Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
bedrohte, konnte sie kaum atmen. O Gott, würde er sie umbringen? In der nächsten Sekunde wusste sie die Antwort. Dieser neue Kyle Wright war durchaus fähig, den Finger um den Abzug zu krümmen und zu feuern. Das hatte sie am Nachmittag in seinen Augen gelesen 一 und soeben aus seiner Stimme herausgehört. Aus irgendwelchen Gründen störte ihn ihre Anwesenheit ganz gewaltig.
Wenn ich sterbe, ist Lauren verloren. Wie werden Mom und die anderen zurechtkommen?
Aber ein Instinkt beruhigte sie. Jetzt würde er sie nicht töten. Nicht hier im dunklen Patio, wo die Soldaten schießen würden, bevor sie Fragen stellten. Zumindest hoffte sie darauf.
Lässig schob sie den Revolverlauf von ihrer Schläfe, dann bückte sie sich, um die Tampons aufzuheben. »Du bringst meine schlechtesten Wesenszüge zum Vorschein, Wright«, bemerkte sie und stopfte die Tampons rings um den kleinen silbernen Colt in die Box. Wenn Kyle bloß verschwinden würde … Müsste sie sich fragen, ob sie ihn erschießen würde, wenn er ihre Suche nach Lauren behindert? »So!« Herausfordernd hob sie die Brauen und verstaute die Box hinten in ihren Leggings. »Bist du jetzt zufrieden? «
»Du begreifst überhaupt nichts«, entgegnete er, und sie hörte, wie er seine eigene Waffe einsteckte.
»Nun, so unterhaltsam diese Begegnung auch war 一 jetzt bin ich zu müde, um noch länger Cowboy und Indianer zu spielen. Ich gehe ins Bett. « Obwohl ihr Körper immer noch von überschussigem Adrenalin vibrierte, gelang es ihr, in ruhigem Ton zu sprechen. Ihr Magen brannte. Hastig nahm sie eine Tablette aus der Brusttasche ihres Sweatshirts und schluckte sie. Durch das schweißnasse Hemd fühlte sich der milde Nachtwind eisig an. Fröstelnd wandte sie sich zum Haus, eine Hand auf den Bauch gepresst.
Sie hätte es besser wissen müssen. Sofort packte Kyle ihren Ellbogen und führte sie unerbittlich von der Tür weg durch den dunklen Patio. Erfolglos versuchte sie sich loszureißen. »Würdest du mir bitte mitteilen, wohin du mich verschleppst? «
Anscheinend besaß er die Augen einer Katze. Delanie sah nicht einmal ihre eigene Hand vor der Nase. Unbehaglich starrte sie zum bewölkten Himmel hinauf. Vorhin hatte der Mond so schön geleuchtet. Auf dem Weg zu einer gepolsterten Gartenbank leistete sie nur mehr pro forma Widerstand. Als sie sich setzten, roch sie das Chlor des nahen Swimming-Pools und das subtile Aroma von Kyles Aftershave.
Verdammt, er saß viel zu dicht neben ihr. In der Finsternis sah sie seine Augen schimmern, und sie spürte sein Knie an ihrem Schenkel.
»Was glaubst du, warum Montero uns erlaubt, unsere Bekanntschaft zu erneuern? «, fragte er.
»Keine Ahnung.« Delanies Stimme klang so missmutig, wie sie sich fühlte. Sie war ziemlich schlecht gelaunt. »Da nichts Besonderes passieren wird, muss ich mich nicht um Ramóns Motiv kümmern. Aber wenn ich drüber nachgedacht hätte, würde ich vermuten, er will uns testen und herausfinden, wie loyal wir zu ihm stehen. «
»Eine logische Folgerung, aber du hast falsch getippt. «
»Sicher kannst du´s kaum erwarten, mich aufzuklären. « Eine warme Brise, die nach tropischem Grün und mysteriösen Gefahren roch, streichelte Delanies Wange. Erschöpft lehnte sie sich in die Polsterung. Seit Monaten konnte sie vor lauter Angst kaum schlafen, und die qualvollen Nächte forderten ihren Tribut. Am liebsten hätte sie die Augen geschlossen. Doch das wagte sie nicht, denn die derzeit größte Gefahr saß neben ihr.
Seidenweich drang Kyles Stimme aus dem Dunkel. »Er will mich glücklich machen. «
»Warum?«
»Weil …« Wieder einmal spürte sie seinen entnervenden forschenden Blick. »Weil ich verschwinde, wenn ich nicht glücklich bin. Und wenn ich verschwinde, nehme ich den Beitrag mit, den ich bisher zu seiner grandiosen Aktion geleistet habe. «
Solange es nicht um Lauren ging, war ihr egal, wer wem dies oder jenes antat.
Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Du hast unser Gespräch beim Dinner gehört. Zweifellos weißt du, was …«
»Verstehst du’s denn nicht? Was zwischen dir und Ramón vorgeht, ist mir so wichtig wie ein Rattenfurz. « Während der Mahlzeit hatte sie den Männern nur ein paar Minuten lang zugehört und dann überlegt, welchen Teil des Dschungels sie später absuchen sollte. »Kyle, ich habe meine eigenen verdammten Probleme. Spuck aus, was du mir zu sagen hast, und dann lass mich endlich ins Bett gehen. «
»Diese Hazienda kannst du nur mit Monteros
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