Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
festzustellen, dass er ihr zuvorgekommen und bereits verschwunden war.
Wenigstens
darauf
wäre ich jetzt gefasst, dachte sie vage, während er seine Finger in ihr Haar schlang. Seine Daumen streichelten ihre Wangen. Als er an ihrer Zunge saugte, stöhnte sie leise und öffnete den Mund noch weiter.
In wachsender Leidenschaft ignorierte sie die mittlerweile gedämpften warnenden Sirenen, stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang die Arme um seinen Hals.
Der Kuss schien eine Ewigkeit zu dauern. Irgendwann schob er sie von sich. Seines warmen Körpers beraubt, blinzelte sie verwirrt und desorientiert und glaubte, er hätte ihr plötzlich alle Lebenskräfte genommen.
»Was …?«
»Geh ins Haus und pack deine Sachen«, befahl er heiser. »Morgen früh reisen wir ab. «
»Als ob ich das nicht wollte«, flüsterte sie so leise, dass er ihre Worte nicht hörte. Blindlings schwankte sie zum nächsten großen Schatten und hoffte, er wäre das Haus. In ihren Ohren rauschte das Blut, ihre Lippen prickelten. Allmählich verebbte der rasende Puls, der die Knospen ihrer Brüste erhärtet hatte.
Irgendwie fand sie den Weg zu ihrem Zimmer, schloss die Tür und machte sich nicht die Mühe, das Licht einzuschalten. Sie atmete immer noch heftig und stoßweise, als hätte sie ihren anstrengenden Lauf eben erst beendet.
Hätte sie sich bloß nicht küssen lassen … Was um alles in der Welt hatte sie sich dabei gedacht? Sie zerrte ihr langärmeliges Sweatshirt über den Kopf und warf es auf einen Sessel, dann schlüpfte sie aus den Joggingschuhen.
Okay, Kyle Wright konnte genauso gut küssen wie vor vier Jahren. Und wenn schon? Warum sollte ein Mörder kein guter Liebhaber sein? So naiv bin ich nicht, dachte sie. Kyle Wright war nicht nur der falsche Mann, auch der Zeitpunkt und dieser Ort eigneten sich nicht für erotische Eskapaden. Wie sie ihren verräterischen Körper hasste … Wenn es einen Mann gab, den sie fürchten musste, dann hieß er Kyle Wright.
Hastig zog sie die Leggings aus, dann eilte sie unter die Dusche. Als sie den Geruch des Mannes wegwusch, den sie nur scheinbar vergessen hatte, fühlte sie sich etwas besser. Langsam kehrte sie ins Schlafzimmer zurück und rieb ihr Haar mit einem Frotteetuch trocken. Sie würde ihre Schwester finden und mit ihr fliehen. Bis dahin musste sie Kyle aus dem Weg gehen. Notfalls würde sie sich verstecken, bis er den Izquierdo verließ. Auf keinen Fall würde sie
ohne
Lauren abreisen.
Eine Sekunde später wurde sie mit neuen Problemen konfrontiert. Während sie geduscht hatte, waren Ramón und Bruno in ihr Zimmer gekommen.
Leidenschaftslos musterte Montero ihren nackten Körper, bevor sie ihren Morgenmantel vom Haken an der Tür des Badezimmers riss. Die Seide klebte unangenehm an ihrer feuchten Haut. »Du meine Güte, habt ihr mich erschreckt! « So gelassen wie möglich verknotete sie den Gürtel. »Was macht ihr hier? Stimmt was nicht? «
Immer mit der Ruhe, ermahnte sie sich und versuchte Ramóns Miene zu entnehmen, was er plante. Obwohl er den Nebenraum bewohnte, in den eine Verbindungstür führte, hatte er nie zuvor einen Fuß in ihr Schlafzimmer gesetzt. Die Stirn gerunzelt, schaute sie von einem Mann zum anderen.
»Hast du vergessen, dass dieses Haus mir gehört, kleine Taube? «
»Natürlich nicht.« Delanie zog das Handtuch von ihrem Kopf, strich mit den Fingern durch ihr nasses Haar und ging zum Toilettentisch, um die Bürste mit dem Silbergriff zu holen. Aber die war verschwunden. Eine Strafe für irgendein Vergehen? Ihr Blick glitt vom Toilettentisch zu den offenen Türen des leeren Schranks. Offenbar war der längste Tag ihres Lebens noch nicht überstanden.
Im Spiegel beobachtete sie ihn. Nun setzte er sich aufs Fußende des Betts, eine Zigarre zwischen den Lippen. Bruno, der an seiner Seite Wache hielt, gab ihm Feuer. Ein paar Sekunden lang herrschte druckendes Schweigen.
Wie hypnotisiert starrte sie die rot glühende Zigarrenspitze an und begann zu zittern, obwohl sie dagegen ankämpfte. Was wollte er von ihr? Sie hatte keine Ahnung. Nur eins wusste sie es würde ihr missfallen.
»Hast du deine Joggingtour genossen, meine Taube? «, fragte Ramón.
»O ja.« Widerstrebend drehte sie sich zu ihm um. »Es war großartig. Stell dir vor, ich bin doppelt so weit gelaufen wie gestern Abend. « Immer wieder redete sie ihm ein, sie würde für ihr Leben gern joggen. Das war die einzige Möglichkeit, nach Lauren zu suchen, von den wachsamen Augen seiner
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