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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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dich! Du mußt essen und dich regen, sonst wird dein sterbliches Fleisch dich im Stich lassen.«
    »Das ist die Wahrheit«, fügte Atiaran ernst hinzu. »Du strafst dich für das Schicksal, das deine Gefährten erlitten haben. Aber eine solche Selbstzüchtigung kann nichts bewirken als unheilvolle Folgen. Wenn du dich selbst strafst, wirst du nichts erreichen, als daß es dir vollends unmöglich wird, deinen Freunden Beistand zu leisten. Und ein Versagen würde beweisen, daß du unwert bist. Indem du dich bestrafst, wirst du dir Bestrafung zuziehen. Das ist der Hohn des Verächtertums, Zweifler. Steh auf und iß!«
    Trell schwieg. Doch sein stummer Blick bedurfte keiner Worte. Unterwürfig, weil die drei waren, die sie waren, und weil er das, was sie sagten, anerkennen mußte, gehorchte Covenant. Sein Körper ächzte in jedem Gelenk, jeder Sehne; aber er vermochte sich seinen Toten nicht zu verweigern. Tränen rannen ihm übers Gesicht, als er begriff, daß diese drei – drei Menschen, die in ihrem Leben mehr Anlaß als alle anderen erhalten hatten, ihn zu hassen – erschienen waren, um ihm zu helfen.
    Lenas Arm deutete silbrig auf einen nahen Aliantha . »Verzehre jede Beere dieses Strauchs. Sollten dich die Kräfte doch verlassen, werden wir dich mit Zwang unterstützen.«
    Covenant kam der Aufforderung nach, aß sämtliche reifen Früchte, die er im Finstern mit seinen gefühllosen Fingern ertasten konnte. Danach machte er sich von neuem, die Tränen auf den Wangen erkaltet, in die Richtung Schwelgensteins auf, geleitet durch seine Toten wie von einem Gefolge. Zuerst war jeder Schritt eine Qual. Allmählich jedoch sah er die Vernünftigkeit dessen ein, was seine Toten ihm geraten hatten. Mit der Zeit schlug sein Herz wieder regelmäßiger; die Mühseligkeit seiner Atemzüge ließen in dem Maße nach, wie seine verkrampfte Muskulatur sich lockerte. Keiner der Geister sprach noch einmal zu ihm, und er selbst besaß weder die Verwegenheit noch das innere Rückgrat, um sich seinerseits an sie zu wenden. In vollständigem Schweigen zog die kleine, silbern-gespenstische Prozession auf ihrem Weg durch die Randgebiete Andelains dahin. Noch lange, nachdem er zu weinen aufgehört hatte, schwamm Covenant inwendig in Gram, weil seine Schandtaten unwiderruflich waren, er den Kummer, den er Trell, Atiaran und Lena zugefügt hatte, nie wiedergutmachen konnte. Niemals.
    Kurz vor der morgendlichen Dämmerung verließen sie ihn – wandten sich unvermittelt dem Innern Andelains zu, ohne ihm eine Gelegenheit zu geben, ihnen zu danken. Er hatte dafür Verständnis; womöglich wäre für sie nichts so bitter gewesen wie ein Dank des Zweiflers. Also brachte er nichts von seiner Dankbarkeit zum Ausdruck. Er stand nur da, als sei das Abschiedsgruß genug, schaute ihnen nach, während sie sich entfernten, legte in seinem Herzen Versprechen ab. Als ihr silbriger Glanz verschwunden war, nahm er den Marsch zu seinem Ziel erneut auf.
    Die Morgendämmerung und ein frischer, heiterer Tag brachen an, säumten seinen Weg mit Musik, verliehen ihm neue Kräfte; er war dazu imstande, das Tempo nach und nach zu steigern, bis es wieder einigermaßen seiner anfänglichen Marschgeschwindigkeit nahekam. Hohl hinter sich wie einen abgelösten Schatten, brachte er den dritten Tag der Sonne der Dürre herum, indem er Andelain so eilig durchmaß, wie es ihm möglich war, ohne einen neuen Zusammenbruch herauszufordern.
    Am Abend machte er kurz nach Sonnenuntergang im Schutz einer altehrwürdigen Weide Halt. Er aß ein paar Aliantha und saß dann eine Zeitlang mit dem Rücken am Baumstamm. Der Baum stand hoch oberhalb der Ebenen, und Covenant blickte nach Westen aus, starrte ohne Hoffnung, fast willenlos, in die Nacht; das Verhängnis seiner Gefährten gönnte ihm keine Ruhe.
    Das erste Aufflammen eines Feuers scheuchte ihn augenblicklich auf die Beine. Die Flamme verschwand so schnell, wie sie aufgeloht war; doch einen Moment später loderte sie erneut auf. Diesmal hielt sie sich. Nach einigem zaghaften Geflacker brannte sie mit Stetigkeit. Das Feuer befand sich westlich von Covenants Standort.
    Aufgrund der Dunkelheit konnte er die Entfernung nicht schätzen. Und der Verstand sagte ihm, daß es kein Beweis für die Nähe Lindens und der beiden Steinhausener war; ohne Zweifel vermochte ein Gefolgsmann auf seinem Landläufer binnen fünf Tagen eine erheblich weitere Strecke zurückzulegen. Trotzdem zögerte Covenant nicht. Er winkte Hohl zu und kletterte den

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