Das vierte Protokoll
flüchtige Verbrecher sich manchmal unter Betten und in Schränken verstecken. Er machte es gründlich. Nach zehn Minuten tauchte er leicht gerötet aus dem rückwärtigen Teil der Wohnung auf.
»Keine Spur von ihm, Sir. Er muß nach hinten und über den Gartenzaun zur nächsten Straße getürmt sein.«
In diesem Augenblick klingelte es an der Tür.
»Ihre Leute, Sir?« fragte Lander Preston.
»Nicht, wenn's nur einmal klingelt«, antwortete er.
Lander ging zur Tür und machte auf. Preston hörte einen Fluch, und dann rannte jemand. Es stellte sich heraus, daß es ein Mann gewesen war, der beim Anblick des Sergeant die Flucht ergriffen hatte. Burkinshaws Leute hatten sich oben an der Treppe aufgebaut und den Mann so lange festgehalten, bis Lander ihm die Handschellen angelegt hatte. Der Mann wehrte sich nicht mehr und wurde zum Polizeiwagen geführt.
Preston saß neben der Frau und lauschte auf den abebbenden Tumult.
»Sie sind nicht verhaftet«, sagte er ruhig, »aber ich glaube, wir sollten jetzt zur Zentrale fahren, meinen Sie nicht auch?«
Die Frau nickte kläglich.
»Darf ich mich vorher umziehen?«
»Das wäre keine schlechte Idee, Sir Richard«, sagte Preston.
Eine Stunde später wurde ein bulliger, aber sehr schwuler Brummi-Fahrer aus dem Polizeigewahrsam entlassen, mit der eindringlichen Mahnung, in Zukunft nicht mehr auf anonyme Anzeigen in Kontaktpostillen zu reagieren. John Preston brachte Sir Richard Peters aufs Land, hörte sich bis Mitternacht an, was er zu sagen hatte, fuhr wieder nach London zurück und verbrachte den Rest der Nacht mit der Abfassung seines Berichts. Dieser Bericht lag allen Mitgliedern des Paragon-Ausschusses vor, als sie sich am Freitagvormittag um elf Uhr trafen.
Auch das noch, dachte Sir Martin Flannery, der Cabinet Secretary, zuerst Hayman, dann Trestrail, dann Dunnett und nun der da. Können diese elenden Wichte ihren Hosenlatz nicht zugeknöpft lassen?
Der Mann, der den Bericht als letzter zu Ende gelesen hatte, blickte auf. »Entsetzlich«, sagte Sir Hubert Villiers vom Innenministerium.
»Glaube nicht, daß wir den Burschen wieder im Ministerium haben möchten«, sagte Sir Perry Jones von der Verteidigung.
»Wo ist er jetzt?« fragte Sir Anthony Plumb den Generaldirektor von MI5, der neben Brian Harcourt-Smith saß.
»In einem unserer Häuser auf dem Land«, sagte Sir Bernard Hemmings. »Er hat bereits im Ministerium angerufen, angeblich von seinem Cottage in Edenbridge aus, um zu sagen, daß er gestern abend auf einer vereisten Stelle ausgeglitten sei und sich das Fußgelenk gebrochen habe. Hat gesagt, er sei in Gips und für zwei Wochen krank geschrieben. Das gibt uns ein wenig Luft.«
»Übersehen wir dabei nicht eine Frage?« murmelte Sir Nigel Irvine von MI6. »Was immer er auch für ungewöhnliche Neigungen hat, ist er unser Mann? Ist er die undichte Stelle?«
Brian Harcourt-Smith räusperte sich.
»Die Untersuchung, Gentlemen, ist in ihrem Anfangsstadium«, sagte er, »aber es sieht ganz so aus, als sei er es. Ganz sicher ist er im höchsten Maße erpressbar.«
»Die Zeit drängt immer mehr«, schaltete sich Sir Patrick Strickland vom Außenministerium ein. »Das Problem der Schadensfeststellung ist immer noch nicht gelöst, und ich für mein Teil weiß nach wie vor nicht, wann und wie ich es unseren Alliierten beibringen soll.«
»Wir könnten, äh.. das Verhör ein bißchen strammer gestalten«, schlug Harcourt-Smith vor. »Ich glaube, wir könnten unsere Antwort innerhalb von vierundzwanzig Stunden bekommen.«
Ein unbehagliches Schweigen folgte. Der Gedanke, daß einer ihrer Kollegen vom »harten« Team in die Mangel genommen werden könnte, war den Herren nicht sehr angenehm. Sir Martin Flannery spürte, wie sich sein Magen umdrehte. Er hatte eine tiefe persönliche Abneigung gegen Gewaltanwendung.
»Das ist doch sicher in diesem Stadium nicht nötig?« fragte er.
Sir Nigel Irvine hob den Kopf von seinem Bericht.
»Bernard, dieser Preston, der die Untersuchung leitet, scheint ein ganz guter Mann zu sein.«
»Richtig«, bestätigte Sir Bernard Hemmings.
»Ich frage mich«, fuhr Nigel Irvine mit trügerischer Schüchternheit fort, »... er hat doch direkt nach den Ereignissen in Bayswater ein paar Stunden mit Peters verbracht. Es könnte doch für den Ausschuß hilfreich sein, sich diesen Preston einmal anzuhören.«
»Ich habe mir persönlich heute morgen von ihm Bericht erstatten lassen«, warf Harcourt-Smith schnell ein. »Ich kann
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