Das verwundete Land - Covenant 04
mehr rühren. Er sah, wie Marid sich auf Linden stürzte, wie die Zähne der Schlangenhäupter ihr entgegenbleckten, sah sie dastehen, als habe ihr Herz ausgesetzt. Die Gefahr, in der sie schwebte, brachte Covenant schlagartig zum Handeln. Er tat zwei verzweifelt weite Schritte und rammte Kopf und Schultern gegen Linden. Zusammen purzelten sie über den verhärteten Lehm. Covenant löste sich von Linden und sprang auf die Füße. Marid prallte wuchtig auf, wälzte sich herum, um die Beine unter sich zu bekommen. Sunder suchte, indem er sein Messer schwang, den Nahkampf mit Marid. Aber wildes Zuschnappen der Schlangenhäupter zwang ihn zum Zurückweichen. Unverzüglich wollte Marid sich erneut auf Linden werfen. Covenant trat dem Angriff entgegen. Er schlug den einen Schlangenkopf mit dem rechten Unterarm beiseite, umklammerte den anderen schuppigen Leib mit der linken Faust. Der freie Schlangenleib bog sich rückwärts, um zuzustoßen. In dieser Sekunde griff von neuem Sunder in die Auseinandersetzung ein. Zu schnell, als daß die Schlangen hätten reagieren können, schnitt er Marid die Kehle durch. Ein Schwall dicklicher Flüssigkeit bespritzte die Vorderseite von Covenants Kleidung.
Sunder ließ seinen toten Freund fallen. Blut strömte in den Dreck. Covenant wich um mehrere Schritte zurück. Linden würgte, als sie sich auf die Knie erhob, als werde sie von der Sonne erstickt. Der Steinmeister schenkte seinen zwei Begleitern keine Beachtung. Rasende Hast befiel ihn. »Blut«, keuchte er. »Leben.« Er klatschte die Hände mitten in die Blutlache, die sich ausbreitete, rieb sie aneinander, schmierte sich vom Rot auf Stirn und Wangen. »Zumindest wird dein Tod nun einen Sinn haben. Das ist das Trostgeschenk meiner Schuld.« Betroffen schaute Covenant zu. Er hatte nicht gewußt, daß ein menschlicher Körper so verschwenderisch ergiebig an Blut sein konnte.
Sunder riß den Sonnenstein heraus, beugte den Kopf über Marids Hals und saugte Blut direkt aus der Wunde. Er hielt den Stein auf beiden Handflächen und spie das ausgesaugte Blut darauf, so daß der Stein darin wie in einer mit Marids Lebenssaft gefüllten Schale lag. Dann hob er den Blick himmelwärts und stimmte einen Singsang in einer Sprache an, die Covenant nicht verstand. Rings um ihn verdichtete sich die Luft, als nähme die Hitze an seinen Beschwörungen persönlichen Anteil. Aus dem Orkrest glühte Energie auf. Ein kupferroter energetischer Strahl, so scharf wie die Grenze zwischen Leben und Tod, schoß zur Sonne empor. Er knisterte, als sei er eine Entladung aus einem Blitz; aber er war stetig und klar umrissen, offensichtlich genährt durch das Blut. Er verzehrte das Blut in Sunders Händen, trank das Blut aus Marids Adern, leckte es von der Erde auf. Nicht lange, und jede Spur von Rot war restlos vertilgt. Marids Kehle klaffte wie ein verdorrtes Grinsen. Ohne seinen beschwörenden Gesang zu unterbrechen, setzte Sunder den Sonnenstein an Marids Kopf auf die Erde. Der Strahl, der den Orkrest mit der Sonne verband, blieb beständig. Fast sofort blubberte rings um den Stein Wasser auf. Sein Sprudeln nahm an Kraft zu, bis es sich zu einem kleinen Springquell entwickelt hatte, so klar und frisch, als steige es aus Berggestein auf und nicht aus ödestem Staub.
Während er den Vorgang beobachtete, fing Covenants Schädel an zu pochen. Er fühlte sich erhitzt und schwitzte unterm Druck der Sonne.
Sunder sang noch immer; und da zeigte sich neben der von ihm geschaffenen Quelle ein grüner Schößling. Er wuchs mit verblüffender Sichtlichkeit, gedieh zu einer Ranke, die sich am Erdboden ausbreitete, bekam Blätter. Nachgerade im Handumdrehen entstanden mehrere Knospen, schwollen an wie Melonen. Der Steinmeister winkte Linden an den Quell. Ihre Miene war vom Ausdruck der Atemnot zu einer Bekundung des Staunens übergegangen. Indem sie sich wie im Traum bewegte, kniete sie neben dem Quell nieder, setzte die Lippen ans Wasser. Augenblicklich zuckte sie zurück, überrascht von der Kälte des Wassers. Dann jedoch trank sie gierig und lang.
In Covenants rechtem Unterarm glühte ein böses Feuer auf. Seine Atmung ging unregelmäßig. Staub füllte ihm den Mund. Er konnte seinen Puls unterhalb seiner Kehle wummern fühlen.
Nach einer Weile hörte Linden auf zu trinken und wandte sich nach ihm um. »Es ist gut«, sagte sie in unklarer Verwunderung. »Es ist gut.« Covenant regte sich nicht, sah sie nicht an. Grauen schwoll in ihm, so wie das Wasser aus dem
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