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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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beide Fäuste in Dins Fell geklammert, um weitmöglichst sicherzugehen.
    Memla hatte Hohl nicht angeboten, das Reittier zu benutzen. Anscheinend hatte sie beschlossen, ihn genauso zu behandeln, wie er es mit ihr tat. Aber Hohl brauchte von keinem Reittier getragen zu werden. Er eilte Din ohne Mühe nach, und durch absolut nichts ließ sich erkennen, ob er überhaupt wußte, was er trieb.
    Covenant ritt wortlos durch den Morgen, sah zu, daß er am Rücken des Landläufers Halt behielt, und trank Vitrim , wann immer die Hitze ihn benommen machte. Doch als Memla nach kurzer Rast um die Mittagszeit den Ritt fortsetzte, verspürte er den Drang, sie zum Reden zu bringen. Er wollte Informationen; die Wildnis seiner Unwissenheit war für ihn etwas Bedrohliches. Umständlich ersuchte er Memla, ihm die Predigt der Sonnengefolgschaft zu erklären. »Die Predigt«, rief sie über die Schulter. »Halbhand, die Zeit, die noch verstreichen muß, bis wir Schwelgenstein erreichen, ist nach Tagen bemessen, nicht nach Monden.«
    »Faß zusammen«, erwiderte er. »Wenn du nicht meinen Tod willst, dann willst du mir helfen. Ich muß wissen, womit ich's zu tun habe.« Sie schwieg. »Anders ausgedrückt«, schnauzte Covenant, »du hast mich belogen.«
    Unvermittelt beugte sich Memla vor, machte eine ruckartige Kopfbewegung und spie über Dins Schulter. Als sie jedoch zu sprechen anfing, klang ihre Stimme maßvoll, beinahe geläutert. »Die Predigt ist von großer Länge und umfangreichen Inhalts, weil sie all das gesammelte Wissen der Sonnengefolgschaft über des Landes Leben sowie über die Mittel zu dessen Bewahrung wider das Sonnenübel umfaßt. Es ist die Aufgabe der Gefolgsleute, diese Kenntnisse im ganzen Lande zu verbreiten, damit die Steinhausen und Holzheime zu überdauern vermögen.« Wahrhaftig , dachte Covenant. Und Menschen um ihres Blutes willen zu verschleppen. »Aber wenig von diesem Wissen ist für dich von Wert«, ergänzte Memla. »Du hast das Land unterm Sonnenübel durchquert, ohne Schaden zu erleiden. Was für einen Nutzen hätte es, dir die Predigt darzulegen? Doch wenn du nach Verstehen trachtest, Halbhand, so gibt's auf alle Fälle eine Sache, die der Träger des Rings aus Weißgold begreifen muß. Nämlich das Dreieck.« Sie holte den Rukh aus ihrem Gewand und zeigte ihn ihm über ihre Schulter. »Die Drei Seiten der Wahrheit. Die Grundlage all unseres Dienens.« Im Takt von Dins Trab begann sie zu singen.
     
    »Drei Tage des Sonnenübels Ungemach:
    Drei Wahrsag' und Predigt verkündet hat.
    Drei Worte der na-Mhoram sprach:
    Drei Seiten hat der Wahrheit Statt.«
     
    »Wie meinst du das, ›drei Tage‹?« hakte Covenant nach, als Memla verstummte und schwieg. »Ist es nicht so, daß sich das Sonnenübel beschleunigt? Hat früher nicht jede Sonne vier oder fünf Tage gedauert, oder sogar mehr?«
    »Freilich, ohne Zweifel«, entgegnete sie ungeduldig. »Doch die Wahrsager haben stets geweissagt, daß es der Sonnengefolgschaft gelingen wird, dem Wechsel des Sonnenübels bei drei Tagen Einhalt zu gebieten – daß die im Laufe vieler Geschlechterfolgen vorangetriebene Erhöhung unserer Macht und die fortgesetzte Beschleunigung des Sonnenübels einander ausgleichen und zu einem Einpendeln bei drei Tagen führen werden, so daß ein Gleichgewicht entsteht. Daher hoffen wir nunmehr, darauf hinwirken zu können, das Gleichgewicht zu unseren Gunsten verschieben, das Sonnenübel endlich vollends verdrängen und beseitigen zu können. Aus diesem Grund wünscht sich der na-Mhoram deinen Beistand. Aber ich habe die Drei Seiten der Wahrheit erwähnt.« Sie sprach mit einem Anflug von Schärfe weiter, ehe Covenant sie erneut unterbrechen konnte. »Deren Kenntnis wirst du gewißlich benötigen. Auf diesen drei Tatsachen steht die gesamte Sonnengefolgschaft, und auf sie stützt jedes Dorf im Lande sein Leben. Erstens: Es gibt im Lande kein Leben und keine Macht, die sich mit dem Sonnenübel messen kann. An Macht und Wirkung übersteigt das Sonnenübel ganz und gar jede andere Gewalt. Zweitens: Kein Sterblicher vermag das Sonnenübel zu ertragen. Ohne beträchtliche Klugheit und Kenntnisse kann niemand darauf hoffen, von der einen zur anderen Sonne zu überstehen. Und ohne Widerstand gegen das Sonnenübel ist alles Leben dem Untergang geweiht. Das Sonnenübel wird, sei's langsam oder geschwind, zur vollständigen Vernichtung führen. Drittens: Keine Macht im Lande ist stark genug, um das Verhängnis abzuwenden, allein die Kraft,

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