Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
vollständige Stille trat ein, ehe er antwortete. »Seine Ex-Frau Joan.«
    Linden zuckte zusammen. Diese einzelne Information lieferte ein ganzes Bündel von Erklärungen für Covenants abgezehrte, fiebrige Erscheinung. Doch sie genügte noch immer nicht. »Warum ist sie zu ihm zurückgekehrt? Was ist mit ihr los?«
    Der ältere Mediziner fing wieder an zu schaukeln. »Nun sind wir genau an dem Punkt, mit dem wir heute nachmittag den Einstieg gemacht haben. Ich kann's Ihnen nicht sagen. Ich kann Ihnen nicht verraten, weshalb sie zurückgekommen ist, weil er es mir ausschließlich unter dem Siegel der strengsten Verschwiegenheit erzählt hat. Sollte er recht haben ...« Seine Stimme sank herab, ehe er einen neuen Satz begann. »Ich bin nicht dazu in der Lage, Ihnen darüber Aufschluß zu geben, was mit ihr ist, weil ich selbst keine Klarheit darüber habe.«
    Sie starrte hinüber zu seinem unerkennbaren Gesicht. »Und darum haben sie mich darauf angesetzt.«
    »Ja.« Seine Antwort klang wie ein Bekenntnis von Fehlbarkeit.
    »Hier hat's noch mehr Ärzte. Oder Sie könnten einen Spezialisten kommen lassen.« Plötzlich schnürte es ihr die Kehle zu; sie mußte mühsam schlucken, bevor sie ihre nächste Frage auszusprechen vermochte. »Weshalb mich?«
    »Naja, ich nehme an ...« Sein Ton verwies auf ein verzerrtes Lächeln. »Ich könnte sagen, wegen Ihrer guten Ausbildung. Aber Tatsache ist, ich dachte, Sie sind für so was die richtige Person. Sie und Covenant, Sie sind dazu imstande, miteinander zu reden ... vorausgesetzt, Sie geben sich gegenseitig eine Chance.«
    »Verstehe.« Inmitten der Stille stöhnte sie lautlos vor sich hin. Ist das alles so offensichtlich? Nach alldem, was ich getan habe, um es zu verbergen, merkt man es noch? Um Auflehnung zu zeigen, erhob sie sich aus dem Schaukelstuhl. Alte Bitterkeit verlieh ihrer Stimme einen zänkischen Klang. »Ich hoffe, Sie haben Ihren Spaß daran, den lieben Gott zu spielen.«
    Er schwieg für einen langen Moment und antwortete dann in aller Ruhe. »Wenn es das ist, was ich ... Nein, das ist nicht der Fall. Wenigstens sehe ich's nicht so. Diese Angelegenheit ist mir einfach über. Deshalb habe ich Sie um Ihre Hilfe ersucht.«
    Hilfe , schnob Linden innerlich. Herrgott! Doch sie verschwieg ihre Entrüstung. Erneut war es Dr. Berenford gelungen, an ihre empfindsame Stelle zu rühren, hatte er seinen Finger auf die Nerven gelegt, die ihr Handeln lenkten. Weil sie weder ihre Schwäche, ihren Verdruß noch ihren Mangel an freier Wahl eingestehen wollte, strebte sie an ihm vorbei zur Ausgangstür der Veranda. »Gute Nacht«, sagte sie ausdruckslos.
    »Gute Nacht, Linden.« Er erkundigte sich nicht danach, was sie nun anzufangen gedenke. Oder vielleicht begriff er es ohnehin. Oder möglicherweise fehlte es ihm an Mut.
    Linden stieg ins Auto und fuhr zur Haven Farm zurück.
    Sie fuhr langsam, versuchte irgendein Gespür für etwaige Aussichten zu entwickeln. Gewiß, sie besaß nun keine Wahl mehr; doch das lag nicht an ihrer Hilflosigkeit. Der Grund war vielmehr, daß sie ihre Entscheidung bereits gefällt hatte – schon vor langem, nämlich als sie sich dazu entschloß, Ärztin zu werden. Freiwillig hatte sie sich dafür entschieden, so zu sein, wie sie jetzt war; wenn einige Folgeerscheinungen ihrer Entscheidung ihr heute Qualen verursachten – nun, die ganze Welt war voller Qual. Sie verdiente jedweden Schmerz, den sie durchzustehen hatte.
    Erst als sie den Feldweg erreichte, fiel ihr auf, daß sie völlig vergessen hatte, Dr. Berenford nach dem Greis zu fragen.
    Sie konnte in Covenants Haus Licht sehen. Das Haus stand erleuchtet vor dem dunklen Hintergrund aus Bäumen wie ein Schimmer, der alsbald von Wald und Nacht verschlungen werden sollte. Der Mond verstärkte diesen Eindruck noch; sein nahezu volles Rund verwandelte das Feld in einen See aus Silber, gespenstisch und grundlos tief, aber sein Helligkeitsschein drang weder zwischen die Bäume noch zu dem Haus vor, das in ihrem Schatten lag. Linden fröstelte in der kühlen Luft, klammerte die Hände beim Fahren verkrampft ums Lenkrad, und ihre Sinne waren bis zum äußersten angespannt, als stünde ihr eine ernste Krise bevor.
    Zwanzig Meter vor dem Haus bremste sie den Wagen und parkte ihn dort, so daß er sich im offenen Mondschein befand.
    Bleib getreu.
    Sie wußte nicht wie.
    Die Annäherung des Scheinwerferlichts mußte Covenant gewarnt haben. Als sich Linden der Haustür näherte, ging vor dem Haus eine

Weitere Kostenlose Bücher