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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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wieder länger zu tun, aber auch aus ihm kam nichts zum Vorschein. Als er sich schließlich den Jutesack vornahm, war er mehr denn je davon überzeugt, daß ein Gegenstand, den der geheimnisvolle Semjonow möglicherweise bei sich gehabt hatte, hier stecken müsse.
    Er fing mit dem zusammengerollten Sweater an, der in dem Sack gewesen war. Eigentlich nur, um ihn abhaken zu können. Ohne Befund. Dann machte er sich an die Inspektion des Jutesacks. Er arbeitete eine halbe Stunde lang, ehe er sicher sein konnte, daß der Boden nur aus einer doppelten Lage Jute bestand, die Seiten aus einfachem Stoff waren und daß die Ösen am oberen Rand keine Miniatursender waren und die Schnur keine Antenne verbarg.
    Blieb nur noch die Tabaksdose. Sie war russisches Fabrikat, eine gewöhnliche Blechdose mit Schraubdeckel, und roch noch immer schwach nach herbem Tabak. Die Watte war Watte, und somit blieben nur noch die drei Metallscheiben: zwei glänzend wie Aluminium und sehr leicht, die dritte stumpf wie Blei und viel schwerer. Preston saß eine ganze Weile da und starrte die auf dem Tisch liegenden Scheiben an; Carmichael sah Preston an, und der Sergeant blickte zu Boden.
    Nicht, was sie waren, gab Preston zu denken, sondern was sie nicht waren. Sie waren überhaupt nichts. Die Aluminiumscheiben lagen über und unter der schweren Scheibe; die schwere Scheibe hatte einen Durchmesser von fünf Zentimetern, die leichten Scheiben von siebeneinhalb. Er versuchte sich vorzustellen, wozu sie dienen könnten, zum Beispiel beim Funken, Codieren und Decodieren, beim Fotografieren. Und die Antwort lautete: zu nichts. Es waren einfach Metallscheiben. Dennoch war er ganz sicher, daß der Matrose gestorben war, weil er sie nicht in die Hände der Neds hatte fallen lassen wollen, die sie ohnehin bloß weggeworfen hätten, oder weil er sich über ihren Zweck nicht verhören lassen wollte.
    Er stand auf und schlug vor, man solle zum Lunch gehen. Der Sergeant, für den das Ganze nur ein vertaner Vormittag gewesen war, steckte die Artikel wieder in die Beutel und verschloß alles in einem Schrank. Dann führte er die beiden Männer hinaus.
    Während des Lunch im Hotel Pond - Preston hatte vorgeschlagen, sie sollten am Ort des Überfalls vorbeifahren - entschuldigte er sich, weil er ein Telefongespräch führen müsse.
    »Es kann eine Weile dauern«, sagte er zu Carmichael. »Genehmigen Sie sich einen Brandy auf Kosten Albions.«
    Carmichael grinste.
    »Wird gemacht, hoch Bannockburn!«
    Als man ihn vom Speisesaal aus nicht mehr sehen konnte, verließ Preston das Hotel und ging hinüber zur BP-Tankstelle, wo er im dazugehörigen Laden ein paar kleinere Ersatzteile kaufte. Dann ging er ins Hotel zurück und telefonierte nach London. Er gab seinem Assistenten Bright die Nummer des Polizeireviers von Partick und schärfte ihm ein, wann genau der Rückruf kommen solle.
    Eine halbe Stunde später waren die beiden Männer wieder im Polizeirevier, wo ein deutlich mißgestimmter Sergeant sie abermals in den Raum mit den verwahrten Artikeln führte. Preston setzte sich hinter den Tisch, genau gegenüber dem Wandtelefon. Vor sich auf dem Tisch hatte er die Kleidungsstücke aus den verschiedenen Beuteln zu einem Wall aufgeschichtet. Um fünfzehn Uhr klingelte das Telefon; die Vermittlung hatte den Anruf aus London zu der Nebenstelle durchgestellt. Der Sergeant nahm den Hörer ab.
    »Für Sie, Sir. London am Apparat«, sagte er zu Preston.
    »Würden Sie bitte das Gespräch entgegennehmen?« bat Preston Carmichael. »Stellen Sie fest, ob es dringend ist.«
    Carmichael stand auf und ging hinüber, wo der Sergeant noch am Telefon stand. Eine Sekunde lang hatten die beiden Schotten die Gesichter der Wand zugekehrt.
    Zehn Minuten später war Preston endgültig fertig. Carmichael fuhr ihn wieder zum Flughafen.
    »Ich werde natürlich einen Bericht machen«, sagte Preston. »Aber ich begreife noch immer nicht, was die Russen so aus dem Häuschen gebracht hat. Wie lang bleiben diese Artikel im Revier von Partick verwahrt?«
    »Ach, noch wochenlang. Dem sowjetischen Konsul wurde das mitgeteilt. Die Fahndung nach den Neds läuft, aber sie ist Glückssache. Vielleicht erwischen wir einen von ihnen bei einer anderen Straftat und können ihn zum Singen bringen. Würde mich aber wundern.« Preston ging zum Flugschalter. Die Passagiere nach London wurden aufgerufen.
    »Das Groteske an der Sache ist«, sagte Carmichael, als sie sich verabschiedeten, »hätte dieser Russe nicht

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