Das vielfarbene Land
jetzt einen Augenblick aus, Richard! Denke an deine Gefährten oben. Einer nach dem anderen werden sie in diesen Raum kommen, wie schon so viele gekommen sind, und ich werde sie kennenlernen, wie ich dich kennengelernt habe. und einige werden den Tanu auf diese und andere auf jene Weise dienen, aber dienen werden sie alle, ausgenommen ein paar Auserwählte, auf die die Erfahrung wartet, daß das Portal ins Exil schließlich doch das Tor zum Paradies ist... Du hast eine letzte Chance. Dring in meine Gedanken ein! Spüre mich! Erkunde mich, reiß mich in Stücke und setze mich zu einem willfährigeren Wesen wieder zusammen.« Sie rückte ihm näher und näher, bis sich die makellose Haut ihres Gesichts nur noch ein paar Handbreit von seinem entfernt befand. Keine Poren, keine Fältchen in diesem Gesicht. Nur stecknadelgroße Pupillen in den jadefarbenen Augen. Aber Schönheit! Eine böse und quälende Schönheit von unglaublichem Alter und unermeßlicher Erfahrung.
Richard wehrte sich gegen die Gurte des Sessels. Seine Gedanken schrien.
Ich hasse dich und vergewaltige dich und zerreiße dich und bedecke dich mit Exkrementen! und ich nenne dich tot! Ich nenne dich verwest! Du windest dich in ewiger Qual, ausgestreckt auf dem Marterrost der Oberflächen, bis der Atem des Universums erstirbt und der Weltraum in sich zusammenbricht ...
»Redigierung minus eins.«
Richard fiel nach vorn. Die Krone polterte von seinem Kopf und schlug mit einem Glockenton der Endgültigkeit auf den Steinboden.
»Du hast wieder versagt, Richard«, stellte Epone gelangweilt fest. »Mach eine Liste von seinen Habseligkeiten, Jean-Paul. Dann steckst du ihn zu den anderen, die für die Karawane nach Finiah bestimmt sind.«
3
Elizabeth Orme war so benommen von dem Schock der Translation, daß sie die führenden Hände, die sie auf den Pfad zur Burg drängten, kaum spürte. Irgend jemand nahm ihr den Rucksack ab, und sie war froh darüber. Das beruhigende Gemurmel der Stimme des Wächters führte sie zurück in eine andere, lange zurückliegende Zeit der Schmerzen und der Angst. Sie war in einer warmen Lösung, die sie umhüllte wie ein Mutterleib, erwacht. Neun Monate lang hatte sie sich in einem Geflecht aus Röhren und Drähten und Anzeigegeräten regeneriert. Von dem langen Liegen in der amniotischen Flüssigkeit waren ihre Augen erblindet, ihre Hautnerven des Gefühls beraubt. und trotzdem konnte sie eine sanfte menschliche Stimme hören, die ihre Angst beschwichtigte, ihr sagte, sie sei wieder heil und ganz und werde in Kürze befreit werden.
»Lawrence?« wimmerte sie. »Bist du in Ordnung?«
»Kommen Sie jetzt mit, Missy! Kommen Sie einfach mit! Sie sind jetzt in Sicherheit, und Sie sind unter Freunden. Wir gehen alle zur Torburg hinauf, und da werden Sie sich ausruhen können. Marschieren Sie nur immer weiter wie ein braves Mädchen!«
Seltsames Geheul wahnsinnig gewordener Tiere, öffne die
Augen vor Entsetzen und schließe sie wieder. Wo ist dieser Ort?
»Die Torburg in der Welt, die Sie das Exil nennen. Nehmen Sie es leicht, Missy. Die Amphicyons können uns nicht kriegen. Nun diese Stufen hoch, und Sie können sich hinlegen und hübsch ausruhen. Da sind wir schon.«
Türen öffneten sich. Sie sah ein kleines Zimmer mit was? Hände drückten sie nieder, damit sie sich setzte, sich legte. Jemand hob ihre Füße an und stopfte ihr ein Kissen unter den Kopf.
Geh nicht weg! Laß mich hier nicht allein!
»Ich bin in ein paar Minuten mit dem Heiler zurück, Missy. Wir werden nicht zulassen, daß Ihnen irgend etwas passiert, da können Sie sicher sein! Sie sind eine ganz spezielle Lady. Entspannen Sie sich jetzt, während ich jemanden hole, der Ihnen helfen kann. Die Toilette ist hinter dem Vorhang da.«
Als sich die Tür schloß, lag Elizabeth bewegungslos, bis die Übelkeit sie würgte. Sie kämpfte sich hoch, stürzte in die Toilette und erbrach sich in das Becken. Ein gräßlicher Schmerz durchstach ihr Gehirn, und sie brach beinahe zusammen. Sie lehnte sich an die weißgetünchte Steinwand und rang nach Atem. Die Übelkeit kehrte wieder, und etwas langsamer auch die Pein in ihrem Kopf. Sie merkte, daß jemand das Zimmer betrat, daß zwei Personen sprachen. Arme stützten sie, der Rand einer dicken Tasse wurde an ihre Lippen gedrückt.
Ich will nichts.
»Trinken Sie das, Elizabeth! Es wird Ihnen helfen.«
Mund öffnen. Schlucken. So. Gut. Jetzt wieder sitzen.
Eine Stimme, tief und schmeichelnd. »Danke, Kosta. Jetzt
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