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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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nach zwölf. In sechs Stunden musste sie wieder aufstehen, bereit sein für die Korridore. Die Untersuchungszimmer mit den Löchern in den grünen Wänden. Musste es immer grün sein? Türen mit abblätternder Farbe. Die Patienten mussten ja alle Hoffnung verlieren, während sie warteten und sahen, wie das Krankenhaus langsam verfiel. Wenn man es nicht schaffte, eine Wand neu zu verputzen, wie zum Teufel sollte man es dann schaffen, einen Körper zu heilen, der...
    Das Telefon klingelte. Angela zuckte zusammen. Das Telefon klingelte wieder, schien sich auf dem Nachttisch zu bewegen. Das ist Erik, dachte sie noch, bevor sie den Hörer abhob.
    Jetzt ist es geschehen.
    »Ja? Angela.«
    Sie hörte nichts als das statische Brausen.
    »Hallo? Erik?«
    Wieder ein Brausen. Ein anderes Geräusch, von dem sie nicht wusste, was es war. War da eine Stimme im Hintergrund? Vielleicht, schwach. Heute Nacht hatten es die Gespräche schwer, durch Europa zu reisen.
    »Ich versteh nichts. Vielleicht versuchst du's noch mal? Kannst du mich hören? Ich hör dich nicht.«
    Jetzt vernahm sie das Echo von Stimmen, aber das war normal, Fragmente von Gesprächen irgendwo auf der Welt konnten auf andere Leitungen übertragen und zu einer Art Esperanto vermischt werden. Es konnte jede Sprache sein, ein Gespräch auf einem Berggipfel, Millionen Meilen entfernt, und doch wahrnehmbar.
    Jetzt hörte sie Atmen. Das kam nicht von einem Berggipfel. Sie hörte es ganz nah.
    »Hallo! Ist da jemand?«
    Wieder das Atmen, deutlich, bewusst. Es hatte das ferne Gebrabbel verdrängt.
    Plötzlich hatte sie furchtbare Angst. Sie wünschte, das Gebrabbel wäre wieder da. Es war eine Sicherheit gewesen. Sie dachte an die Bilder, die sie im Kopf gehabt hatte, an die Schritte, wieder die Bilder, die Wasserpfütze...
    Wieder ein Atmen.
    »Antworten Sie! Ich hör doch, dass da jemand ist.« Sie versuchte ihre Stimme möglichst drohend klingen zu lassen, aber sie klang nur klein und ängstlich. »Wer ist da?« Und da meinte sie noch etwas anderes zu hören, mehr... und sie ließ den Hörer fallen, der gegen die Nachttischkante prallte, auf den Boden fiel und dort mit nach oben gekehrter Hörmuschel liegen blieb. Sie starrte das Telefon an und hob es zehn Sekunden später wieder auf.
    In der Leitung war es still. Die Stille wurde von einem Knacken unterbrochen, und dann ertönte das bekannte Freizeichen.
    Himmel, Angela, ganz ruhig. Es gibt Idioten, die sich verwählen und es dann nicht über sich bringen, es zu sagen. Es gibt Verrückte, die wählen auf gut Glück, vielleicht beißt einer an.
    Aber sie wollte mit Erik reden, seine Stimme hören, ruhig werden.
    Sein Handy war abgeschaltet. Zufällig nicht erreichbar. Sie hinterließ eine Nachricht. Ich scheiß drauf. Warum war es abgeschaltet? Er hatte gesagt, er würde es während der Reise nie abschalten.
    Sie sah auf den Telefonhörer in ihrer Hand. Sollte sie ihn für den Rest der Nacht danebenlegen? Das war blöd. Vielleicht würde Erik sie mitten in der Nacht anrufen müssen. Wahrscheinlich war es nur ein zufälliger technischer Fehler am Handy. Sie wählte die Nummer noch einmal.
    »Hier ist Erik.«
    »Warum zum Teufel gehst du nicht dran?!« »Was? Was ist los?«
    »Du hast dich nicht gemeldet. Das Telefon war abgeschaltet.«
    Er betrachtete es, als ob er einen Fehler entdecken könnte.
    »Wann war das?«
    »Eben. Vor ein paar Minuten.«
    »Ach, aber jetzt funktioniert es.«
    »Das hör ich auch, Mensch.«
    »Was ist denn, Angela?« Er sah auf seine Armbanduhr. Bald eins. »Du scheinst... «
    »Jemand hat mich angerufen.« »Was sagst du da?« Sie erzählte.
    »Das ist mir auch schon passiert«, sagte er. »Das passiert wahrscheinlich jedem mal.«
    »Dann bin ich ja beruhigt.«
    »Aber schön ist das nicht. War es das erste Mal?«
    »Mir ist so was noch nie passiert. Nicht in meiner Wohnung.«
    »Dann hängt es also mit meiner Wohnung zusammen?«
    »Nein, Erik. Himmel, ich weiß nicht, was ich rede. Wahrscheinlich war es nur ein Feigling, der sich verwählt hat.«
    »Mhm.«
    »Ich fantasiere. Eigentlich wollte ich nur deine Stimme hören. Jetzt hör ich draußen die Straßenbahn. Jetzt bin ich wieder ruhig.«
    »Du kannst mich immer anrufen, wann du willst.« »Wie geht es deinem Vater?«
    »So lala. Ich bin im Krankenhaus, aber in ein paar Stunden fahr ich in die Stadt.«
    »Hast du mit dem Arzt von deinem Vater gesprochen? Al... wie hieß er noch?«
    »Alcorta. Natürlich nicht. Er ist ein Gespenst. Typischer

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