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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Fahrstuhl gestiegen und nach unten gefahren. Vielleicht vor einer Woche, vor zehn Tagen.«
    »Ach, von dem Treppenhaus redest du. Von dem Haus.«
    »Natürlich. Meistens scheiß ich drauf, den Fahrstuhl zu nehmen, aber an dem Tag hatte ich Fieber oder so was, und da wollte ich mit den Zeitungen rauffahren. Aber der Fahrstuhl war nicht da, also nahm ich die Treppe, und da hörte ich ihn zwei Stockwerke höher oder so rasseln. Das ist mir jetzt eingefallen, wahrscheinlich war es das Stockwerk. Vielleicht.« »Warum glaubst du das?«
    »Tja, man lernt ja so manches, wenn man Treppen rauf und runtergeht. Hört manches. Wenn man mit Fahrstühlen fährt.«
    »Erzähl schon.« Sie hatte an ihrem Daumennagelbett gekaut und merkte erst jetzt, dass es brannte. »Du hast gesagt, jemand ist mit dem Fahrstuhl nach unten gefahren.«
    »Ich hab ein Stück höher auf der Treppe gestanden und gewartet, dass er runterkommt und ich damit nach oben könnte.«
    »Und?«
    »Er kam. Jemand ist unten ausgestiegen und zur Haustür rausgegangen. Ein Mann.«
    »Hat er dich gesehen?«
    »Nee. Ich hab ja ein paar Meter weiter oben auf der Treppe gestanden, und er hat sich nicht umgedreht.«
    »Wie hat er ausgesehen?«
    »Ich hab doch gesagt, er hat sich nicht umgedreht.« »Aber war er alt oder was?«
    »Ich weiß nicht. So alt wirkte er noch nicht. Als er in Richtung Haustür verschwand, mein ich ein bisschen von seinem Gesicht gesehen zu haben, das Profil.«
    »Das ist ja echt gruselig.«
    »Das war doch nicht das erste Mal, dass ich jemanden früh am Morgen gesehen habe.«
    »Wieso ist dir das ausgerechnet jetzt eingefallen?«
    »Ich weiß nicht, vielleicht lag es an der Musik gerade. Jedenfalls kam da irgendwas durch die Tür.«
    »Was denn?«
    »Etwas, das vorher nicht zu hören gewesen war. Das hab ich erst gehört, als ich den Mann aus dem Fahrstuhl steigen sah.«
    »Wirklich saugruselig. Vielleicht hast du... «
    »Das muss man ganz locker nehmen.«
    »Jetzt hat Mama ja noch mehr Recht, Patrik, du musst zur Polizei gehen.« »Ach, hör auf, Maria.« Sie warf das Kissen aufs Bett.
    »Da gibt's doch massenhaft wichtige Sachen, die du denen erzählen kannst.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Bist du blöd? Zum Beispiel, wie er gekleidet war.« Sie hatte sich das Kissen wieder geschnappt, hielt es umschlungen, dachte nach. »Erinnerst du dich daran, wie er gekleidet war?«
    »Er trug einen Mantel.«
    »Lang? Kurz? Schwarz? Braun? Beige?«
    »Dunkel... soll das jetzt ein Verhör sein?« Aber Maria lächelte nicht. »Da war noch etwas anderes. Ich hab schon darüber nachgedacht... oder es war einfach in meinem Hinterkopf. Irgendwas, das er anhatte... unter dem Mantel, was ich gesehen habe. Mir fällt bloß nicht ein, was es war.«
    »Meinst du etwas, das dir bekannt vorkam?«
    »Ich weiß nicht. Ja, vielleicht. Irgendwas... Ich komm einfach nicht drauf.«

23
    Der Brief war der dritte in dem kleinen Stapel. Der Umschlag trug das Siegel der Direciön General de la Policia, aber Winter wusste, wer der Absender war. Der spanische Polizeistempel war wie ein Symbol für die Grenzlinie zwischen Privatleben und Arbeit; gefährlich, fließend. Er legte den weißen Umschlag beiseite. Der Brief brannte sich auf dieselbe Weise in den Tisch ein, wie Alicias Visitenkarte ein Loch in den dunklen Tisch in dem Zimmer im La Luna gebrannt hatte.
    Sie hatten noch ein Glas Wein getrunken, oder hatte nur er getrunken? Seine Verzweiflung war noch größer geworden, als plötzlich jemand auf der Plaza Altamirano vorbeiging, der Schwedisch sprach. Die Stimme des älteren Mannes hatte ihn an die Stimme seines Vaters erinnert. Alicia hatte es begriffen. In dem Augenblick hatte er gespürt, dass sie es verstand.
    Stunden später hatte er das Meer von einem Fenster in einem Haus über dem Meer gesehen. Er kannte nicht den Namen der Straße oder des Weges dorthin. Unten hatte einige Male ein Hund gebellt und war dann verstummt. Es war niemand anders in der Nähe gewesen.
    Einige Stunden später war er in seinem Zimmer im La Luna erwacht und konnte sich nur noch dunkel erinnern. Es war Vormittag, und er hatte geduscht, sich angezogen und war zum Flughafen gefahren.
    Bergenhem klopfte an die Tür und trat ein. Winter hielt das Kuvert in der Hand.
    Bergenhem sah abgemagert aus. Sein Blick ging an Winter vorbei. Er blieb stehen.
    »Du wolltest was von mir?«
    »Setz dich doch, Lars.«
    Bergenhem setzte sich und strich sich über die Stirn. Sein Haar war feucht.
    »Ist ein bisschen

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