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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Glut vor sich hin, als wäre sie eine Frau, die Mut brauchte und sich lediglich darauf verstand, nur allein welchen zu finden. »Ich kann nicht unters Sonnenübel zurück«, erklärte sie dann. Ihr Geflüster war kaum vernehmlich. »Ich kann's nicht.«
    Du wirst es nicht zu tun brauchen , wollte Covenant erwidern. Doch das war eine Zusage, die zu geben er sich fürchtete. Was du suchst , hatte Mhoram ihn in Andelain gewarnt, ist nicht, was es zu sein scheint. Am Ende mußt du ins Land zurückkehren. Ist nicht ...? Nicht der Einholzbaum? Der Stab des Gesetzes? Diese Überlegungen vertrieben ihn von Lindens Seite; er vermochte sich ihnen nicht zu stellen. Wie ein Feigling schlurfte er wieder zu seinen Decken. Er lag da, geschmiegt an die eigene innere Anspannung, bis die Müdigkeit ihn von neuem in Schlaf sinken ließ.
     
    Am folgenden Morgen, während der Sonnenaufgang noch ausstand, die Sonne noch verführerisch hinter den Hügeln glomm, stiegen die Gefährten hinauf zur Wasserkante. Trotz Covenants Mattigkeit erklommen sie die Steigung mit beträchtlichem Schwung, und als sie oben waren, standen sie auf der Höhe und schauten in die morgendliche Dämmerung und den weitflächigen Landstrich aus, in dem Salzherz Schaumfolger daheim gewesen war; kühler Wind wehte ihnen ins Gesicht; und im makellosen Licht der Morgenfrühe erkannten sie, daß der Herbst ins zauberhafte Land der Wasserkante Einzug gehalten hatte. Unterhalb ihres Standorts sahen sie Haine den Rundungen der Hügel folgen: Eiche, Ahorn und Platane, deren Blattwerk sich herbstlich zu färben anfing; Güldenblattbäume ragten in herrlicher Pracht empor. Und jenseits der Gehölze erstreckten sich gewelltes Grasland und üppiges Grün wie die letzten Schönheiten des Sommers.
    Covenant, der die Wasserkante zum erstenmal sah – das erste Mal, seit er Andelain verlassen hatte, wieder etwas erblickte, das sich durch Schönheit und Gesundheit auszeichnete –, fühlte sich sonderbar ausgehöhlt und von allem losgelöst. Wesentliche Teile seines Innenlebens schienen abgestorben zu sein. Der Ring hing schwer an seiner Halbhand, als hätte er, als man ihm die zwei Finger amputierte, auch die Antwort auf seine Zweifel an sich selbst verloren. Zu Schwelgenstein tötete man Tag für Tag unschuldige Männer und Frauen, um das Sonnenfeuer zu nähren. Solange man dies Verbrechen betrieb, konnte keine Gesundheit in aller Welt für ihn irgendeinen Unterschied ausmachen. Allerdings befremdete es ihn ein wenig, daß sich Sunder und Hollian allem Anschein nach über das, was sie sahen, nicht freuten. Sie betrachteten die frühherbstliche Landschaft, als läge vor ihnen Andelain – ein Sirenengesang, verlockend und falsch, verborgener Wahnsinn. Sie hatten gelernt, sich von der natürlichen Schönheit der Erde bedroht zu fühlen. Sie wußten nicht, wer sie in einer solchen Umgebung waren; mit dem Sonnenübel hatte Lord Foul mehr erreicht als nur das Verderben der Natur. Er hatte Menschen wie diese Steinhausener der schlichten menschlichen Fähigkeit beraubt, sich durch Schönes rühren zu lassen. Abermals sah Covenant sich gezwungenermaßen dazu veranlaßt, sie mit Leprotikern zu vergleichen.
    Alle anderen jedoch waren merklich erfreut über den Ausblick, der sich bot. Wohlgefallen milderte die übliche Ruppigkeit der Ersten; Pechnase lachte leise vor sich hin, als könne er sein Vergnügen unmöglich für sich behalten; sogar Seeträumers Grämlichkeit wich ein wenig, so daß er sich zu einem Lächeln imstande fühlte. Die Haruchai richteten sich etwas höher auf, als nähmen sie in Gedanken – in Erinnerung an die Treue, die einst an der Wasserkante gewohnt, das Unheil, das sie heimgesucht hatte – eine Habachthaltung ein. Und Linden schaute in den Sonnenaufgang, als gäbe dieser Herbst ihr eine gewisse Entschädigung für ihre persönliche, unglückliche Lage. Nur Hohl zeigte keine Reaktion. Der Dämondim-Sproß scherte sich anscheinend um nichts unter irgendeiner Sonne.
    Schließlich beendete die Erste das allgemeine Schweigen. »Laßt uns den Weg fortsetzen. Mein Herz hat ein starkes Verlangen, diese Stadt zu sehen, die von Riesen Herzeleid genannt worden ist.«
    Pechnase ließ ein Lachen vernehmen, das wie der Schrei eines Turmfalken klang, seltsam einsam und doch wohlgemut. Mit seinen Schaukelschritten entfernte er sich hinaus in den Morgen. Ceer und Hergrom folgten ihm. Die Erste schloß sich an. Seeträumer setzte sich in Bewegung, als würde ein Koloß verschoben,

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