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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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spazierengegangen waren.
    »So etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt es nicht, Bry an. Es gibt nur Sex auf den ersten Blick. und wenn mein knochiger Charme dich entflammt, dann will ich gern mit dir schlafen, weil du ein süßer Mann bist und ich Trost brauche. Nur sprich nicht von Liebe.«
    Aber er hatte von Liebe gesprochen. Er konnte nicht anders. Mit kummervoller Distanziertheit beobachtete er sich selbst aus der Ferne und erkannte die Unlogik der Sache, und doch war er nicht fähig, die Situation unter Kontrolle zu halten. Er liebte sie vom ersten Augenblick an, als er sie sah. Vorsichtig hatte er versucht, es ihr zu erklären, ohne als kompletter Esel zu erscheinen. Sie hatte nur gelacht und ihn auf den von Blütenblättern bestreuten Rasen niedergezogen. Ihre leidenschaftliche Vereinigung hatte sie beide entzückt, aber ihm keine wirkliche Befriedigung gebracht. Er war von ihr gefangengenommen. Er mußte sein Leben für immer mit ihr teilen oder elend werden.
    Nur ein einziger Tag mit ihr! Ein Tag, und dann hatte sie zu dem wichtigen Treffen auf dem Planeten der Poltroyaner reisen müssen. Sie hatte ihm vorgeschlagen, er solle auf ihre Rückkehr warten, und dann könnten sie zusammen Segeln gehen. Aber auch er hatte Pflichten, und so hatte er abgelehnt. Welch ein Dummkopf war er gewesen! Vielleicht hatte sie ihn gebraucht. Wie hatte er sie allein lassen können?
    Nur ein einziger Tag ...
    In einem Restaurant in Paris hatte Bryan zufällig seinen alten Freund Gaston Deschamps getroffen, und dieser lud ihn ein, um ein paar leeren Stunden den Garaus zu machen, sich das Fete d'Auvergne von einem Platz hinter den Kulissen aus anzusehen. Gaston, der Regisseur, hatte es eine drollige Übung in angewandter Ethnologie genannt. und das war es auch gewesen bis er sie sah.
    »und jetzt kehren wir in die aufregende Vergangenheit zurück«, hatte Gaston verkündet, nachdem er Bryan soviel von dem Dorf und dem Château gezeigt hatte, wie in der Fünfzig-Pence-Besichtigungstour inbegriffen war. Der Regisseur stieg ihm voran die Treppe in einem hohen Turm hoch, riß die Tür zu dem mit allen Schikanen ausgestatteten Kontrollraum der Spielleitung auf und sie hatte dort gesessen.
    »Du mußt meine Mitarbeiterin kennenlernen, die Regie-Assistentin der Fete und die dem irdischen Mittelalter am engsten verbundene Dame des Galaktischen Milieus ... Mademoiselle Mercedes Lamballe!«
    Sie hatte von ihrer Konsole aufgeblickt und gelächelt und ihm das Herz durchbohrt ...
    »Hier spricht Ihr Kapitän. Wir treten jetzt in den Normalraum oberhalb des Planeten Erde ein. Der Vorgang wird nur zwei Sekunden in Anspruch nehmen, also bitte haben Sie Wegen dieser kurzen Periode leichten Unbehagens Nachsicht mit uns.«

    Peng.
    ZahngezogenmitHammeraufDaumengeschlagenMusikantenknochenangestoßen.
    Pong.

    »Danke für Ihre Geduld, meine Damen und Herren und werte Passagiere anderen Geschlechts. Wir werden um genau 15.00 Uhr mittlerer planetarer Zeit auf den schönen Shetland-Inseln der Erde, Unst Starport, landen.«
    Grenfell wischte sich die hohe Stirn und bestellte noch einen Drink. Diesmal trank er ihn langsam. Ein altes Lied erklang ungebeten in seinen Gedanken, und er lächelte, weil es ganz Mercy war.

    Die Dame, die vorüberkam,
    ist süß und hold und wundersam.
    Nie ward mir solche Augenweid
    Jetzt lieb ich sie in Ewigkeit.

    Er wollte die Röhre nach Nizza nehmen und nach Cannes weitereiern. Sicher stand sie am Kai dieser friedlichen alten Stadt und wartete auf ihn, und vielleicht trug sie einen grünen Spielanzug. Ihre Augen würden diesen Ausdruck sanfter Melancholie haben und grün oder grau sein, veränderlich wie das Meer und ebenso tief. Er sah sich auf sie zugehen, beladen mit einem großen Tuchbeutel und passendem Picknickkorb voll von guten Dingen (Champagner, Stilton-Käse, Gänseleber-Wurst, süße Butter, lange Brotlaibe, Orangen, Sauerkirschen), und dann stolperte er über die eigenen Füße, und endlich lächelte sie.
    In Gedanken zog er schon das Boot hervor und forderte die kleinen Jungen am Steg auf, zurückzutreten. (Es standen immer kleine Jungen da, jetzt, wo die Familien die ruhige Cote d'Azur wiederentdeckt hatten.) Er befestigte den dünnen Füllschlauch und warf das Päckchen aus silbern und schwarzem Dekamol-Film ins Wasser. Die Jungen glotzten. Langsam, langsam wuchs die acht Meter lange Schaluppe: Wulstkiel, Hülle, Decks, fest mit dem Boden verbundene Möbel, Kabine, Cockpit, Reling, Mast. Dann produzierte

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