Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Fahrstuhl, der teuflisch widerhallte, die knallende Haustür. Man könnte sich schon bei weniger Lärm die Ohren zuhalten.
    Vielleicht waren das jetzt seine Schritte da draußen. Energisch. Wer hatte jetzt die Kontrolle? Wer die Kontrolle über die Situation hat, hebe die Hand.
    Er hob den rechten Arm, und soweit er sehen konnte, war er der Einzige hier drinnen, der die Hand hob. Kontrolle.
    Ihm war anzusehen, dass er die Kontrolle hatte, als er kam. Jeder, der nicht blind war, konnte das sehen.
    Er weinte.
    Er vermisste sie. Ihr Gesicht irgendwann einmal, als sie sich auf dem Fahrrad umgedreht und gelacht hatte.
    Er wiederholte den Namen des Propheten wie ein Mantra. Wiederholte. Den anderen Gott hielt er da raus. Er hielt die Gesichter raus, und wenn er so weitermachte, würden sie verschwinden.
    Er weinte.
    Wo waren sie? Er saß doch hier.
    Vielleicht waren das seine Schritte dort draußen. Oder ihre.
    Er war an dem Geschäft vorbeigekommen, als ein Auto davor stand, das seins sein könnte. Da war er nach Hause gelaufen.
    Das Herz hatte ihm bis zum Hals geschlagen.
    Jetzt stand er auf im Dunkeln. Diesmal hatte er nichts zu trinken dabei.
    Die Sonne dort draußen brannte heiß auf sein Gesicht.
    Jemand sah ihn an, als ob er immer noch... als ob er bestimmte. Jetzt war es seiner Kleidung nicht anzusehen, aber es war ihm trotzdem anzusehen. Jetzt.
    Er ging den ganzen Weg zu Fuß und folgte dem Hügel hinunter zum Krankenhaus. Er stand draußen, wartete. Sah sie. Er wusste, dass sie es war.
    Es war fünf geworden. Sie waren sechs Paare, und jeder hatte sich gerade vorgestellt. Der Mann, der rechts von Winter saß, hatte großes Bedürfnis, von seiner Arbeit zu sprechen.
    Die Elterngruppe war gemischt, einige hatten schon Kinder. Winter erkannte die Hebamme wieder. Es war dieselbe Frau, die er vorher mit Angela getroffen hatte. Elise Bergdorff. Sie gab ihnen zehn Minuten, in denen sie aufschreiben konnten, was sie wissen wollten und was sie von dem Vorbereitungskurs erwarteten. Es sollten fünf Treffen werden. Bis Ende März. Bis kurz vorher.
    »Frag nach Schmerzlinderung«, sagte Winter.
    »Frag doch selbst.« Angela kicherte.
    »Sachen zum Anziehen«, sagte Winter, »was wir jetzt kaufen sollen. Wie viel man vorher planen sollte.«
    »Wir haben doch beschlossen, dass wir nichts planen wollen.«
    »Fragen können wir aber trotzdem.« Er schrieb weiter.
    »Was schreibst du?« Angela sah froh aus. Alle hatten froh ausgesehen bis auf den Mann, der von seiner Arbeit erzählt hatte, als ob er sich danach sehnte.
    Ich hab mich nie gesehnt, hatte Winter gedacht. Nicht auf diese Weise. Dies ist wichtiger.
    »Wie weiß man, wann das Kind Hunger hat und wann es satt ist?«
    »Gut, Erik.«
    »Das Schlafbedürfnis.«
    »Wessen?«
    »Meins natürlich«, sagte er. Nach einer kleinen Pause schrieb er weiter.
    »Was schreibst du jetzt?«
    Er blickte mit einem anderen Gesichtsausdruck auf.
    »Darf ich mal sehen?« Angela drehte den Notizblock zu sich herum, las und sah ihn an. »Lese ich richtig? >Internetadressen mit Pornoantworten vergleichend Ist das eine der Fragen, die du hier stellen willst?«
    »Mir ist grad was eingefallen.«
    »Erik... «
    Die Hebamme lud sie zu Kaffee ein, da es das erste Mal war. In Zukunft könnten sie sich ja abwechseln, etwas Leckeres mitzubringen, falls sie Lust dazu hatten.
    Ich kann Brownies backen, dachte er.
    Die Hebamme sprach über die Partnerbeziehungen, wie sich das Verhältnis während der Schwangerschaft veränderte, nach der Entbindung. Die Männer und Frauen sahen einander an.
    »Die Frau ist mehr von dem Kind in Anspruch genommen«, sagte der Mann rechts, auf den ein Arbeitsplatz wartete. »Das kann man daran erkennen, dass sie dem Kind viel Zeit widmet.«
    »Der Mann kann doch wohl auch vom Kind in Anspruch genommen sein?«, sagte Winter. Hab ich das gesagt?, dachte er.
    Es kommt darauf an, die Liebe lebendig zu erhalten, wenn das Kind da ist, dachte Angela. Wir sollten versuchen, andere zu treffen, die in derselben Lebenssituation sind. Vielleicht kann man von denen was lernen.
    Eine kleine Diskussion entstand. Wahrscheinlich will die Hebamme damit erreichen, dass wir unsere Rollen stärker einüben, dachte Winter. Als Eltern. Vater und Mutter zu werden. Rollen. Konnte man es so nennen? Manche ließen sich nie auf die Rolle ein, niemals.
    Sie gingen zu Fuß nach Hause. Der Geruch nach Winter wurde langsam vertrieben, es lag schon ein Hauch Frühling in der Luft, obwohl der noch weit

Weitere Kostenlose Bücher