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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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hat der alte Junge einen Grund weniger, sich zu beklagen. Diese Nonne scheint mir ein erfreulicher Zuzug zu sein.«
    Der Häuptling lachte. »Dabei habe ich noch gar nicht erwähnt, daß sie sechzehn Fälle von Würmern und fast die ganze Dschungelfäule ausgeräumt hat. Madame wird sich bei der nächsten Wahl anstrengen müssen, wenn sie Anführerin dieser Bande von Gesetzlosen bleiben will.«
    »Ich glaube nicht, daß sie sich in der Ehre sonnt.« Khalid war entrüstet. »Nicht mehr als Sie, als Sie den heißen Sitz inne hatten.«
    Fast geräuschlos zogen sie auf dem Pfad dahin, der sich zwischen den schützenden Bäumen hindurchwand. Von der langen Schlucht zweigten viele kleine Sackgassen ab, in denen Quellen aus dem Boden traten. Die meisten Häuser waren in der Nähe einer solchen natürlichen Wasserversorgung erbaut worden. Insgesamt waren es dreißig Heimstätten, in denen fünfundachtzig menschliche Wesen wohnten, die größte Siedlung der Geringen in der bekannten Pliozän-Welt.
    Die vier Männer überquerten ein Bächlein auf Trittsteinen und gingen eine der Felsspalten hinauf bis zu einem besonders hübschen Häuschen, das unter einer großen Kiefer stand. Es war nicht wie die anderen einfach aus Baumstämmen oder aus mit Lehm beworfenem Flechtwerk erbaut, sondern aus sauber vermörtelten Steinen, außerdem mit Kalk geweißt und mit dunklen Fachwerkbalken verstärkt, und es erinnerte in unheimlicher Weise an eine gewisse Behausung der zukünftigen Welt in den Bergen oberhalb von Lyon. Madames Rosen-Stecklinge waren, genährt von Mastodon-Dung, zu üppigen Kletterpflanzen hochgeschossen, die das Strohdach unter Blüten fast erstickten. Die Nachtluft war schwer von ihrem Duft.
    Die Männer hielten an. Ein winziges Tier stand ihnen im Weg. Mit steifen Beinen, die übergroßen Augen glühend, knurrte es.
    »He, Deej!« lachte Burke. »Wir sind es doch, Pupikeh. Freunde!«
    Die kleine Katze maunzte lauter. Das leise Grollen verstärkte sich zu einem drohenden Fauchen. Sie behauptete die Stellung.
    Häuptling Burke setzte seine Last ab, kniete nieder und streckte eine Hand aus. Khalid Khan trat hinter Sigmund. Eine Erinnerung und ein schrecklicher Verdacht drängten sich ihm ins Bewußtsein. Die Erinnerung an eine regnerische Nacht im Innern eines Baumes, als die Katze genauso wie jetzt reagiert hatte. Der Verdacht, daß der von allen geschätzte Gefährte Sigmund ein zu guter Waldläufer gewesen war, um sich von. dem verhältnismäßig langsamen Angriff eines Riesen-Salamanders überraschen zu lassen.
    Khalid riß die Öffnung seines Sacks auf, gerade als sich die Haustür weit öffnete und den umriß von Ameries verschleierter Gestalt vor dem matten Lampenlicht zeigte.
    »Dejah?« rief die Nonne und ließ die Perlen ihres Rosenkranzes klappern, was offenbar ein Signal war. Sie erblickte die Männer. »Oh, Sie sind es, Häuptling. und Khalid! Sie sind zurück! Aber was ...«
    Der Schmied mit dem Turban packte den Mann, den sie Sigmund nannten, beim Haar. Mit seiner anderen Hand drückte er ihm etwas Graues und Hartes gegen die Kehle.
    »Beweg dich nicht, soor kabaj, oder du bist so tot wie dein Bruder!«
    Amerie schrie auf, und Uwe entfuhr ein lästerlicher Fluch denn Khalid rang plötzlich mit einer Gorgo. Die Hand des Pakistani umfaßte kein Haar, sondern sich windende kleine Vipern, die aus Sigmunds Kopfhaut wuchsen. Sie schlugen Fangzähne in sein Fleisch, das aufschwoll und pulsierte. Quasitödliches Gift überflutete die Blutgefäße und raste auf Khalids Herz zu.
    »Aufhören, sag ich!« brüllte der geängstigte Schmied. unwillkürlich zuckte sein rechter Arm. Die stumpfe eiserne Lanzenspitze drang in die weiche Kuhle unter dem Kehlkopf des Ungeheuers ein.
    Das Ding stieß ein gurgelndes Quietschen aus und erschlaffte. Khalid sprang von dem fallenden Körper zurück und ließ das Eisen los. Es schlug mit einem dumpfen Laut zu Boden und kam dicht neben dem toten Gestaltwandler zu liegen. Amerie und die drei Männer starrten auf die Kreatur nieder, die nicht mehr als zwanzig oder dreißig Kilogramm wiegen konnte. Flache kleine Zitzen kennzeichneten sie als weiblich. Ihr kahler Schädel war gleich über den Augen scheußlich zusammengedrückt und verlängerte sich nach hinten zu einem dreieckigen Knochenkragen. Sie hatte ein bloßes Loch als Nase und einen massigen Unterkiefer mit lockeren, nageiförmigen Zähnen. Der Körper war fast kugelförmig, die Glieder dünn wie Spinnenbeine, die linke Vorderpfote

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