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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wirklich zu Gift geworden waren, dann war das Land nicht nur einfach seiner Erdkraft verlustig gegangen. Dann mußte die Erdkraft verderbt sein! Nicht viel fehlte, und er hätte mit den Fäusten auf Sunder eingedroschen. »Woher willst du das wissen?«
    Linden packte ihn an der Schulter. »Covenant!«
    »So heißt es in der Predigt des na-Mhoram«, schnauzte Sunder. »Ich bin Steinmeister – es ist meine Aufgabe, das darin enthaltene Wissen nutzbar zu machen. Ich weiß, daß es wahr ist.«
    Nein! zeterte Covenant innerlich. »Hast du sie versucht?«
    Sunder starrte ihn entgeistert an. »Nein.«
    »Kennst du jemanden, der sie versucht hat?«
    »Sie sind giftig! Kein Mann, kein Weib verzehrt freiwillig Gift!«
    »Hölle und Verdammnis!« Covenant stützte sich am Fels ab und raffte sich hoch. »Ich glaub's nicht. Er kann nicht das ganze Gesetz unwirksam gemacht haben. Wäre ihm so was möglich gewesen, würde das Land gar nicht existieren.«
    Der Steinhausener sprang auf, umklammerte Covenants Arme, schüttelte ihn kräftig. »Sie sind Gift! «
    »Nein!« antwortete Covenant, indem er alle leidenschaftliche Eindringlichkeit aufbot.
    Sunders Gesicht verzog sich zu einer knotigen Grimasse, als verhindere nur die Verkrampfung seiner Muskeln einen Wutanfall. Mit einer ruckartigen Bewegung seiner Fäuste drückte er Covenant zurück an den Erdboden. »Du bist von Sinnen.« Seine Stimme besaß einen Klang nach eherner Härte und Bitterkeit. »Du verleitest mich dazu, mein Heimatdorf zu verlassen, dir Beistand zu gewähren ... und alle soundsoviel Schritte widerstrebst du mir. Du mußt nach Marid suchen. Wahnsinn! Du entsagst jeglichen Schutzes gegen das Sonnenübel. Wahnsinn! Du weigerst dich, Wasser aus der Erde zu holen, und mir erlaubst du's auch nicht. Wahnsinn! Und nun verlangt's dich nach nichts Geringerem als dem Verzehr von Gift.« Als Covenant sich erneut aufzurichten versuchte, stieß Sunder ihn zurück. »Es ist genug. Laß ab von den Aliantha , oder ich werde dich besinnungslos schlagen.«
    Covenant musterte den Steinmeister mit wutentbranntem Blick; aber Sunder wirkte vollständig unnachgiebig. Verzweiflung drängte den Steinmeister zu so entschiedenem Widerspruch; er bemühte sich darum, im Rahmen des verhängnisvollen Geschehens selbst einen gewissen Einfluß auf die Ereignisse zu behalten. Indem er Sunders erbitterten Blick erwiderte, erhob sich Covenant langsam auf die Füße, schwankte vor dem Steinmeister hin und her. Hinter Sunder war auch Linden aufgestanden; doch Covenant beachtete sie nicht. »Ich glaube nicht«, sagte er leise, »daß die Aliantha giftig sind.« Damit wandte er sich ab und begann zu dem Strauch zu schwanken.
    Sunder gab ein Aufheulen von sich. Covenant versuchte, ihm auszuweichen; aber Sunder prallte geradewegs gegen ihn, und der Zusammenstoß schleuderte ihn mit ausgebreiteten Gliedmaßen in den Dreck. Ein Hieb auf seinen Hinterkopf versprühte Lichter durch sein Blickfeld, die Bruchstücken seiner Höhenangst glichen. Da ließ Sunder plötzlich von ihm ab. Covenant stellte sich wieder auf die Beine und sah Linden über dem Steinmeister stehen. Sie hielt ihn in einem Griff, der ihn an den Erdboden drückte. Covenant schlurfte zu dem Strauch.
    Um ihn schien sich alles zu drehen. Er sackte auf die Knie. Der Strauch war weißlich vom Staub, der sich auf ihm abgelagert hatte, und besaß kaum Ähnlichkeit mit den dunkelgrünen, stets belaubten Pflanzen, an die er sich entsann. Doch die Blätter – wenngleich nur wenige vorhanden waren – erinnerten an Stechpalmen und sahen fest aus. Drei kleine Früchte, etwa so groß wie Blaubeeren, hingen dem Sonnenübel zum Trotz im Gezweig. Zittrig pflückte Covenant eine Beere und rieb den Staub ab, um die tatsächliche Färbung festzustellen. In diesem Augenblick bemerkte er, daß Sunder nun Linden die Füße wegtrat und sich von ihr befreite. Covenant nahm allen Mut zusammen und steckte die Beere in den Mund. »Covenant!« schrie Sunder.
    Die Welt schien wie toll zu kreiseln, mit einem Ruck wieder zum Stillstand zu kommen. Kühler Saft erfüllte Covenants Mund mit Pfirsichgeschmack, vermischt mit einem Beigeschmack nach Salz und Lehmstaub. Sofort durchströmten neue Kräfte Covenant. Köstlichkeit reinigte seine Kehle von Schmutz, Durst und Blut. Alle seine Nerven schwelgten in einem Genuß, den er zehn lange Jahre hindurch nicht gekostet hatte: im für sein ganzes Wesen eigentümlichen, puren Nektar des Landes.
    Sunder und Linden standen beide

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