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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Maria kam zurück.
    »Das soll so klingen, als würde da eine Hexe singen«, erklärte Patrik.
    »Ich kann den Besen holen«, sagte Maria.
    Es war Patriks vierter Becher. Sie hatten Hanne alles erzählt, von seinem Verdacht vor der Wohnung und seinem Anruf beim Hausmeister.
    »Hat die Polizei auch schon mit dir geredet?«, fragte Hanne. »Nein.«
    »Das ist ja merkwürdig.«
    Patrik stellte den Becher zum letzten Mal ab. Er zuckte mit den Schultern.
    »Ist mir ganz recht und spielt doch keine Rolle. Sie wissen ja schon alles. Ich weiß auch nicht mehr als der Alte.«
    »So was pflegt die Polizei zu entscheiden.«
    »Och, Mama, du warst zu oft bei der Polizei.«
    »Der Alte will eben die ganze Ehre für sich haben«, sagte Patrik. »Vielleicht hat er geglaubt, er kriegt eine Belohnung.« Er sah Hanne Östergaard an. »Vielleicht gibt's eine.« Dann sah er Maria an. »Ich hab einen big mistake gemacht.«
    »Du solltest dich wirklich bei denen melden, die diesen Fall untersuchen«, sagte Hanne Östergaard. »Beim Fahndungsdezernat.«
    »Da arbeitet doch der, den du kennst«, sagte Maria.
    »Erik? Erik Winter? Ich weiß nicht, ob er gerade mit diesem Fall befasst ist. Aber könnte gut sein.«
    »Das war er«, sagte Maria und sah Patrik an.
    »Du hast es gesagt«, antwortete er.
    »Ich bin sicher.«
    »Was?« Hanne Östergaard sah ihre Tochter an. »Was meinst du damit?«
    »Wir haben ihn gestern Abend in der Straßenbahn gesehen«, antwortete Maria. »Er saß zusammen mit seiner Freundin oder Frau, oder was das nun war.«
    »Angela.«
    »Sie saßen im selben Wagen. Wir sind zum Stigbergstorget gefahren.«
    »Was hattet ihr dort zu suchen?« Hanne hörte ihre eigene Stimme, wie sie plötzlich scharf, misstrauisch klang.
    »Mama, es war kaum später als acht, und Bengans hatte lange geöffnet.« »Freitagabend?«
    »Ja«, sagte Patrik, »das war so 'n Release. Ultramario hat was von seiner neuen Scheibe gespielt.«
    »Das erklärt alles.« Hanne versuchte zu lächeln. Maria wich ihrem Blick aus, guckte aus dem Fenster auf den Garten hinter dem Haus, die Sonne war gewandert und ließ den Schnee funkeln.
    Patrik und Maria schwiegen.
    »Und ihr habt Erik Winter gesehen? Ich hätte nie geglaubt, dass der mit der Straßenbahn fährt.«
    »Er war es aber«, sagte Maria. »Und wir haben sie schon mal in das Haus reingehen sehen, wo sie wohnen.«
    Ihr kennt euch aus in der Stadt, dachte Hanne, sagte aber nichts.
    Patrik war Marias Blick in den Garten gefolgt. Die Sonne schien jetzt grell, sie war wie ein Scheinwerfer. Er dachte an das blaugelbe Treppenhaus, die Zeitungen, die verdammte Musik, die dort drinnen im Flur tobte, als er die Klappe vom Briefeinwurfschlitz hob.
    Aber da war noch etwas. Da war noch etwas.
    Der Gedanke war irgendwo hinten in seinem Kopf gewesen, vielleicht sollte man es Erinnerung nennen. Etwas, das er vor ein paar Wochen gesehen hatte, oder wann das nun gewesen sein mochte.
    Es war gleichsam gewachsen. Die Erinnerung, oder was es war. Gewachsen. Es hing mit der Musik zusammen, als er darüber nachgedacht hatte, was für Musik, welche Band es sein könnte. Er konnte nur raten, vermutlich nicht mal das. Aber... das andere. Er sah es wieder, als er hinaus in die Sonne auf den Schnee starrte, auf dem Sterne glitzerten wie an einem weißen Himmel. Es war noch da, als er sich für den Kakao bedankte und in Marias Zimmer ging. Sie war ihm schon vorausgegangen und hatte die Musik ausgemacht, und dafür war er dankbar, danke mucho.
    Er setzte sich aufs Bett und schaute wieder in den Garten. Im Schatten stand ein Gewächshaus. Er betrachtete es. Es half ihm irgendwie, in seinem Kopf zu suchen. Gewächs. Gewächshaus. Das Licht, das nicht bis dorthin reichte. Da war etwas, verflixt, etwas war in der Erinnerung verborgen.
    »Was ist mit dir?«, fragte Maria. »Warum schaust du so gebannt auf das Gewächshaus?« Er antwortete nicht.
    »Sag doch was, Patrik. Ich mag nicht, wenn du so bist. Es ist so schon alles unheimlich genug.« Sie schaute aus dem Fenster und sah ihn wieder an.
    »Da... war jemand«, sagte Patrik.
    »Was sagst du? Im Gewächshaus?«
    »Nein, nein.« Er riss den Blick los und sah sie an. »Die Treppen, das Haus. Wenn ich morgens mit den Zeitungen kam. Zu der Zeit sind natürlich auch manchmal Leute im Treppenhaus, aber nicht so viele. Morgens hab ich nie viele gesehen.«
    »Welches Treppenhaus? Ich kapier gar nichts mehr.«
    »Hör zu, Maria. Als ich die Treppen raufging, ist oben jemand in den

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