Das versteckte Experiment (German Edition)
musste. Sie ist allerdings manchmal etwas merkwürdig.“
„Und sie weiß, dass ich bei dir bin?“
„Na ja, ich habe es ihr erzählt“, antwortete Jan etwas verlegen.
„Kennst du sie gut?“, fragte Sintja.
„Nein, nein, sie ist nur eine Internetbekanntschaft, mit der man sich gut unterhalten kann.“
„Seid ihr noch da?“, erschien jetzt auf dem Bildschirm. „Seid ihr euch schon etwas näher...?“
Jan ahnte plötzlich, was Christine schreiben wollte. Mit einer schnellen Handbewegung schaltete er den Bildschirm aus. „Ich frage sie einfach morgen wegen der Sterne.“
„Nein, ich möchte es jetzt wissen. Außerdem kannst du den Chat doch nicht einfach so abbrechen!“, bat Sintja freundlich, aber bestimmt.
„O. k.“, sagte Jan und schaltete den Bildschirm wieder an. Inzwischen hatte er mit einer Tastenkombination das Nachrichtenfenster gelöscht.
„Christine, wir haben uns den Sternenhimmel angesehen und möchten dich etwas fragen.“
„Er ist wunderschön, nicht wahr, die richtige Kulisse für einen romantischen Abend.“
Aus Angst, dass der Dialog mit Christine wieder in eine peinliche Richtung führte, schrieb Jan schnell:
„Westlich des Mondes ist ein sehr heller Stern zu sehen, der mir sonst nie aufgefallen ist. Sintja möchte gerne wissen, was das für ein Stern ist.“
„Das ist kein Stern. Das ist Jupiter, also ein Planet.“
„Ein ‚Wandelstern‘.“
„Ja, übrigens zwischen Jupiter und dem Mond kannst du auch den Planeten Saturn sehen. Wenn du ein gutes Teleskop hättest, könntest du seine Ringe erkennen. Sterne und Planeten kann man ganz gut dadurch unterscheiden, dass Sterne funkeln, aber Planeten kaum. Das Funkeln kommt dadurch zustande, dass das Licht viele Temperaturschichtungen in der Erdatmosphäre durchlaufen muss und gebrochen wird. Planeten können noch als Scheibe wahrgenommen werden und nicht wie die Sterne als Lichtpunkte, was die Helligkeitsschwankungen weit weniger ausgeprägt erscheinen lässt.“
„Lässt du mich mal an den Computer?“ Sintja war neugierig geworden.
Mit einem zögerlichen „Ja, klar“ überließ Jan Sintja seinen Platz am Schreibtisch.
„Hallo, Christine, hier ist Sintja“, schrieb sie.
„Hallo, Sintja, nett dich kennenzulernen. Ich habe schon viel von dir gehört.“
„Wirklich? Gutes oder Schlechtes?“
„Das kann ich dir nicht verraten.“
Jan leerte sein Rotweinglas in einem Zug. Ein Schluck Kognak wäre ihm jetzt lieber gewesen. Christine würde nichts erwähnen, was er ihr anvertraut hatte. Das wusste er. Aber auch die Art und Weise, wie sie jetzt nichts sagte, war so taktlos und peinlich. Jan füllte beide Gläser bis zum Rand und stellte Sintjas Glas direkt neben die Tastatur.
„Trink noch etwas“, ermunterte er sie. „Gespräche mit Christine sind anstrengend.“
Sintja ließ sich nicht ablenken. Ihr Interesse am Chat mit Christine schien erst richtig geweckt worden zu sein.
„Magst du Jan?“ stand jetzt auf dem Bildschirm.
„Ja“, antwortete Sintja spontan.
„Hast du dich in Jan verliebt?“
Sintja kicherte. Sie warf den Kopf in ihrer unverwechselbaren, natürlichen Art in den Nacken und blickte Jan, der etwas vorgebeugt hinter ihr stand, direkt in die Augen. Sicher bemerkte sie im Schein der Schreibtischlampe, dass sein Gesicht rot angelaufen war. Er schloss einfach seine Augen, wie er es als Kind manchmal gemacht hatte, wenn er nicht gesehen werden wollte.
Sintja beugte sich wieder vor und tippte:
„Die Frage werde ich dir jetzt nicht beantworten.“ Dann schrieb sie: „Magst du Jan?“
„Ja, sehr“, kam die Antwort.
Sintja kicherte erneut. Der Rotwein zeigte inzwischen deutlich seine Wirkung.
„Hast du dich in Jan verliebt?“
Jetzt reichte es Jan. Es kam ihm so vor, als ob diese Unterhaltung auf seine Kosten ging. Fast ein wenig verärgert, zog er an Sintjas Haaren.
„Aua“, rief sie, gab dem Zug seiner Hand nach und blickte ihm erneut tief in die Augen. Diesmal wich er ihrem Blick nicht aus. Dann beugte er sich über sie und küsste sie kurz auf den Mund. Immerhin war der Kuss lang genug, um zu spüren, dass keine Abwehr von ihr ausging. Er ließ ihre Haare wieder los. Beide schauten auf den Bildschirm. Dort stand:
„Nein, wir sind viel zu verschieden, aber wir können sehr interessante Gespräche führen.“
Jan war erleichtert. „Frage Christine doch einmal etwas zu ihrer Person“, ermunterte er Sintja. Ihm fiel plötzlich ein, dass das die beste Möglichkeit war, um den
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