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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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vorgeführt. Guckt mal her, hatte er gerufen, und sie hatten applaudiert. Abends war es fast genauso warm wie am Tag, und zu Hause lag Schnee. Er hatte seinen Papa mehrere Male an der Hand gehalten.
    Aber es gab keine kleine Schwester, keine Mama, keine Reise zu den Kanarischen Inseln, keinen Pool, keine Palme, kein Bingo. Hatte es nie gegeben. Er träumte manchmal, träumte laut. Maria wusste davon nichts. Sie konnte zu jeder Insel reisen, die es gab.
    »War schon was Besonderes, auf den Kanarischen Inseln«, sagte er.
    Morelius stand vor Harley's und wartete auf Bartram, der drinnen mit dem Besitzer redete. Morelius stampfte mit den Füßen. Es war kälter geworden, innerhalb weniger Stunden hatte die Kälte die Feuchtigkeit verdrängt.
    »Morgen«, sagte Bartram, als er rauskam. »Sie wollen es nicht verschieben.« »Ach.«
    »Macht vielleicht nichts.«
    »Spielt es eine Rolle, wann der Harley-Davidson-Club eine Fete feiert?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    »Ist doch Wurscht.«
    »Aber die Girls sind gut«, sagte Bartram, »sie haben immer hübsche Girls dabei.«
    »Zählst du die nicht zu den Mitgliedern?«
    »Die sind nur ein Anhängsel«, sagte Bartram. »Hübsche Anhängsel.« Er stampfte mit den Füßen. »Jetzt müsste man so ein HD-Girl zum Aufwärmen haben.«
    »Meinst du das ernst?«
    »In all das Leder reinkommen.« Bartram strich sich über die eigene Lederjacke. »Zum Wesentlichen kommen. Kapierst du, Simon? Das Wesentliche.«
    »Hör auf!«
    »Was ist denn jetzt schon wieder?« »Ich hab dein Gelaber satt.«
    »Mensch, stell dich nicht so an. Das ist ein...« Aber Bartram verstummte, als er zwei Jugendliche die Avenyn heraufkommen sah. Sie waren jetzt zwei Meter von ihnen entfernt. »Da kommen Bekannte. Guten Abend, guten Abend.«
    »Guten Abend«, antwortete Patrik.
    »Ihr macht also wieder einen Spaziergang«, sagte Morelius.
    »Wir leben in einem freien Land«, sagte Maria.
    »Ja, so ist es«, sagte Bartram. »Friert ihr nicht?«
    »Nein«, sagte Maria, und Morelius sah ihre rote Nase und die nackten weißen Handgelenke, die aus den Jackentaschen ragten. Auch die Stirn war weiß und die Ohrläppchen.
    »Sollen wir euch mit nach Hause nehmen?«, fragte Morelius.
    »Nach Hause zu wem?«, antwortete Patrik.
    »Das kannst du selbst entscheiden«, sagte Morelius. »Wir gehen jetzt sowieso und holen ein Auto.«
    »Der Abend ist doch noch ein Kind«, sagte Patrik. Das hatte er irgendwo gehört, da war Kraft drin, deswegen benutzte er es. Morelius sah Bartram an, sagte aber nichts.
    »Das ist er wirklich«, sagte Bartram. »Habt ihr irgendwas vor?«
    »Wir wollten in einen Pub«, sagte Maria. »Dafür seid ihr wohl noch etwas zu jung.« »Genau, das ist der Haken.«
    »Was?«
    »Dass wir nirgends reinkommen.«
    »Ihr sollt ja auch nicht in Pubs rumsitzen.«
    »Ich rede nicht von Pubs. Ich rede von irgendeinem Ort. Irgendeinen, wo Jugendliche abhängen können.«
    »Abhängen?«
    »Abhängen. Mit Leuten.«
    »Okay«, sagte Morelius.
    »Und damit ist es zum Kotzen«, sagte Patrik. »Es gibt nichts.« »Da sind wir uns ganz einig«, sagte Morelius. »Was macht ihr Silvester?«, fragte Bartram. »Was?«
    »Silvester des Jahrhunderts, des Jahrtausends. Sehen wir uns beim Skansen Lejonet?« »Äh.«
    »Seid ihr nicht da? Wir sind da.« »Arbeiten Sie Silvester?«
    »Ja. Wir haben beide Dienst und werden vor Ort sein beim Skansen Lejonet, wenn die große Stunde naht.« »Ätzend, Silvester arbeiten müssen.«
    »Was macht das für einen Unterschied? Die halbe Stadt ist doch sowieso auf dem Berg. Jedenfalls die jüngere Hälfte. Und wir werden dafür bezahlt.« Er drehte sich zu Morelius um. »Haben wir ein Glück, was, Simon?«
    »Und ob.«
    Patrik sah Maria an und schüttelte den Kopf. »Wir müssen gehen«, sagte er.
    »Geht nach Hause und wärmt euch auf«, sagte Morelius.
    »Dies ist ein freies Land«, sagte Patrik. Auch das gefiel ihm, weil Kraft drin war. It sucks.
    Bergenhems Abendschicht war beendet, er war aber nicht direkt nach Hause gefahren. Er fuhr südwärts und hörte sich die vierte CD von Springsteen an. Tracks, happy with you in my arms, happy with you in my heart. Heute Nacht hatte Martina etwas geflüstert und ihm über den Arm gestreichelt, aber er hatte so getan, als würde er schlafen. Sie hatte sich umgedreht, und er war schließlich wieder eingeschlafen. Er hatte versucht, nicht zu denken.
    Rechts schimmerte die Meeresbucht, als er durch Askim fuhr. Der Verkehr wurde dünner, als die

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