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Das verwunschene Tal

Das verwunschene Tal

Titel: Das verwunschene Tal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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rasend vor Angst. Es beruhigte sich aber schnell, als zwei Menschen auf die Büsche zukamen, mit beruhigenden Stimmen sprachen und das Tier befreiten.
    »Ein Geschenk von Feithearn!« lachte Nottr.
    »Ich werde mich bedanken, wenn ich ihm das nächstemal gegenüberstehe«, sagte Mythor und klopfte den Hals des Rappen. »Und dazu noch mit vollen Satteltaschen.«
    Es gehörte einem der Unglücklichen, die von den Tieren zu Boden gezwungen worden waren und zerfleischt auf der Talsohle lagen. Mythor führte den Hengst zu Kalathee und Sadagar zurück und hob die Hand.
    »Ich nehme schweren Herzens Abschied von euch«, sagte er. »Nach Osten geht es. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder.«
    Er schüttelte Sadagars Hand und versprach, falls möglich, so viele Goldstücke mitzubringen, dass sie Steinmanns Beutel zerreißen würden.
    »Du wirst uns berichten, was du erlebt hast. Viel Glück, was immer du unternimmst«, sagte Kalathee und umarmte ihn. Nottr schlug ihm kräftig auf die Schulter und flüsterte: »Denk an das Bild! Sie ist so schön.«
    »Eher verliere ich das Gläserne Schwert«, versprach Mythor und schwang sich in den Sattel. Das Pferd bäumte sich auf, aber Mythors Schenkeldruck beruhigte es schnell wieder.
    Sie blickten ihm schweigend nach. Immer wieder drehte sich Mythor im Sattel herum und winkte. Er schlug die Kapuze des Pelzes hoch und setzte sich im Sattel zurecht. Dann fiel das Tier in einen leichten Galopp.
    Einige Stunden später kamen sie an einen schmalen Bach. Mythor schlug mit der Spitze Altons ein Loch in das dünne Eis und ließ das Pferd saufen. Er füllte die Sattelflasche mit dem eiskalten, sprudelnden Wasser.
    Er riss einige Zweige ab, suchte leidlich trockenes Gras zusammen und rieb den Rappen ab. In der zunehmenden Kälte der Nacht konnte es sein, dass das Tier krank wurde. Dann ritt er weiter, in gemächlichem Tempo, nach Osten.
    Der Helm schwieg und vermittelte ihm keine neuen Einsichten.
    Die Sonne bewegte sich dem Horizont entgegen. Nebel und Dunst kamen auf und verwandelten das Gestirn in eine gewaltige blutrote Scheibe. Mythor schauderte, wenn er sich umdrehte und dieses Schauspiel sah.
    Es war längst nicht mehr ein Hauch der Bestimmung, der ihn wieder vorwärts trieb. Es war das feste Bewusstsein, einen weiteren Schritt von entscheidender Wichtigkeit zu tun.
    *
    Nyrngor lag unter dem Licht einer klaren Mondnacht.
    Die Türmer, von Feithearn eingesetzt, blickten von den Zinnen der Mauern und Türme weit ins Land hinaus. Überall lag das Mondlicht auf den Feldern, starker Reif hatte die Umgebung überzogen. Die Äste der Bäume und Büsche wirkten wie Gebilde aus weißen Kristallen. Die Natur schien ausgestorben zu sein. Es riefen keine Nachtvögel, keine Wölfe heulten, keines der nachtjagenden Tiere ließ sich hören oder sehen.
    Nur wenn die Posten den Atem anhielten und in die Stadt hinunterhörten, wenn sie ganz scharf horchten, vernahmen sie mühsam unterdrückte Geräusche.
    Die Bewohner der Stadt kämpften um das nackte Überleben. Sie versuchten ihre Häuser winterfest zu machen, indem sie Fenster und Türen mit Stoffen abdichteten. Es gab inzwischen in Nyrngor kaum noch jene halbverbrannten Holzteile, die von den Bränden der Belagerung erzählten. Man hatte sie abgesägt und zerkleinert. Nachdem ein Teil im Palast für die Kamine abgeliefert worden war, heizten die Städter ihre Öfen mit den Resten.
    Das Lager der Caer-Soldaten verkleinerte sich von Tag zu Tag .
    Vorräte und Heu für die Pferde wurden in die Stadt gebracht. Neunundneunzig von hundert Bewohnern verhielten sich so, wie Feithearn es wollte. Aber die Nacht gehörte den kleinen Gruppen von Rebellen. Nachts wagten sich die Caer nur noch in größeren Trupps in die Gassen und die wenigen Schenken.
    Der Wille zur Verteidigung der Stadt oder besser dazu, die Caer zu vertreiben, war bis auf winzige Spuren erloschen. Die notleidenden Menschen hatten nur ein Bestreben: Sie wollten den Winter überstehen.
    Der einzelne Posten fror erbärmlich. Immer wieder schlug er die Arme gegen den Körper. Raureif lag auf den Haaren des Pelzes. Jeder Atemzug entließ eine weiße Dampfwolke in die Luft. Der schwere Glutkorb vermochte nichts gegen den dünnen Wind, der zwischen den Zinnen hindurchpfiff. Wenn der Posten sich zu wärmen versuchte, blickte er in die feuerrote Glut. Bis sich seine Augen dann wieder an das veränderte Licht der Landschaft gewöhnt hatten, die er beobachten musste, dauerte es lange.
    Aber jetzt hob der

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