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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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trostlos. Und außer mit Unheil hatte er ihre Freundschaft mit kaum etwas vergolten. Falls sich überhaupt noch jemand an ihn erinnerte, wäre es gerechtfertigt, hätte man nur das Unheil in Erinnerung behalten.
    Mit einer plötzlichen Anwandlung von Übelkeit sah er ein, er würde Linden erzählen müssen, was er dem Steinhausen Mithil, was er Lena, Atiarans Tochter, angetan hatte. Die Ärztin war seit zehn Jahren die einzige Frau, die ihn nicht fürchtete. Und sie hatte sein Leben zu retten versucht. Welche weitere Sicherheit gegen seine Person könnte er ihr bieten? Doch ihm fehlte der Mut. Ihm gingen die Worte durch den Kopf, die er zu gebrauchen gedachte, aber er vermochte sie nicht auszusprechen. Um Lindens Blick zu fliehen, stapfte er schroff an ihr vorüber und verließ Nassics steinerne Hütte.
    Die Nacht glich einem Gewölbe aus Kristall. Alle Wolken waren verschwunden. Die Luft war kalt und stach auf der Haut; in der makellosen Weite glitzerten Sterne wie Splitter zerschellter Freude. Sie spendeten eine gewisse Helligkeit. Covenant konnte unter den düsteren Umrissen der Berggipfel den angeschwollenen Bach die Ausdehnung des Tals durchströmen sehen. Er folgte seinem Verlauf; an diesen Teil des Weges entsann er sich noch deutlich genug. Aber nach einer Weile verlangsamte er seinen Schritt, als er merkte, daß Linden sich ihm nicht angeschlossen hatte.
    »Covenant!« Ihr Schrei durchbrach die Stille der Nacht. Von den Hängen hallten Echos wider.
    In rücksichtslosem Lauf kehrte Covenant zu ihr zurück. Linden kniete auf einem Trümmerhaufen, der sich neben dem Haus wie ein Hügelgrab erhob – den zerbrochenen Überresten des Heiligtums, das Nassic erwähnt hatte, zerfallen zu Schutt. Sie untersuchte eine dunkle Gestalt, die in seltsamer Verrenkung auf den Trümmern lag. Covenant stürzte hinzu und starrte die Gestalt aus der Nähe an. Hölle und Verdammnis! stöhnte er inwendig. Nassic . Der Alte schien, wie er da lag, die Trümmerstücke zu umarmen. Aus der Mitte seines Rückens ragte der Griff eines Messers. »Fassen Sie's nicht an«, keuchte Linden. »Es ist noch heiß.« Ihr Mund war voller zerbissenem Entsetzen.
    Noch ...? Covenant verdrängte nachgerade gewaltsam seinen Schrecken. »Nehmen Sie seine Beine. Wir tragen ihn ins Haus.« Linden regte sich nicht. Sie wirkte inmitten der Nacht klein und kläglich. »Ich habe Ihnen gesagt«, schnauzte Covenant sie an, um sie zum Handeln zu bewegen, »daß die Sache gefährlich ist! Dachten Sie, ich reiße Witze?! Nehmen Sie die Beine!«
    »Er ist tat.« Lindens Stimme ähnelte einer kalten Mitteilung der nächtlichen Dunkelheit. »Wir können nichts mehr für ihn tun.«
    Ihr Ton völliger Trostlosigkeit erstickte seine Verärgerung. Einen Augenblick höchster Anspannung lang befürchtete er, sie nun verloren zu haben – ihr Verstand sei zuletzt doch in die Brüche gegangen. Aber da rührte sich Linden. Ihr Haar fiel nach vorn, verbarg ihr Gesicht, als sie sich bückte und die Arme unter Nassics Beine schob. Covenant griff ihn sich unter den Schultern. Gemeinsam trugen sie ihn ins Haus. Schon hatte Totenstarre den Leichnam befallen.
    Vorsichtig ließen sie ihn mitten im Haus auf den Fußboden nieder. Covenant schaute sich ihn genauer an. Die Haut des Toten war eiskalt. Rund um das Messer klebte kein Blut in seinem Gewand; es mußte vom Regen fortgespült worden sein. Nassic mußte ziemlich lange tot im Regen gelegen haben. Linden beachtete Covenant nicht. Ihr Blick haftete auf dem schwarzen, eisernen Messer. »Der Stich hat ihn nicht sofort getötet«, sagte sie heiser. »Er hat ihn nicht richtig getroffen. Er ist verblutet.« Die Knochen ihres Gesichts schienen vor innerer Aufgewühltheit zu pochen. »Dahinter steckt Bosheit.«
    Die Weise, wie sie das Wort Bosheit aussprach, jagte Covenant eisige Furcht über den Rücken. Er verstand, was sie meinte; früher war er selbst dazu imstande gewesen, solche Besonderheiten zu erkennen. Linden sah die Grausamkeit der Faust, die das Messer gehalten, die begierige Bösartigkeit, mit der sie den Stich geführt hatte. Und wenn das Eisen noch heiß war ... Mühsam schluckte Covenant. Nassics Mörder mußte jemand mit beträchtlicher und brutaler Kraft gewesen sein. Covenant suchte nach Erklärungen. »Wer das auch getan hat, er wußte, daß wir da sind. Weshalb hätte er ihn sonst hier draußen zurückgelassen? Er wollte, daß wir den Toten finden ... wenn er selbst fort ist.« Covenant schloß die Augen, um dem

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