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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Bank.«
    »Nein, ich hab noch einiges zu erledigen und nehm dann den Bus. Hoffentlich wird Ihr Vater wieder gesund.«
    Winter nickte, und sie trennten sich. Er ging zurück zur Avenida. Das Auto war von der Sonne aufgeheizt - von außen und drinnen, und er spürte schon den Schweiß an seinem Rücken, bevor er sich überhaupt gesetzt hatte. Das Handy klingelte.
    »Ich schaffe es heute einfach nicht«, sagte seine Schwester. Er hörte sie wieder husten. »Morgen ganz bestimmt.« »Ich bin wieder auf dem Weg ins Krankenhaus.« »Ist er noch wach? Ich meine, ist er bei Bewusstsein?« »Gestern Abend haben wir uns unterhalten.« »Das ist gut«, röchelte sie mit belegter Stimme.
    »Ich weiß nicht. Er hat versucht, so eine Art Testament zu machen, aber ich hab's nicht zugelassen.«
    Die Wand war rau, wie Baumrinde. Hatte er den Pinsel in der Wohnung gefunden? Oder hatte er ihn mitgebracht? Jetzt war er so ruhig, dass er die Fragen stellen konnte, aber er konnte sie nicht beantworten.
    So. Er war fertig.
    Sie verfolgten jede seiner Bewegungen. Sie und er. Er ging nicht nahe heran. Sie konnten dort sitzen, und er hatte die Jalousien hochgezogen, damit es nicht so dunkel war dort drinnen. Still war es auch nicht. Jetzt war es auch nicht still. Die Musik auf Autoreverse. Die Straßenbeleuchtung fiel auf den Kopf des anderen, der alles vom Sofa beobachtete. Es war ganz still. Er war zufrieden, dass es so still war. Mit ihr war es schlimmer gewesen, aber jetzt war sie auch still und betrachtete ihn. Niemand lachte mehr. Wer hatte hier jetzt die Macht? Wer bestimmte?
    Er hatte es ihnen gezeigt.
    Ihm würde er es jetzt zeigen, damit er es begriff.
    Er stellte die Musik ab, doch das war nicht gut. Er stellte sie an, drehte die Lautstärke hoch und sah sich um. Jetzt konnte er gehen.

14
    Angela wurde kurz vor Mitternacht mit einer Vorahnung wach, dass etwas passieren würde. Etwas, woran sie nicht denken wollte.
    Im Grenzland zwischen Wachen und Schlafen hatte sie die Bilder gesehen, eins nach dem anderen, wie von einem starken Projektor an die große nackte Wand im Schlafzimmer geworfen.
    Sie fühlte ihr Herz in der Brust laut pochen, stand auf und zog ihren Morgenrock an. In der Küche knipste sie die Neonleuchte über dem Herd an und setzte sich mit einem Glas Milch an den Küchentisch. Draußen war es still. Irgendwo im Haus rauschte die Toilettenspülung, weit entfernt. Sie überlegte, ob sie das Radio anstellen sollte, ließ es dann aber. Bloß nicht zu munter werden. Sie saß da, die Hand auf dem Bauch. Nicht zu viel planen.
    Das Rauschen in den Leitungsrohren hörte auf. Immer noch keine Straßenbahn draußen, keine Stimmen in der Nacht, die nach Schnee roch. Sie spürte es, als sie aufstand, das Fenster öffnete und die Luft einatmete. Eine Vorahnung vom Winter. Sie schloss das Fenster, stellte das Glas auf die Spüle und ging zurück durch den Flur. Draußen im Treppenhaus rasselte der Fahrstuhl vorbei. Sie hörte, wie er geöffnet und wieder geschlossen wurde, und das Geräusch von Schotter, der auf dem Steinfußboden kratzte. Sie blieb im Flur stehen. Warum stehe ich hier? Ich will diese Schritte durch eine Tür gehen hören. Frau Malmers Tür.
    Himmel.
    Wieder schabten Schritte. Es klang, als wären sie vor der Tür, genau vor der Tür. Plötzlich konnte Angela sich nicht mehr rühren. Konnte nur noch auf diese Schritte lauschen.
    Ich sollte nicht hier schlafen, wenn Erik verreist ist. Das ist ja verrückt.
    Jetzt schabte es wieder, knirschte. Wieder Schritte, Schritte, die sich entfernten. Sie hörte, wie der hundertjährige Fahrstuhl nach oben glitt, und das leise Knacken, als er endlich zur Ruhe kam. Vor ihrer Tür. Das schnelle Rasseln des Stahlgitters, vor und zurück, und wieder das Knacken, als der Fahrstuhl die Etage verließ.
    Angela stand hinter der Tür. Sie spähte durch den Spion und sah das Treppenhaus in der verzerrten Weitwinkelperspektive, aber da war kein Mensch. Das Licht brannte immer noch. Sie öffnete die Tür, davor waren ein wenig schwarzer Schotter und Wasser, das sich zu einer kleinen Pfütze gesammelt hatte und im Licht blinkte.
    Die könnte von mir sein, dachte sie. Es dauert, ehe hier drinnen Wasser trocknet, wenn von unten immer wieder kalter Wind heraufkommt. Wenn ich richtig pingelig bin, geh ich jetzt rum und schau nach, ob es woanders auch noch Schotter und Wasserpfützen gibt. Sie kicherte fast und schloss die Tür.
    Der Wecker auf dem Nachttisch neben dem Telefon zeigte viertel

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