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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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unerfreuliche Strecke; nach kurzer Zeit jedoch gelangten sie auf ebenen Untergrund, etwas später allerdings wieder auf ein Gefälle. Nicht lange, und sie betraten einen weitläufigen, steilen Abhang – die Ostseite des Mithiltals. Drunten in der Ferne ließ sich schwach erkennen, daß das Tal sich keilförmig nach Norden ausdehnte und dort an eine Ebene grenzte. Das besonders tiefe Schwarz längs der Mitte des Tals mußte der Fluß sein. Neben dem Fluß, etwas weiter rechts, sah man eine Ansammlung winziger Lichtlein.
    »Steinhausen Mithil«, sagte Covenant leise. Dann aber zwang ihn ein Schwindelanfall, zur linken Seite zu gehen und einen kaum sichtbaren Pfad zu nehmen. Er vermochte seine Erinnerung an den Zeitpunkt, als er diesen Pfad zusammen mit Lena beschritten hatte, nicht zu verscheuchen. Solange er Linden das, woran er sich erinnerte, was er getan hatte, nicht offenbarte, konnte sie nicht wissen, wer er war, würde sie dazu außerstande bleiben zu entscheiden, in welcher Beziehung sie zu ihm zu stehen wünschte. Oder zum Land. Sie mußte sein Verhältnis zum Land begreifen. Er brauchte ihre Unterstützung, ihre Fähigkeiten, ihre Kraft. Weshalb sollte sie sonst auserwählt worden sein?
    Kalte, durchdringende Feuchtigkeit machte die Luft dunstig; doch die Mühe des Laufens hielt Covenant warm. Und der Pfad erwies sich, indem er sich der Tiefe des Tals näherte, als zusehends weniger heikel. Als sich der Mond über die Gipfel der Berge erhob, verzichtete Covenant auf seine so umständliche Vorsicht. Statt dessen trachtete er danach, genug Mut zu sammeln, um Linden sagen zu können, was er ihr sagen mußte.
    Nach einiger Zeit bog der Pfad von den Hängen ab und verlief durch eine Kurve, um an den Fluß zu stoßen und neben ihm weiter in die Richtung der Ebenen zu führen. Dann und wann sah Covenant heimlich Linden an, fragte sich, woher sie diese Zähigkeit und Klugheit oder verzweifelte Tollkühnheit erworben haben mochte, die sie dazu befähigte oder trieb, ihn mit solcher Entschiedenheit zu begleiten. Er begehrte dringlich das Vermögen, ihr die Wahrheit sagen zu können, zu klären, ob ihre Ernsthaftigkeit einer Überzeugung oder bloß reiner Furcht entstammte. Sie glaubte nicht an das Böse. Er besaß keine Wahl; er mußte es ihr sagen.
    Während er sich mit innerlichem Schelten dazu zwang, faßte er nach Lindens Arm, veranlaßte sie zum Stehenbleiben. Sie sah ihn an. »Linden ...« Im Mondschein wirkte sie wie aus Alabaster – bleich und unantastbar. Covenants Mund zuckte. »Es gibt etwas, das ich Ihnen sagen muß.« Er hatte das Gefühl, sein Gesicht bestünde aus altem Granit. »Ehe wir weiterlaufen.« Schmerz ließ seine Stimme zu einem Flüstern herabsinken. »Als ich zum erstenmal hier war, bin ich einem Mädchen begegnet. Lena. Sie war kaum mehr als ein Kind ... aber freundschaftlich zu mir eingestellt. Sie hat dafür gesorgt, daß ich droben auf dem Kevinsblick, als ich vor lauter Grausen so aus dem Häuschen war, daß ich dadurch hätte umkommen können, am Leben blieb.« Seine langjährige Einsamkeit wehrte sich gegen seine Selbstanschuldigung. »Ich habe sie vergewaltigt.«
    Linden starrte ihm ins Gesicht. Lautlos bewegten sich ihre Lippen: Vergewaltigt ...? Covenant konnte sehen, wie er sich in ihren Augen in ein Scheusal verwandelte.
    Er merkte nichts von dem Schatten über ihren Köpfen, nichts warnte ihn vor der Gefahr, ehe das Netz über sie beide fiel, sich augenblicklich um sie zusammenzog. Aus der Dunkelheit ringsherum sprangen Gestalten. Einer der Angreifer schlug ihnen etwas in die Gesichter, das platzte und stank wie faule Melone. Dann blieb Covenant der Atem weg. Er sackte nieder, Linden in seinen Armen, als wären sie Liebende.

6
     

Der Steinmeister
     
     
    Covenant erwachte mit Schrecken, mit Matsch im Gesicht, der ihn zu ersticken drohte, und er bemühte sich, die Arme zu bewegen und den Dreck abzuwischen. Aber ihm waren die Hände auf den Rücken gefesselt. Für einen Moment röchelte er hilflos, bis er feststellte, daß er atmen konnte. Die trockene, kühle Luft fuhr ihm harsch in die Lungen. Aber er genoß sie. Nach und nach verdrängte sie seine Übelkeit.
    »Sie sind gesund und unversehrt«, hörte er irgendwo in der Nähe Linden sagen. »Man muß uns mit irgendeiner Art von Betäubungsmittel überwältigt haben. Es ist wie Äther ... es wird einem davon schlecht. Aber das geht vorbei. Ich glaube, wir haben keinen Schaden genommen.«
    Covenant verschnaufte für ein

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