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Das verwunschene Haus

Das verwunschene Haus

Titel: Das verwunschene Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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Einbrecher, doch kein Gauner, der diesen Namen verdient, würde ein Haus überfallen, in dem vier Personen leben. Er hätte sich vorher genau erkundigt.
    Handelt es sich also um pathologische Mörder? Nein, das kann ebensowenig stimmen. Nach diesem Doppelmord wären sie nicht einfach geflüchtet, sondern hätten den jungen Mann und seine Schwester gleichfalls getötet.
    Sheriff Hopkins hört auf einmal, wie jemand hinter ihm verlegen hüstelt. Eine Frau mittleren Alters, deren graue Haare auf Lockenwickler gedreht sind, steht auf der Türschwelle des Salons.
    »Entschuldigen Sie, Sheriff, könnte ich Sie einen Moment sprechen?«
    »Ist es etwas Dringendes?«
    »Ja, es ist dringend.«
    »Und wer sind Sie?«
    »Mrs. Jones, die Nachbarin von nebenan.«
    »Gut, ich höre, Mrs. Jones.«
    Doch die Frau senkt mit verlegenem Gesichtsausdruck die Augen.
    »Ich würde lieber mit Ihnen allein sprechen.«
    Gary Hopkins wirft Nathaniel Albee einen raschen Blick zu. Der junge Mann wirkt plötzlich verkrampft, und in seinen Augen erscheint ein Anflug von Furcht.
    »Würden Sie uns einen Moment allein lassen, Mr. Albee?« Wortlos reckt Nathaniel Albee seine lange Gestalt in die Höhe und verläßt den Raum. Mrs. Jones nimmt dort Platz, wo zuvor Albee gesessen hatte, und beginnt mit leiser Stimme zu sprechen: »Es ist ein schreckliches Unglück, was hier passiert ist, und ich fürchte sogar, in Wahrheit ist alles noch viel schlimmer...«
    »Erklären Sie mir das genauer!«
    »Vor einer halben Stunde hörte ich bei den Albees laute Geräusche, Schreie und dumpfe Schläge... Ich muß dazu sagen, daß ich unter Schlaflosigkeit leide. Jedenfalls stand ich am Fenster. Im Zimmer von Mr. und Mrs. Albee brannte Licht. Dieser Krach dauerte noch ungefähr ein oder zwei Minuten, und dann war es auf einmal ganz still.«
    »Das ist alles?«
    »Ja, das ist alles, und eben das ist das Schreckliche daran: Ich habe nämlich niemand aus dem Haus kommen sehen.«
    »Sind Sie sicher'?«
    »Ganz sicher. Es sei denn, es wäre jemand aus dem rückwärtigen Fenster gestiegen. Aber durch die Tür ist niemand gekommen, auf keinen Fall!«
    Sheriff Hopkins hat noch die Aussage von Nathaniel Albee im Ohr, und er weiß jetzt: Der junge Mann hat gelogen. Niemand hat das Haus durch die Tür oder durch einen anderen Ausgang verlassen, und zwar aus dein einfachen Grunde, weil niemand das Haus betreten hatte. Im Haus der Albees waren in dieser Nacht nur vier Personen. Zwei von ihnen sind tot. Der Mörder ist folglich unter den beiden anderen zu suchen.
    Sheriff Hopkins bittet Mrs. Jones, wieder zu gehen, und läßt erneut Nathaniel Albee zu sich kommen. Er faßt in ein paar Sätzen die Zeugenaussage der Nachbarin zusammen und richtet dann ein einziges Wort an den jungen Mann: »Nun?« Hopkins hatte gehofft, daß Nathaniel daraufhin zusammenbricht, doch das ist nicht der Fall, ganz im Gegenteil. Albee reckt trotzig den Kopf und wirkt jetzt keineswegs mehr wie der typische Junge aus guter Familie, der ein glänzendes Universitätsstudium absolviert. Er ähnelt vielmehr einem wilden Tier, das von Jägern in die Enge getrieben wird. Dem Sheriff erscheint Nathaniel Albee plötzlich wie ein Ungeheuer.
    »Diese Alte ist doch verrückt! Sie lügt!« ruft Albee.
    »Nein, Sie sind es, der lügt! Ihre Darstellung der Dinge war von Anfang an unglaubwürdig. Ich habe keine Sekunde daran geglaubt. Sie werden der Wahrheit nicht entkommen können! Wer hat Ihre Eltern umgebracht?«
    Es folgt ein Moment äußerst gespannten Schweigens zwischen den beiden Männern, bis Nathaniel Albee schließlich mit besiegter Miene den Kopf senkt.
    »Gut, ich werde Ihnen alles sagen. Ich habe diese Geschichte Samanthas wegen erfunden. Meine Schwester hat es getan...«
    »Sie behaupten, Ihre Schwester habe Ihre Eltern getötet?«
    »Ja, so ist es.«
    »Mit einem Küchenmesser und einem Hammer?«
    »Samantha hatte gerade eine schwere Depression überstanden, aber anscheinend wurde sie in der Klinik nicht wirklich geheilt. Als ich die Schreie hörte und ins Zimmer meiner Eltern lief, war es schon zu spät. Sie stand dort mit dem Hammer in der Hand und mit dem blutigen Messer... Sie ist für ihre Tat nicht verantwortlich, Sheriff!«
    Der Sheriff dreht sich um, weil er ein Geräusch gehört hat. Samantha hat soeben den Salon betreten. Sie nähert sich mit etwas unsicherem Schritt und bleibt vor ihrem Bruder stehen. »Ich kann nicht, Nathaniel! Verzeih mir!«
    »Aber du warst es doch, Samantha! Du hast sie

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