Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
entsprungen, hatten während ihrer ausgedehnten Fahrten den Kontakt zu Heimat und Volk verloren. Deshalb errichteten sie an der Wasserkante eine neue Niederlassung, die sie jahrhundertelang bewohnt hatten, bis drei ihrer stolzen Söhne der Gewalt der Wütriche unterlagen, sich in Diener des Verächters verwandelten. Darum hatten sie sich niedermachen lassen, statt das Dasein eines Geschlechts zu verlängern, das zu dem werden konnte, was es haßte. Covenant weinte um sie, um den Verlust von soviel Treue und Liebe. Er weinte um Schaumfolger, dessen Tod mit einem solchen Maß an Tapferkeit einhergegangen war, daß niemand die Hoffnung hegen durfte, ihm jemals nacheifern zu können. Er weinte, weil der Riese, den er nun vor sich stehen sah, keiner der Entwurzelten sein konnte, keiner jener Riesen, die er so zu schätzen gelernt hatte; und er weinte, weil es – trotz allem – noch immer Riesen in der Welt gab. Er wußte nicht, daß er laut weinte, bis Hollian ihn anfaßte. »Ur-Lord, was bekümmert dich?«
    »Riese«, rief Covenant. »Kennst du mich nicht?« Er torkelte an Linden vorüber und zu der übergroßen Gestalt. »Ich bin Thomas Covenant!«
    »Thomas Covenant.« Der Riese sprach wie das Murmeln eines Berges. Mit sanftmütiger Höflichkeit, als rühre ihn der Anblick von Covenants Tränen, vollführte er eine Verbeugung. »Es ehrt mich, deinen Namen zu erfahren. Ich grüße dich als einen Freund, auch wenn's mich sonderlich anmutet, in einem so trostlosen Landstrich Freunden zu begegnen. Ich bin Grimme Blankehans.« Sein Blick erforschte Covenant. »Doch mich bestürzt dein Wissen. Mich dünkt, du hast Riesen gekannt, Riesen, die nie zurückgekehrt sind, um ihrem Volk die Geschichte ihrer Fahrt zu erzählen.«
    »Nein«, stöhnte Covenant. »Ja.« Nie zurückgekehrt? Sie konnten es ja nicht. Sie hatten sich verirrt, und später sind sie hingemordet worden. »Ich habe dir soviel zu berichten.«
    »Zu anderer Zeit«, brummte Blankehans, »wäre mir eine lange Geschichte willkommen, wie traurig sie auch sein mag. Wir Sucher sind an Geschichten verarmt. Aber uns naht sich Gefahr. Sicherlich habt ihr die Skest bemerkt? Zu unserem Unglück sind wir mit dem Hals in eine Schlinge geraten. Es ist an der Zeit zum Kampf oder geschickten Entweichen, nicht zum Erzählen von Geschichten.«
    »Skest?« wiederholte Sunder mit durch den Schmerz in seiner Brust hervorgequetschter Stimme. »Sprichst du von den Säuregeschöpfen, die Kindlein aus glutvollem Smaragd gleichen?«
    »Grimme Blankehans.« Brinn sprach, als wäre Sunder nicht anwesend. »Die Geschichte, welche der Ur-Lord erwähnt hat, ist auch uns geläufig. Ich bin Brinn von den Haruchai . Ferner siehst du hier von unserem Volke Cail, Stell, Harn, Ceer und Hergrom. Ich nenne dir unsere Namen im Gedenken an eine stolze Überlieferung.« Er erwiderte Blankehans' Blick. »Riese«, fügte er leise hinzu, »du bist nicht allein.«
    Covenant achtete weder auf Brinn noch auf Sunder. Unwillkürlich, sich nur halb darüber im klaren, was er tat, streckte er einen Arm empor und berührte die Hand des Riesen, um sich dessen zu vergewissern, daß Blankehans nicht etwa bloß ein Gebilde aus Silberglanz und Trauer war, ein von seinem verstörten Hirn fabriziertes Trugbild. Aber seine Hände waren gefühllos, für immer abgestorben. Es kostete ihn alle Anstrengung, seinen Gram zu meistern. Der Riese musterte ihn voller Mitgefühl. »Gewißlich ist die Geschichte, welche du zu berichten wünschst«, sagte er gedämpft, »eine Geschichte großen Jammers. Ich werde sie anhören, sobald die Zeit es erlaubt.« Er wandte sich ruckartig ab. »Brinn von den Haruchai , deinen Namen und die Namen deiner Männer zu vernehmen, ehrt mich. Der angemessene und feierliche Austausch von Namen und Geschichten ist ein Vergnügen, für das auch uns gegenwärtig die Zeit mangelt. In der Tat, ich bin nicht allein.« Er wandte den Kopf. »Kommt«, rief er über die Schulter.
    Auf diesen Zuruf hin traten drei weitere Riesen aus der Dunkelheit der Bäume und kamen herüber. Der erste Riese, der Blankehans' Seite erreichte, war eine Frau. Sie war von herber Schönheit; ihr Haar ähnelte feiner Drahtwolle, und ihre Miene spiegelte ernste Zielstrebigkeit wider. Obwohl sie schlanker und etwas kleiner war als Blankehans, war sie ausgerüstet wie eine Kriegerin. Sie trug einen Brustpanzer und Beinkleider aus Kettengliedern sowie Armschienen; an ihrem Gürtel baumelte ein Helm, um ihre Schultern hing ein runder

Weitere Kostenlose Bücher