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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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genauso auf seine Macht wie damals, als er sie erstmals wieder zu neuem Leben erweckt hatte. Diese damalige Tat hatte unausweichlich zu Elenas Untergang und ihrem Verstoß gegen das Gesetz des Todes geführt. Einen Moment lang hegte Covenant Furcht vor dem Krill , fürchtete die Schärfe der Klinge, das Gewicht der Schuld, die darin stak. Er hatte Elena geliebt ... Aber die wilde Magie war ärger. Das Gift in ihm war schlimmer. Über sie hatte er keine Kontrolle.
    »Wie viele ...?« Seine Stimme zerriß das in seiner Kehle angestaute Schweigen. »Wie viele von ihnen habe ich getötet?«
    »Einmal zwanzig und einen, Ur-Lord«, gab Brinn leidenschaftslos aus der Mitte der Nacht Antwort.
    Einundzwanzig? O Gott! Für einen Augenblick meinte Covenant, die Stränge seiner Seele würden reißen, müßten reißen, und das Gefüge seines Ichs würde vollends zerbrechen. Doch da schwoll ein neuer, starker Schub von Energie ihm durch die Brust, und eine weiße Flamme schoß an den Nachthimmel empor. Glimmermere antwortete auf den Ausbruch mit einer Wiederholung. Urplötzlich stand die gesamte Oberfläche des Sees in Flammen. Flammen wirbelten zu einem Strudel, einer Feuersäule auf. Und mitten aus dem Wirbel drang wie zur Erwiderung auf Covenants energetischen Ruf ein lichter weißer Strahl. Der Krill erhob sich aus den Fluten. Hell und makellos schimmerte er im Herzen des Sees – ein langer, zweischneidiger Dolch, der an der Stelle, wo Heft und Griff ineinander übergingen, einen durchscheinenden Edelstein besaß. Sein Leuchten kam aus diesem Stein, es sprach auf Covenants Feuer an, als wären das Juwel und sein Ring Brüder. Der Glanz des Edelsteins, Covenants Glut und Glimmermeres hohe Flammensäule verdrängten die Nacht in den Hintergrund. Noch befand sich der Krill außer Reichweite. Aber Covenant zögerte nicht mehr. Das Schwellen des Wassers, das Gestrudel der Flammen sprachen zu ihm von Dingen, die er verstand: von Schwindelgefühl und Paradoxa, vom Kern der Stabilität im Mittelpunkt der Gegensätze. Er breitete vor den Flammen seine Arme aus und betrat den See.
    Erdkraft trug ihn. Ein Leuchten, das mit seinem eigenen Leuchten in inniger Gemeinschaft stand, umloderte ihn, durchlohte ihn, trug sein Körpergewicht. Indem er wie das Gleiten eines Schattens durch den silberweißen Schimmer schritt, begab er sich hinaus zur Mitte des Glimmermere-Sees. In seiner Schwäche hatte er den Eindruck, die Glut müsse ihn ausbrennen, ihn in eine Asche der Sterblichkeit verwandeln und an den leeren Himmel emporwehen. Der Krill wirkte handfester als das eigene Fleisch; das Eisen schien mehr Bedeutung zu besitzen als seine schwachen Knochen. Doch als er sich vorbeugte und den Krill ergriff, ihn in die Hände nahm, erwies er sich als handhabbar, zeichnete in der Bewegung, als Covenant sich seiner bemächtigte, einen Leuchtstreifen an den Nachthimmel. Covenant legte ihn sich an die Brust und kehrte zurück zu Brinn.
    Nun holte seine Erschöpfung ihn ein. Er vermochte das Gleißen seiner wilden Magie nicht länger zu nähren. Die Fäuste seines Willens lockerten sich und ließen von seiner unerwünschten Macht ab. Sofort begannen Glimmermeres Flammen herabzusinken. Aber der See hielt Covenant weiter aufrecht. Die Erdkraft gewährte ihm das Geschenk ihrer Hilfe, so wie sie einst mit dem gleichen Geschenk auf Berek Halbhands Verzweiflung an den Abhängen des Donnerbergs reagiert hatte. Sie stützte und trug ihn, wich nicht von ihm, bis er in der Dunkelheit ans Ufer taumelte.
    In ihm und ringsherum herrschte Nacht. Seine Augen zeigten ihm nichts als völlige Finsternis, als wären sie ihm aus dem Kopf gesengt worden. Nicht einmal das Geschimmer des Juwels schien noch Helligkeit zu spenden. Nunmehr aller Kräfte bar, konnte er den Krill nicht länger halten. Die Waffe wurde ihm in den Händen heiß, heiß genug, um jene Nerven zu erreichen, die darin noch lebendig waren; er ließ sie auf die Erde fallen, und sie glomm dort wie der letzte Lichtquell auf der ganzen Welt. Stumm kniete sich Covenant daneben, den Rücken Glimmermere zugewandt, als wäre er gedemütigt worden. Er fühlte sich im Land allein und dazu außerstande, bloß mit sich selbst zurechtzukommen.
    Aber er war nicht allein. Brinn riß einen Streifen aus seinem Gewand – einem aus ockerfarbenem Material, das Kalbsleder ähnelte, gefertigten Kleidungsstück – und wickelte den Krill hinein, damit er sich anfassen ließ. Dann berührte er flüchtig und sachte Covenants

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