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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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zu betrachten.
    Raimo sagte: »Jetzt höre ich etwas. Aber nicht mit einer Meta-Fähigkeit. Fällt euch nichts auf?«
    Sie lauschten. Sukey schürzte vor Überraschung die Lippen. »Frösche!«
    Ein fast unhörbares Tremolieren wurde von der Brise herangetragen. Es schwoll an und zerbrach dann in einen komplizierten Dreiklang aus Glocken- und Pieptönen. Ein unsichtbarer Frosch-Maestro senkte seinen Stab, und weitere Stimmen fielen ein Schlucken und Grunzen, Rasseln, Knallen und Klicken, Töne wie von einer Rohrflöte. Weitere Froschstimmen fügten ihre Nachahmungen von langsam tropfendem Wasser, gezupften Saiten, menschlichem Gurgeln, summenden Bohrern und verstärkten Gitarrenklängen hinzu. Dem Ganzen unterlegt war das heimatlich anmutende Quaken des gewöhnlichen Ochsenfrosches, jener dauerhaften Erdkreatur, die in nur sechs Millionen Jahren die Menschheit bei der Kolonisierung ferner Sterne begleiten würde.
    Die vier Leute auf dem Balkon sahen sich an und brachen in Gelächter aus.
    »Wir haben einen Platz in der vordersten Reihe«, stellte Aiken fest, »wenn es eine Firvulag-Invasion geben sollte. und dieser blaue Krug ist gefüllt mit einer Flüssigkeit, die kühl und entschieden alkoholisch ist. Sollen wir uns Stühle herausholen und uns für den Fall stärken, daß die ungeheuer pünktlich eintreffen?«
    »Sind alle dafür?« fragte Bryan.
    »Aye!«
    Sie hoben ihre Becher, und der kleine Mann in Gold füllte sie, einen nach dem anderen.
    Elizabeth preßte den Handrücken an ihre feuchtkalte Stirn. Ihre Augen öffneten sich, und sie atmete lange und tief aus.
    Creyn und ein hagerer Tanu in einer zerknitterten gelben Robe beugten sich besorgt über ihren Sessel. Creyns Gedanken berührten die ihren stützend, fragend.
    Ja. Ich habe sie getrennt. Endgültig. Entschuldige, so schwach meine Fähigkeit, eingerostet Nichtgebrauch. Sie werden jetzt geboren werden.
    Die Gedanken Lord Cranovels von Darask weinten Dankbarkeit. und sie? Gerettet, o gerettet, mein Liebling?
    Menschenfrauen zäher als Tanu. Sie erholt sich nun schnell.
    Er rief laut »Estella-Sirone!« und lief in den Innenraum.
    Ein paar Augenblicke darauf hörten die beiden, die draußen warteten, das klägliche Geschrei eines Neugeborenen. Elizabeth lächelte Creyn zu. Der erste graue Schein des Morgens erhellte den Nebel vor den Palastfenstern.
    Elizabeth sagte: »Etwas wie das ist mir noch nie vorgekommen. Der Geist des einen ungeborenen so verflochten mit dem anderen, soviel Gegnerschaft. Zwillinge natürlich. Aber man kann es kaum glauben, daß echte Feindschaft imstande sein soll...«
    Eine ganz in Rot gekleidete Tanu-Frau steckte den Kopf durch den Türvorhang und rief: »Ein schönes Mädchen! Das nächste wird ein Junge, aber keine Angst, wir holen ihn heil und gesund.« Sie verschwand wieder.
    Elizabeth erhob sich aus dem Sessel und schritt müde zum Fenster. Zum ersten Mal, seit sie vor vielen Stunden die Geburtsräume betreten hatte, ließ sie ihre Gedanken über ihren Umkreis hinauswandem. Die Anomalien waren draußen sie rückten immer näher und fielen in scheußlichem Eifer übereinander diese zwitschernden kleinen unmenschlichen Geister, anscheinend operant, die ihre Seelenform änderten, wenn sie nach ihnen greifen und sie studieren wollte. Sie entschlüpften ihr, woben Verkleidungen, verblaßten und entflammten, schrumpften zu Atomen oder blähten sich zu riesigen Monstern auf, die in dem mental-physischen Nebel um die Türme des Inselpalastes wohnten.
    Ein zweites Kind schrie.
    Eine schreckliche Entdeckung vereinigte Elizabeths Gedanken mit denen Creyns. Bedauern tropfte langsam von einem Emotionen-Komplex des Mannes. Dann ließ er einen undurchdringlichen Schirm zwischen ihnen niederfallen.
    Elizabeth rannte zu der Tür des Innenraums und schob die Draperien beiseite. Mehrere Frauen, sowohl Menschen als auch Tanu, kümmerten sich um die junge Mutter, eine Menschenfrau mit einem goldenen Ring. Estella-Sirone lächelte. Das schöne kleine Mädchen hielt sie an ihrer rechten Brust. Cranovel kniete neben ihr nieder und wischte ihr die Stirn ab.
    Die Tanu-Pflegerin in Rot brachte das andere Baby, um es Elizabeth zu zeigen. Es war ein sehr kleiner Junge von etwa zwei Kilo Gewicht, verschrumpelt wie ein alter Mann. Sein übergroßer Kopf war mit feuchtem dunklem Haar bedeckt. Seine Augen standen weit offen, und er kreischte dünn mit einem Mund, der einen vollständigen Satz winziger scharfer Zähne besaß. Vor Elizabeths Augen begann

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