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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sich verbrannt. »Ach, du behäufst mich mit verdienter Schmach, Ur-Lord! Ich kenne den Weg. Ich muß für meine Zweifel Wiedergutmachung erbringen.« Ehe Linden oder Covenant ihn aufhalten konnten, lief er hinaus in den Regen.
    Linden wollte ihm folgen; doch Covenant hielt sie zurück. Am Nachthimmel zuckten Blitze. In ihrem Leuchten sah man Nassic wie einen Rasenden zur Mündung des Tals torkeln. Dann krachten Donner und Finsternis herab, und er verschwand, als wäre er ausgetilgt worden. »Lassen Sie ihn gehen«, meinte Covenant und seufzte. »Wenn wir ihm nachlaufen, fallen wir wahrscheinlich bloß irgendwo die Klippe hinunter.« Er gab Linden erst frei als sie nickte. Dann begab er sich müde an den Kamin.
    Linden kam zu ihm. Als er seinen Rücken an den Kamin lehnte, trat sie vor ihn. Die Nässe ihres Haars verdüsterte ihr Gesicht, betonte die Falten zwischen ihren Brauen, beiderseits neben ihrem Mund. Er rechnete mit Ärger, Aufbegehren, irgendeinem Ausbruch gegen die Unerträglichkeit ihrer Situation. Aber als sie den Mund öffnete, klang ihre Stimme ausdrucksarm und beherrscht. »Hier ist's anders, als Sie erwartet haben.«
    »Ja.« Covenant verwünschte sich selbst, weil er sich nicht aus der bitterlichen Enttäuschung emporzuringen vermochte. »Allerdings. Irgend etwas Schreckliches ist geschehen.«
    Linden ließ sich damit nicht abspeisen. »Wie kann das sein? Sie haben gesagt, Sie wären hier das letzte Mal vor zehn Jahren gewesen. Was kann denn innerhalb von zehn Jahren passieren?«
    Ihre Fragen erinnerten Covenant daran, daß er ihr gegenüber noch nichts von Lord Fouls Prophezeiung erwähnt hatte. Aber jetzt war dafür nicht der richtige Zeitpunkt; sie hatte noch zu viele Unbegreiflichkeiten zu verkraften. »Zehn Jahre in unserer Welt.« Aus Rücksicht auf sie sagte er nicht: in der realen Welt . »Hier läuft die Zeit anders ab. Sie vergeht schneller ... ungefähr so, wie Träume nur wenige Sekunden dauern. Ich bin ...« Es fiel ihm schwer, Lindens Blick standzuhalten; sogar die Kenntnisse, die er ihr voraus hatte, empfand er als Schande. »Ich bin tatsächlich schon dreimal hier gewesen. Jedesmal war ich ein paar Stunden lang bewußtlos, aber hier sind währenddessen Monate vergangen. Zehn Jahre für mich, das heißt also ... Oh, Hölle und Verdammnis!« Zwanzig Jahrhunderte lang , hatte der Verächter gesagt. Fast noch einmal so viele Jahrhunderte. »Wenn die Proportionen unverändert geblieben sind, ist die Rede von drei- oder viertausend Jahren.«
    Linden nahm die Auskunft hin, als sei sie lediglich eine weitere Einzelheit, die allem Rationalen widersprach. »Na, und was kann sich mittlerweile ereignet haben? Was ist so wichtig an dieser Heilerde?«
    Am liebsten hätte Covenant sein Gesicht bedeckt, seine Pein verborgen; er fühlte sich der erneuten Aufmerksamkeit von Lindens besonderem Wahrnehmungsvermögen zu sehr ausgeliefert. »Die Heilerde war eine spezielle Art von lehmiger Erde, die heilen konnte ... so gut wie alles heilen.« Zweimal während seiner Aufenthalte im Land hatte sie seine Lepra geheilt. Aber er scheute das gesamte Thema des Heilens. Wenn er Linden erzählte, was die Heilerde in der Vergangenheit an ihm bewirkt hatte, mußte er ihr auch erklären, weshalb sie ihn nicht auf Dauer hatte gesundmachen können. Er würde ihr erläutern müssen, daß das Land eine materiell eigenständige Existenz besaß – es keine feststellbare Verbindung zu ihrer Welt aufwies. Die Heilung der Stichwunde in seiner Brust bedeutete gar nichts. Sobald sie beide das Bewußtsein zurückerlangten, würden sie sich in ihrer Welt in völliger körperlicher Kontinuität wiederfinden. Alles würde genauso wie vorher sein.
    Und wenn sie nicht beide bald wieder zu Bewußtsein kamen, würde sie keine Zeit zur Behandlung seiner Wunde erhalten.
    Aber weil sie ohnehin solchen Belastungen ausgesetzt war, ersparte er ihr diese Erkenntnis. Nichtsdestotrotz konnte er seine Bitterkeit nicht verhehlen. »Das ist aber nicht das Wesentliche, um das es geht. Sehen Sie da.« Er zeigte in den Kamin. »Qualm. Asche. Die Menschen, die ich hier früher kannte, haben nie Feuer benutzt, das Holz verbrannte. Sie hatten so was nicht nötig. Für sie war alles rings um sie – Holz, Wasser, Stein, Fleisch, jeder Bestandteil der physischen Welt – mit etwas erfüllt, das sie Erdkraft nannten. Der Kraft des Lebens. Sie konnten Feuer entfachen – oder Boote flußaufwärts lenken, Botschaften übermitteln –, indem sie sich der im

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