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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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trockenen Untergrund gequollen war. »Kommen Sie«, drängte Linden. »Trinken Sie.«
    Covenant vermochte den Blick nicht von Marid zu wenden. Indem er den Leichnam weiter unausgesetzt anstarrte, streckte er Linden den rechten Arm hin. Sie schaute ihn an, ließ einen scharfen Ausruf vernehmen und sprang zu Covenant, ergriff seinen Arm, um ihn genauer zu betrachten. Die Vorstellung, das ansehen zu müssen, was sie sah, war ihm zuwider; aber er zwang sich dazu, den Blick zu senken.
    Sein Unterarm war entzündet. Ein Stück oberhalb des Handgelenks hoben sich hellrötlich zwei einstichartige Wunden vom Dunkel der Schwellung ab. »Der Lump hat mich gebissen«, röchelte Covenant, als läge er bereits im Sterben.

8
     

Die Verderbtheit der Sonne
     
     
    »Sunder!« sagte Linden heftig. »Gib mir dein Messer!«
    Der Steinmeister war in seinem Tun erlahmt, als er die Bißwunden sah; und damit hatte auch das Gesprudel der Quelle nachgelassen. Aber er faßte sich rasch, nahm den Rhythmus seines Singsangs wieder auf. Der Strahl von Sonnenübel-Energie, ins Flackern geraten, stabilisierte sich wieder. Die Melonen reiften weiter. Unter fortgesetztem Singen hielt der Steinmeister Linden sein Messer hin. Sie eilte zu ihm, griff sich den Dolch. Sie kannte kein Zögern; all ihre Handlungen bezeugten Sicherheit. Über einen Fuß Marids gebückt, trennte sie eine Länge vom Strick ab, mit dem man den Fußknöchel an den Pfosten gebunden hatte.
    Der Schmerz in Covenants Unterarm steigerte sich zu einem wahren Hämmern, das wütete, als wolle es ihm die Knochen brechen. Stumm klammerte er die Linke um den Ellbogen und drückte fest zu, um eine weitere Ausbreitung des Gifts zu unterbinden. Er wollte nicht auf diese Weise sterben, solange all seine Fragen unbeantwortet waren und er nichts erreicht hatte.
    Einen Moment später kam Linden zu ihm zurück. Ihre Lippen zeigten einen gebieterischen Zug. Als sie »Setzen Sie sich!« befahl, knickten Covenants Knie unter ihm ein, als zöge Linden an den Fäden seines Willens. Sie nahm vor ihm Platz, streckte seinen Arm zwischen sich und ihn. Kräftig wickelte sie den Strick oberhalb des Ellbogens um den Arm, zog ihn fest an, bis Covenant vor Pein auffuhr; dann knüpfte sie einen Knoten. »So«, sagte sie mit Entschiedenheit. »Jetzt muß ich Sie schneiden und möglichst viel von dem Gift herausholen.«
    Covenant nickte. Er versuchte zu schlucken, konnte es jedoch nicht. Linden setzte die Klinge mit der Spitze an die Schwellung, nahm sie aber ruckartig wieder weg. »Das gottverdammte Messer ist viel zu schmutzig.« Ihr Ton wies einen Anflug von Gestreßtheit auf. »Rühren Sie sich nicht«, maulte sie Covenant mit gerunzelter Stirn an und sprang auf. Zielstrebig ging sie zu Sunders Strahl rötlichglühender Energie. Er raunzte eine Warnung, aber sie achtete nicht auf ihn. Mit nachgerade ärztlicher Sorgfalt hielt sie den Dolch in den Strahl. Der Kontakt erzeugte ein Funkensprühen; Feuer züngelte an der Klinge entlang. Als sie das Messer herauszog, nickte sie grimmig vor sich hin. Sie kam wieder zu Covenant und packte seinen Arm. Für einen Moment erwiderte sie seinen Blick. »Es wird weh tun«, sagte sie ihm direkt in die Augen. »Aber wenn ich's nicht mache, wird's noch schlimmer kommen.«
    Angestrengt räusperte sich Covenant. »Nur zu.«
    Mit bedächtiger Langsamkeit fügte sie ihm zwischen den beiden Bißwunden einen tiefen Kreuzschnitt zu. Etwas wie ein Schrei spaltete sein Fleisch. Er verkrampfte sich, erlaubte sich jedoch kein Zurückzucken. Was sie tat, war notwendig; er hatte selbst schon ähnliches getan. Schmerz bedeutete Leben; nur die Toten verspürten keinen Schmerz. Er hielt still, als sie den Kopf über seinen Unterarm beugte, um an dem Schnitt zu saugen. Die freie Hand drückte er sich gegen die Stirn, als klammere er sich an die Knochen des eigenen Schädels, um aus ihnen Mut zum Durchhalten zu beziehen. Lindens Hände preßten auf die Schwellung, vervielfachten das feurige Wüten des Schmerzes. Ihre Lippen marterten ihn wie in sein Fleisch verbissene Zähne, während sie Blut und Gift in ihren Mund saugte. Der Geschmack brachte sie unversehens aus der Fassung; heftig spie sie sein Blut auf die Erde. »O Gott!« keuchte sie. »Was für ...?« Doch sofort machte sie sich erneut über die Wunde her, saugte und spie aus, beides mit dem stärksten Widerwillen. Ihre um seinen Arm gedrückten Hände bebten.
    Was für ...? Ihre Äußerung wummerte durch den Druck in Covenants Kopf.

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