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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wollte leben. Die Vorstellung, daß diese Stimme mit ihm Schindluder trieb, vermochte er nicht auszuhalten. Aber das Messer hatte ihn zu tief getroffen; die Wunde war von vollendeter Wirkung. Taubheit kroch durch Covenant, und das rote Feuer wich Nebelschwaden. Er spürte seinen Puls nicht mehr, seine Lungen besannen sich nicht länger aufs Atmen. Er konnte nicht ...
    Inmitten der Nebelgespinste erinnerte er sich an Linden Avery. Hölle und Verdammnis! Sie war ihm gefolgt, obwohl er sie gewarnt hatte – trotz der Tatsache gewarnt, daß sie offensichtlich auserwählt worden war, um eine wesentliche Rolle zu spielen. Innerlich war er, was sie betraf, so zerrissen gewesen – ihr Auftauchen hatte seinem Dilemma eine schwer verkraftbare neue Wendung gegeben, und sie hatte ihn mit ihrer Entschlossenheit, in Angelegenheiten mitzumischen, die sie nicht begreifen konnte, verdrossen und in Wut versetzt. Und doch war sie innerhalb von zehn Jahren die einzige Frau, der er begegnete, die sich nicht vor ihm fürchtete. Sie war neben ihm hingestürzt, nachdem sie versucht hatte, ihm das Leben zu retten. Der Mann hatte sie geschlagen; und das Feuer sie erfaßt, als es nach ihm griff. Wenn sie mit ihm ins Land geriet ...! Natürlich, das war der Fall. Wofür hätte der Alte sie sonst ausgewählt haben sollen? Aber sie besaß weder genug Wissen noch Macht, um sich verteidigen zu können, ihr fehlte es sogar an den Voraussetzungen, um zu verstehen, was mit ihr geschah.
    Blindwütig kämpfte Covenant gegen die Gefühllosigkeit an, entbot der Stimme Widerstand. Linden hatte sein Leben zu retten versucht. Er konnte sie ihrem Verhängnis nicht allein überlassen. Grimm über die Grausamkeit ihres Schicksals erfüllte sein Herz. Zur Hölle! tobte er. So etwas kann man doch nicht machen!
    Urplötzlich brach aus ihm ein Auflohen von Feuer, eine weiße Flamme, das Feuer seiner inneren Not. Es konzentrierte sich in der vom Dolch zugefügten Wunde, stach mit einem Sengen durch seine Brust wie eine Verherrlichung; oder wie eine Kauterisation. Hitze drang auf sein Herz ein, seine Lungen, seine halbierte Hand. Sein Körper bäumte sich aus Zorn und Schmerz auf.
    Im nächsten Augenblick war die Krise vorüber. Merkliche Erleichterung durchströmte ihn. Der Schmerz wich, ließ ihn matt, während er keuchte, auf dem Stein zurück. Bosheit strudelte durch den Nebel, der ihn umgab, doch er tastete ihn nicht an.
    »Ah, du bist noch voller Trotz«, höhnte die Stimme, in ihrer Geringschätzung so persönlich, daß sie aus seinem eigenen Bewußtsein hätte zu ihm dringen können statt aus der mit Weihrauch geschwängerten Luft. »Weit trotziger, als ich es in meinen teuersten Wünschen anzustreben vermöchte. Mit einem Schlag hast du deinen Untergang besiegelt. Mein Wille gebietet nun über dich, und du bist verloren. Kriecher!«
    Covenant zuckte unter der Gehässigkeit der Worte zusammen. Lord Foul!
    »Mißfällt dir der Titel, den ich dir verliehen habe?« Der Verächter sprach leise, kaum lauter als im Flüsterton; doch seine gemäßigte Lautstärke unterstrich seinen heftigen Haß lediglich. »Du wirst ihm voll und ganz gerecht werden. Nie zuvor bist du vollständiger mein gewesen. Du glaubst, dem Tode nahe gewesen zu sein. Das ist falsch, Kriecher! Dir würde ich nicht gestatten zu sterben. Dein Leben wird mir weit besser dienlich sein.«
    Covenant wollte nach dem Nebel schlagen, ihn verscheuchen. Doch er war zu schwach. Er lag auf dem Stein, als wären seine Gliedmaßen ausgeblutet. Es kostete ihn bereits alle Willenskraft, mühselig nur die Stimme zu erheben. »Ich kann's nicht glauben«, röchelte er heiser. »Du kannst nicht blödsinnig genug sein, um's noch einmal zu versuchen.«
    »Ach, du glaubst es nicht«, spottete Lord Foul. »Dann zweifle getrost daran. Bezweifle es, und ich werde dir die Seele selbst aus dem Leibe reißen!«
    Nein! begehrte Covenant stumm auf. Ich hatte zehn Jahre Zeit, um zu begreifen, was das letzte Mal geschehen ist. So brauchst du mir nicht noch einmal zu kommen.
    »Du wirst vor mir kriechen«, verhieß der Verächter, »und darin Freude finden. Dein einstiger Sieg über mich war ein Nichts. Er hat meinen Zwecken gut gedient. Die Pläne, welche ich im Zustand meiner Qual geschmiedet habe, beginnen nunmehr Früchte zu tragen. Die Welt ist nicht wie einst. Die Zeit hat Wandlungen beschert. Du hast dich gewandelt, Zweifler.« Der Nebel machte die Bezeichnung Zweifler zu einem Inbegriff unüberbietbarer Verachtung. »Du

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