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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ans Stehlen rief in ihr Verlegenheit hervor; aber sie sah ein, daß sie keine Alternative hatten. »Ich komme mit.« Sunder setzte zu einem Widerspruch an; doch mit ungnädigem Kopfschütteln brachte sie ihn zum Schweigen. »Du bist nicht unbedingt in kerngesunder Verfassung. Wenn nichts anderes, kann ich dir jedenfalls den Rücken decken.« Sie seufzte. »Und ich will uns einige Mirk verschaffen. Er hat dringend welche nötig.«
    In der Düsternis der Abenddämmerung blieb Sunders Miene unkenntlich. Aber er fügte sich wortlos in Lindens Willen. Er holte die letzten Melonen vom Floß und zerschnitt sie.
    Linden aß ihre Ration, bemühte sich anschließend, so gut es ging, Covenant zu füttern. Diese Aufgabe erwies sich als schwierig; es verursachte ihr allerhand Umstände, dafür zu sorgen, daß er wenigstens die bloß kleinen Brocken schluckte, die sie ihm in den Mund schob. Wieder preßte grausige Furcht ihr das Herz zusammen. Doch sie unterdrückte sie. Geduldig fütterte sie ihn stückchenweise mit Fruchtfleisch, streichelte seine Kehle, um den Reflex des Schluckens auszulösen, bis er sich zumindest eine karge Mahlzeit einverleibt hatte.
    Als sie fertig war, herrschte ringsherum tiefe Nacht, und ein abnehmender Mond hatte sich über die Hügel zu schieben begonnen. Sie ruhte sich für eine Weile neben Covenant aus, versuchte unterdessen, das zerfledderte Gewebe ihrer Kompetenz wieder zusammenzufügen. Doch sie merkte bald, daß sie hauptsächlich auf Covenants Atemzüge lauschte, als erwarte sie, jedes heisere Einatmen könne sein letztes sein. Ihre Hilflosigkeit war ihr immens zuwider ... Von der anderen Seite des Flusses trug der Wind einen deutlichen Fäulnisgeruch herüber, der eine Folge der Wirkung der Sonne der Seuchen auf die Vegetation sein mußte. Linden fand keine Ruhe.
    Unvermittelt verfiel Covenant in neue Zuckungen. An seiner rechten Seite glomm ein schwaches weißes Licht auf – lohte und war in der nächsten Sekunde erloschen. Linden setzte sich auf. »Sunder!« raunte sie. Das Licht flackerte erneut – ein flüchtiges Aufwallen von Energie, das aus dem Ring drang, der tief im Fleisch von Covenants geschwollenem Finger saß.
    »Himmel und Erde!« stieß Sunder gepreßt hervor. »Man wird's sehen.«
    »Ich dachte ...« Entgeistert sah Linden zu, wie der Steinmeister die Hand mit dem Ring in Covenants Hosentasche schob. Infolge der Bewegung entblößte Covenant in einer Grimasse der Qual seine Zähne. Das Stieren seiner wie ausgedörrten Augen galt dem Mond. »Ich habe gedacht, er braucht den Sonnenstein. Um das zu bewerkstelligen.« Die Hosentasche dämpfte das unregelmäßige Aufleuchten, verbarg es jedoch nicht ganz. »Sunder ...« Lindens Kleidung war noch feucht; sie konnte nicht zu zittern aufhören. »Was geht mit ihm vor?«
    »Das frage nicht mich«, erwiderte Sunder leise, aber mit einer gewissen Schroffheit. »Mir ermangelt's an deiner Sicht.« Doch einen Moment später fügte er eine Frage hinzu. »Kann's sein, daß es dieser Wütrich ist, von dem er redet – ist's möglich, daß er in ihm steckt?«
    »Nein!« schnauzte Linden, indem sie diesen Gedanken so unverzüglich verwarf, daß ihr keine Gelegenheit zur Mäßigung blieb. »Er ist nicht Marid.« Ihre Sinne vermittelten ihr diese Einschätzung mit Sicherheit; Covenant war krank, nicht besessen. Nichtsdestoweniger rührte Sunders Vermutung in ihr an Saiten des Zorns, und zwar zu ihrer eigenen Überraschung. Ihr war nicht klar gewesen, daß sie soviel ihrer selbst in Covenant investierte. Auf der Haven Farm, drüben in jener Welt, die sie verstand, hatte sie sich in der Hoffnung, eine Lektion in Stärke lernen zu können, dazu entschlossen, sich für seine angefochtene Integrität einzusetzen. Aber sie hatte keine Ahnung gehabt, wohin dieser Entschluß sie führen würde. Es war bereits zuviel für sie gewesen zu sehen, wie er Joan zulächelte – lächelte und sein Leben bot. Irgendein in ihr neu entstehender Teil ihres Ichs hielt an diesem Bild von ihm fest; seine Selbstaufopferung wirkte so sehr viel sauberer als ihre eigene. Nun fragte sie sich mit schmerzlicher Anwandlung, wieviel sie wohl noch über ihn würde lernen müssen. Und über sich selbst. »Was er auch ist, ein Wütrich ist er nicht.« Ihre Stimme bebte.
    Sunder regte sich in der Dunkelheit, um eine weitere Frage zu stellen. Doch ehe er dazu kam, sie auszusprechen, überlagerte ein heller Lichtschein von den Wänden der Schlucht das trübe Geflacker von Covenants

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