausgelöscht, und er stürzte in eine gnädige traumlose Finsternis, wo es weder Wut noch Angst und Schrecken gab.
    Vassago bemerkte, daß er vor wilder Freude schrie. Nach einem Dutzend oder auch zwanzig Schlägen war von der Glaswaffe fast nichts mehr übrig. Widerwillig ließ er das kurze Stück Flaschenhals fallen, das er so fest umklammert hatte, daß seine Knöchel weiß hervortraten. Knurrend warf er sich gegen den Fernsehsessel, kippte ihn um. Der Tote rollte auf den gallengrünen Teppich. Vassago hob den Beistelltisch hoch und schleuderte ihn in den Fernseher, wo Humphrey Bogart gerade zwei Kugellager über seine lederige Hand rollen ließ und über Erdbeeren plauderte. Der Bildschirm implodierte, und Bogart verwandelte sich in einen gelben Funkenregen, dessen Anblick in Vassago neue Feuer der Zerstörungswut entfachte. Er warf einen Tisch um, riß zwei Drucke von den Wänden und zerschmetterte das Glas zwischen den Rahmen. Er wischte eine Sammlung billiger Keramiknippes vom Kamin. Am liebsten hätte er so weitergemacht, von einem Ende des Apartments bis zum anderen, hätte das ganze Geschirr aus den Küchenschränken zerbrochen, alles Glas zu winzigen Splittern zertrümmert, die Nahrungsmittel im Kühlschrank gegen die Wände geschleudert, mit einem Möbelstück auf das andere eingehämmert, bis alles zersplittert wäre, aber das Schrillen einer Sirene ließ ihn innehalten. Sie war noch weit

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