Das versteckte Experiment (German Edition)
Schluss machen.“
„Ich verstehe, Sintja kommt bald.“
„Ja, hast du noch einen Tipp für mich?“
„Für deine Begegnung mit Sintja? Etwas aus meiner Lebenserfahrung?“
„Vielleicht doch besser nicht :-)“, schrieb Jan.
„Grüße sie bitte von mir!“
„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.“
„?“
„!“
„Nimm dir Zeit für die Begegnung.“
„Ich hoffe, dass Sintja relativ viel Zeit mitbringt.“
„Bis dann, Jan.“
„Bis dann.“
Jan beendete alle Programme und schaltete den Computer aus. Er sah sich noch einmal in seinem Zimmer um, ob alles in Ordnung war. So aufgeräumt hatte es tatsächlich schon lange nicht mehr dort ausgesehen. Die Schlafcouch hatte er zur Couch umfunktioniert und das Bettzeug im Inneren des Möbelstücks verstaut. Jan ging in die Küche, wo seine Mutter das Abendbrot zubereitete.
„Wir wollen gleich essen, Jan.“
„Ich habe vorhin schon etwas gegessen“, erwiderte Jan. „Kann ich mir eine Flasche Wein aus dem Keller holen?“
„Klar, kannst du. Bekommst du Besuch?“
„Ja, wir wollen gemeinsam arbeiten.“
„So fleißig, um diese Zeit?“, fragte seine Mutter lächelnd. „Ich entdecke ja ganz neue Seiten an dir.“
Mit zwei Weingläsern und zwei Flaschen Rotwein begab sich Jan wieder in sein Zimmer. Er setzte sich auf die Couch. Zu nervös, etwas mit sich anzufangen, wartete er nur darauf, dass Sintja eintraf. Irgendwie verging die Zeit so langsam. Das war sicher nur sein subjektiver Eindruck und kein physikalischer Effekt. Wenn man auf etwas wartete, schienen die Uhren langsamer zu laufen. Auch aus subjektiver Sicht schien die Zeit „relativ“ zu sein. Die untergehende rote Sonne tauchte sein Zimmer in ein merkwürdiges, flackerndes Licht. Schatten rasten durch sein Zimmer, verursacht durch Zweige, die sich draußen im Wind vor der Abendsonne bewegten. „Wie schnell können die Schatten sein? Können sie schneller als das Licht sein?“, fragte er sich.
Jan saß noch eine ganze Weile im Wintergarten und dachte über sich und die Welt nach. Christine hatte ihn schon ganz schön beeinflusst. Es kam ihm nicht mehr alles so selbstverständlich wie früher vor. Der Urknall, die Bildung von Abermilliarden Galaxien mit Abermilliarden Sonnen und vielleicht genauso vielen Planeten, wer hatte sich das Ganze nur ausgedacht, und welchen Sinn sollte es haben. Jan wunderte sich über sich selbst. Warum hatte er sich eigentlich früher nie mit solchen Fragen beschäftigt? Sicher, für sein alltägliches Leben kam er ohne sie und ohne die Antworten darauf aus. Wie alle Lebewesen war auch er ohne eigene Entscheidung in die Welt gesetzt worden, musste irgendwelche Dinge hier auf Erden tun, ohne dass er wusste, wofür sein Handeln gut sein sollte. Immerhin schien er eine gewisse Wahlfreiheit für sein Handeln zu haben. Schließlich würde er wieder sterben. Auch das würde er nicht entscheiden dürfen. Nicht einmal den Zeitpunkt dafür durfte er frei bestimmen. Und nach seinem Tod? Würde er irgendwelche Spuren auf der Erde oder in der Welt hinterlassen? Wenn er an den Schmetterlingseffekt dachte, so wollte er gar nicht einmal ausschließen, dass sein Einfluss sogar große Auswirkungen haben konnte. Diese wären allerdings sozusagen chaotisch und nicht vorhersehbar. Und Albert Einstein? Zumindest hatte dieser doch einen ganz entscheidenden positiven, konstruktiven Einfluss auf die nachfolgenden Generationen. Positiv? Jan dachte an den Bau der Atombombe. Ausschließlich positiv war sein Einfluss nicht gewesen. Wenn Albert Einstein auch nicht direkt am Bau der Atombombe beteiligt war, so hatte er doch mit seinen Arbeiten die Grundlage für den Bau dieser Vernichtungswaffe geschaffen, die über hunderttausend Menschen das Leben gekostet hatte. Positiv oder nicht positiv, bedeutende Personen hatten offenbar irgendwie Einfluss auf den Verlauf der Geschichte und damit auch auf die zukünftige Entwicklung der Menschheit, vielleicht auch der Erde und des Weltalls. Und Jan, der unbedeutende Schüler der Oberstufe, hatte er nur zufälligen, chaotischen Einfluss? Was wäre, wenn er seine Katze heute nicht fütterte, sie beleidigt wäre und deshalb nach draußen liefe? Sie würde einer Feldmaus hinterherjagen und auf die Straße laufen. Ein Auto würde versuchen ihr auszuweichen. Auf dem Rücksitz säße ein kleines Kind. Der Wagen würde mit dem Heck gegen einen Baum schleudern und das Kind tödlich verletzen. Wäre das Kind nicht gestorben, so wäre es im
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