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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Im unheimlichen Glutschein erblickte Covenant zum erstenmal die gewölbte Decke. Irgendwie hatten die Riesen es geschafft, künstlerische Darstellungen hineinzubauen, die Szenen aus der Anfangsgeschichte der Riesen des Landes zeigten: Willkommen, Dankbarkeit, Vertrauen. Durch das Feuer wirkten die Abbildungen jedoch befremdlich verzerrt und unheilvoll.
    Covenant biß die Zähne zusammen und schaute nach unten. Eine Bewegung drunten am Feuer erregte seine Aufmerksamkeit. Er sah, daß man aus dem Stein des Fußbodens mehrere Mulden gehöhlt hatte, von denen Rinnen zu dem Loch verliefen, dem die Flammen entsprangen. Eine Gestalt, gekleidet wie die na-Mhoram-Cro, näherte sich einer der Mulden, trug zwei schwere Kübel, entleerte sie in die Mulde. Dunkle Flüssigkeit floß, als sei sie Schwelgensteins Götterblut, durch die Rinne ins Loch. Fast sofort nahm das Bannfeuer eine kräftigere Färbung an, verdunkelte sich beinahe zum Rubinrot von Blut.
    Covenant drohte an Hitze und unbeherrschter Leidenschaft zu ersticken. Das Herz in seiner Brust hatte ein hartes Ringen zu bestehen. Grob drückte er sich an Akkasri und Hohl vorbei und eilte zur nächstbefindlichen Spitze des Meister- Rukh . Die Gefolgsleute, die dort standen, bemerkten ihn nicht; das dumpfe Gebrause der Flammen übertönte die Schritte seiner Stiefel, und die Gefolgsleute widmeten sich ihrer Aufgabe in voller Konzentration. Covenant rüttelte eine der beiden Gestalten an der Schulter, zog sie vom Eisen weg. Der Betroffene war größer als er, eine Verkörperung von Kraft und Entrüstung. Covenant brüllte in das von der Kapuze überschattete Gesicht. »Wo ist Santonin?«
    Die Stimme eines Mannes antwortete, durchs Toben des Bannfeuers kaum vernehmlich. »Ich bin Seher, kein Wahrsager!«
    Covenant packte den Mann an der Robe. »Was ist aus ihm geworden?«
    »Er hat seinen Rukh verloren!« schrie der Gefolgsmann zurück. »Auf das Gebot des na-Mhoram haben wir mit Gründlichkeit nach seinem Verbleib geforscht! Wäre sein Rukh zerstört – wäre er mit dem Rukh in der Hand erschlagen worden –, wüßten wir's. Jeder Rukh steht mit dem Meister- Rukh in Verbindung, die nur abreißt, wenn er in die Hände von Unwissenden fällt. Deshalb muß er überwältigt und beraubt worden sein. Vielleicht hat man ihn danach erschlagen. Das können wir nicht wissen!«
    »Halbhand!« Akkasri faßte Covenants Arm, zog ihn in die Richtung zum Ausgang. Er ließ sich von ihr aus der Heiligen Halle führen. Ihm war von der Hitze und aus blinder Hoffnung benommen zumute. Möglicherweise sagte der Gefolgsmann die Wahrheit; es konnte sein, daß seine Freunde Santonin überwältigt hatten; vielleicht waren sie in Sicherheit. Während die na-Mhoram-Cro das Portal schloß, lehnte Covenant am Außenwall der Halle und atmete mit Gekeuche die wohltuend kühle Luft. Hohl stand in der Nähe, gleichgültig und einsatzbereit wie immer. »Sollen wir in deine Gemächer zurückkehren?« erkundigte sich Akkasri, indem sie Covenant musterte. »Wünschst du dich zu erholen?«
    Er schüttelte den Kopf. Auf keinen Fall wollte er hier jemandem seine Hoffnung preisgeben. Mit einer inneren Anstrengung ordnete er den Wirrwarr seiner Gedanken. »Nein, 's geht mir gut.« Sein Puls widersprach seiner Behauptung; aber er verließ sich darauf, daß die Frau dergleichen nicht bemerken konnte. »Jetzt deine Erklärungen. Ich habe den Meister- Rukh gesehen. Erzähl mir jetzt, wie er funktioniert. Wie ihr das Sonnenübel bekämpft.«
    »Indem wir ihm seine Kraft entziehen«, antwortete sie schlicht. »Wenn man einem See mehr Wasser entnimmt, als seinen Quellen entspringt, wird er sich leeren. Auf diese Weise leisten wir dem Sonnenübel Widerstand. Als der Mhoram das Bannfeuer erstmals entfachte, war es klein und schwach. Doch die Sonnengefolgschaft, Geschlecht um Geschlecht, hat es verstärkt, in unablässigem Trachten nach jenem Tag, da es genug Kraft des Sonnenübels verzehren soll, um es vollends zu beseitigen.«
    Covenant überlegte krampfhaft. »Und was fangt ihr mit dieser ganzen Kraft an? Sie muß ja irgendwo bleiben.«
    »In der Tat. Wir haben vielerlei Bedarf an Kraft, um die Sonnengefolgschaft zu stärken und unser Werk fortzusetzen. Wie du inzwischen weißt, wird viel Kraft von jenen Gefolgsleuten verbraucht, die durchs Land reiten, auf daß sie in einer Art und Weise umherziehen und wirken können, wie kein anderer Mann und kein anderes Weib es ohne abträglichen Verlust von Blut zu tun vermöchten.

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