Das vielfarbene Land
Herumgezappele!« schrie sie. »Ihr braucht keine Angst mehr vor Velteyn und seinem fliegenden Zirkus zu haben! Habt ihr unsere Geheimwaffe vergessen? Wir haben Eisen! Ihr könnt die Tanu jetzt töten noch leichter als diese ringtragenden menschlichen Verräter, die die Schmutzarbeit für sie tun!«
Augäpfel rollten furchtsam im Zwielicht. Der Firvulag-Skipper der zweimastigen Schaluppe, der neben Vanda-Jo stand, verzog ungeduldig sein böses Zwergengesicht. »Beeilt euch, mutlose Erdenwürmer, oder wir segeln ohne euch in den Krieg!«
Plötzlich fuhr eine Säule aus smaragdfarbenem Licht aus dem scheinbar leeren Himmel mitten hinein in die kreisende Jagd und traf eine niedrige Erhebung innerhalb der Stadt am anderen Ufer des Rheins. Von dem Punkt des Einschlags loderten orangefarbene und weiße Flammen auf, und Sekunden später hallte eine donnernde Detonation über den Fluß.
»Die Mine!« schrie irgend jemand. »Die Barium-Mine explodiert! Gott es sieht aus wie ein Vulkanausbruch!«
Als sei der Schuß ein Signal gewesen, spie die Erde am anderen Ende von Finiah ebenfalls Feuer, da wo die Halbinsel sich zu einem dünnen Hals verengte, der die Stadt mit dem Festland verband.
»Habt ihr das gesehen?« triumphierte Vanda-Jo. »Die zweite Welle der Gespenster ist gegenüber unserm Hauptangriffspunkt gelandet! Die Firvulag-Generalin Ayfa dringt von der Schwarzwaldseite her vor. Werdet ihr Scheißer euch jetzt endlich in Bewegung setzen?«
Die Männer und Frauen auf dem Sammelplatz reckten ihre mit Eisenspitzen versehenen Speere in die Luft und brüllten. Sie rannten über die schmalen Planken und sprangen mit solchem Eifer in die wartenden Boote, daß die kleinen Fahrzeuge schaukelten und fast gekentert wären.
Auf der anderen Seite des Rheins zogen die Flammen eine scharlachrote Spur über das dunkle Wasser. Die Feenlampen in Blau und Grün und Silber und Gold, Wahrzeichen der herrlichen Tanu-Stadt der Lichter, begannen langsam zu erlöschen.
Velteyn, Lord von Finiah, zog die Zügel seines Chalikos an und verharrte mitten in der Luft, leuchtend wie eine Magnesium-Fackel. Die Edlen seiner Fliegenden Jagd, achtzehn männliche und drei weibliche Ritter, alle rot glühend, zügelten ihre Reittiere und scharten sich um ihn. Die Gedanken, die er projizierte, waren fast unzusammenhängend vor Enttäuschung und Wut.
Fort! Die Flugmaschine ist fort ... und doch sind meine Blitze ganz bestimmt in ihren Bauch eingedrungen. Kamilda, gebrauch deinen Spürsinn! Such sie! Wo befindet sie sich?«
... Sie weicht von uns zurück, Hoher Lord. O Tana mit einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit! Sie versinkt hinter den Vogesen und gerät aus meiner Reichweite. Mein Lord, wenn ich in große Höhe aufstiege ...
Bleib Kamilda! Größerer Gefahr ist hier unten zu begegnen. Seht alle! Seht, was der Feind getan hat! Oh, die Schande, der Schmerz, die Zerstörung! Alles nach unten auf den Boden. Jeder von euch übernimmt den Befehl einer Abteilung Kavallerie zur Verteidigung unserer Stadt der Lichter! Na bardito!
Na bardito taynel o pogeköne!
Die Schlacht bewegt sich vom Durchbruch am Rhein stetig landeinwärts. Zwei Stunden nach Sonnenaufgang lief die westliche Front durch die Gärten des Freudendoms am äußersten Rand der Tanu-Wohnquartiere.
Moe Marshak hatte seinen Köcher mehrere Male aus denen gefallener Kameraden neu gefüllt. Er hatte den auffallenden Zierat schon bald von seinem Bronzehelm gerissen und sich im Schmutz gewälzt, um den Glanz seines Küraß zu verbergen. Anders als einige andere seiner glücklosen Kameraden hatte er schnell erkannt, daß die Firvulag eine telepathische Kommunikation entdecken würden, und deshalb hatte er keinen Versuch gemacht, sich mit seinen Offizieren wegen Befehlen in Verbindung zu setzen. Ohne die Ruhe zu verlieren, ging er seinen einsamen Weg und hielt sich außer Reichweite der ungeheuer. Er schlich durch Finiahs Gassen, tötete Geringe mit kühler Effizienz und wich hysterischen Ramas und Nichtkombattanten aus. Marshak hatte schon mindestens fünfzehn Feinde niedergemacht, dazu zwei bloßhalsige Zivilisten, die er dabei ertappte, wie sie den Leichnam eines Grauring-Soldaten plünderten.
Nun schlüpfte Marshak auf die gedeckte Terrasse, die rings um dem Freudendom lief. Er hörte ein für die Geringen typisches Geschrei, versteckte sich hinter dichten Ziersträuchern und legte einen der sägezähnigen Pfeile auf die Sehne seines zusammengesetzten Bogens.
Im nächsten Augenblick
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