Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
wodurch er sie hätte zugänglicher machen können. »Wie steht's mit deinem Bein?« fragte er schließlich versuchsweise nach.
    Ihr Flüstern drang aus der Dunkelheit wie eine Stimme aus einer anderen Welt. »Jetzt weiß ich, wie Lena zumute gewesen sein muß.« Lena? Überraschung und Scham bewirkten, daß Covenant kein Wort herausbrachte. Er hatte ihr sein Verbrechen gestanden, als sie davon gar nichts hatte hören wollen. Welche Bedeutung besaß es jetzt für sie? »Du hast sie vergewaltigt. Aber sie hat an dich geglaubt und es deshalb durchgehen lassen. Genauso verhält's sich bei mir.«
    Sie verstummte. Er wartete einen langen Moment. »Erklär's mir«, bat er dann in barschem Murmeln.
    »Fast alles, was ich sehe, ist wie Vergewaltigung.« Sie sprach so leise, daß es ihn Mühe kostete, sie zu verstehen. »Das Sonnenübel. Die Sarangrave. Und es war so, als der Wütrich mich berührt hat. Da hatte ich das Gefühl, als wäre das Sonnenübel in meinem Innern. Ich begreife nicht, wie du mit dem Gift in dir leben kannst. Manchmal kann ich nicht einmal deinen Anblick ertragen. Die Berührung des Wütrichs hat alles, was in mir war, zunichte gemacht. Mein halbes Leben habe ich damit verbracht, Ärztin zu werden. Aber als ich Joan gesehen habe, war ich derartig entsetzt ... Ich konnte es nicht ertragen. Ich hatte den Eindruck, mein Leben sei eine Lüge. Das ist der Grund, warum ich dir gefolgt bin. Der Wütrich ... das war wie die Begegnung mit Joan, nur tausendmal schlimmer. Davor konnte ich zumindest mit dem leben, was ich sah – das Sonnenübel, seine Folgen für das Land –, weil ich davon ausgegangen war, das alles sei wie eine Krankheit. Aber als er mich angefaßt hat, ist alles in mir zu Schlechtem geworden. Mein ganzes Leben. Genauso muß Lena sich gefühlt haben.« Covenant verklammerte seine Hände ineinander und wartete. Nach einem Weilchen sprach Linden weiter. »Mein Fuß heilt. Ich spür's. Als er gebrochen war, konnte ich sein Inneres wahrnehmen, ich habe gesehen, was getan werden, wie man die Knochen richten mußte. Ich habe es gemerkt, als sie wieder richtig saßen. Und jetzt kann ich fühlen, wie sie heilen. Sie wachsen so zusammen, wie sie's müssen. Das Gewebe, die Blutgefäße und Nerven ...« Sie schwieg für einen Augenblick, als könne sie all ihre Empfindungen gar nicht in diesem Flüsterton zusammenfassen. »Und der Diamondraught beschleunigt den Heilungsprozeß. In ein paar Tagen werde ich wieder laufen können.« Sie wandte sich ihm zu. »Lena muß das alles auf vergleichbare Weise empfunden haben. Sonst wäre sie nicht dazu imstande gewesen, dich einfach davonkommen zu lassen. Covenant ...« Ihr Tonfall bat ihn um Verständnis. »Ich muß heilen. Ich muß. Deshalb bin ich Ärztin geworden, und darum kann ich all das Schlechte hier nicht verkraften. Es ist etwas, das ich nicht heilen kann. Ich kann keine Seelen heilen. Und ich kann auch nicht mich selbst heilen.«
    Covenant hätte sie gerne verstanden, er verspürte den Wunsch, sie zu begreifen. Ihre Augen spiegelten die restliche Glut des Lagerfeuers wider wie ein Nachhall von Flehentlichkeit. Doch er wußte so wenig darüber, wer sie war, wie sie zu einer solchen Person geworden war. Vordergründig jedoch sah er ihren Notstand deutlich genug. Mühselig würgte er seine Unsicherheit, seine Furcht hinab. »Der Einholzbaum«, sagte er gedämpft. »Wir werden ihn finden. Die Riesen wissen, wen man fragen kann, wo er steht. Dann werden wir einen neuen Stab des Gesetzes anfertigen. Danach wirst du zurückkehren können. Irgendwie.«
    Linden schaute fort, als wäre das nicht die Antwort, auf die es ihr ankam. »Glaubst du«, erkundigte sie sich nichtsdestotrotz, »die Riesen werden uns helfen? Seeträumer jedenfalls will's nicht. Ich merk's ihm an. Seine Erd-Sicht ist ähnlich wie meine Wahrnehmung. Aber sie ist ständig in ihm da. Entfernung hat darauf keinen Einfluß. Das Sonnenübel frißt ständig an seinem Innern. Er will es ausfindig machen. Es bekämpfen. Das beenden, was mit ihm geschieht. Und die Erste vertraut ihm völlig. Meinst du, daß du sie überreden kannst?«
    »Ja.« Welche andere Antwort hätte er ihr bieten können? Er machte Versprechungen, von denen er nicht wußte, wie er sie halten sollte, weil er nichts anderes vorzuweisen hatte. »Sie wird sich vermutlich nicht gerne darauf einlassen. Aber mir wird was einfallen, um sie zu überzeugen.«
    Linden nickte wie zu sich selbst. Eine Zeitlang schwieg sie, sann still an der

Weitere Kostenlose Bücher