Das verwundete Land - Covenant 04
bereits von Nässe durchtränkt. Er konzentrierte sich auf die Mühsal, mit der sein Herz sich vom einen zum nächsten Schlag schleppte, und rang um Beherrschung. Nachdem er den Schwächeanfall überwunden hatte, raffte er sich auf und suchte in den Vorräten nach Metheglin .
Brinn und Ceer hatten nur die Hälfte des Proviants retten können; aber Covenant bediente sich reichlich am noch vorhandenen Rest des Metgetränks. Die Zukunft würde selber für sich kämpfen müssen. Er hingegen schwankte an den äußersten Grenzen seiner selbst dahin und wollte nicht fallen. Um ein Haar hätte er wilde Magie angewendet – und damit dem Lauerer verraten, daß die Landläufer nicht die einzige Beute waren, die sich in seiner Reichweite befand. Hätte Linden ihn nicht daran gehindert ... Er empfand das Geniesel auf seiner Haut wie eine Kasteiung. Wäre er nicht von ihr daran gehindert worden, möglicherweise hätten er und seine Gefährten inzwischen das gleiche Schicksal wie Lord Shetra erlitten. Seine Freunde ... Für sie war er ein Gefahrenherd, eine Art von Totenuhr, die sie ständig begleitete. Wie viele von ihnen würden sterben müssen, bevor Lord Fouls Pläne Früchte trugen?
Er trank Metheglin , als habe er einen Brand zu löschen, das Feuer, in dem zu verbrennen sein Geschick ihn verurteilte, das Feuer, das er selbst verkörperte. Leprotiker-Aussätziger-Unrein. Macht und Zweifel. Ihm war, als spüre er, wie das Gift begierig an den Randbereichen seines Verstandes fraß.
Gleichgültig sah er zu, wie die Haruchai aus den verbliebenen Decken provisorische Regendächer aufbauten, damit die Menschen, die sie unter ihren Schutz genommen hatten, nicht im Regen zu liegen brauchten. Als Linden empfahl, daß Sunder und Hollian sich zur Ruhe begeben sollten, streckte Covenant sich ebenfalls aus.
In der Morgenfrühe erwachte er mit ziemlich benommenem Schädel. Die beiden Frauen schliefen noch – Linden lag da wie eine Mißhandelte, die feuchten Haare klebten in ihrem Gesicht –, doch Sunder war bereits aufgestanden. Es hatte zu regnen aufgehört. Sunder schlenderte langsam durchs Gras hin und her, ging mit seinen Rippen vorsichtig um. Die Zerfurchtheit seiner Stirn spiegelte tiefe Konzentration oder Schmerzen wider.
Covenant verließ den längst klatschnassen Unterschlupf und schlurfte zu den Vorräten, um einen Schluck Wasser zu trinken. Danach gesellte er sich, weil er das Bedürfnis nach Gesellschaft verspürte, zu dem Steinmeister. Sunder begrüßte ihn mit einem Nicken. Die Falten über seiner Nase schienen seine Sicht zu behindern. Covenant erwartete, er werde etwas über den Rukh oder die Landläufer sagen; aber Sunder schwieg davon. »Covenant«, meinte er statt dessen leise und bedrückt, »die Sarangrave mißbehagt mir ungemein. Ist ohne das Sonnenübel alles Leben so wie sie?«
Bei diesem Gedanken zog Covenant die Schultern ein. Er erinnerte ihn an Andelain. Das Land war wie die Toten; nur in Andelain lebte es noch, solange das Sonnenübel – zumindest für einige Zeit – dort nichts verunreinigen oder entstellen konnte. Er entsann sich an Caer-Caverals Lied.
»Solang ich's kann, lausch ich dem Ruf
Von Grün und Baum. Auf ihr Geheiß
Richt' ich des Gesetzes Schwert wider all den Erdenkreis.«
Die Erinnerung an das Klagende jenes Gesangs rief in Covenant von neuem Gram und alten Zorn wach. War er nicht Thomas Covenant, der den Verächter schon einmal geschlagen und Fouls Hort ins Meer gestürzt hatte? »Wenn's sein muß«, gab er selber sich Antwort, »reiß' ich dem Halunken das Herz aus dem Leib.« Sein Tonfall sprach von Trauer und Gift.
»Ist Haß eine so gute Sache?« entgegnete der Steinmeister versonnen. »Und hätten wir dann nicht zu Schwelgenstein verbleiben und den Kampf mit der Sonnengefolgschaft aufnehmen sollen?«
Covenants Zunge versuchte sich mit einer Erwiderung; doch Erinnerungen lähmten sie. Unvermutet sah er vor sich den Wütrich Turiya in der Gestalt Triocks, des Steinhauseners, der Lena geliebt hatte. Nur jene, die hassen, sind unsterblich , hörte er den Wütrich sagen. Covenants Grimm verebbte. Haß? Mit einiger Anstrengung nahm er sich zusammen. »Nein. Was auch geschehen mag, meine Hände sind schon mit viel zuviel unschuldigem Blut besudelt.«
»Ich höre und verstehe deine Worte«, antwortete Sunder kaum vernehmlich. In seinen Augen standen Bilder seiner Frau und seines Sohnes; er verstand Covenants Weigerung nicht ohne Grund.
Durch die Bäume begann schräg
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