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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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sicher alle einschlägigen Fragen beantworten.«
    Der Chef von »Sechs« erging sich in Entschuldigungen.
    »Mein lieber Brian, daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen«, sagte er. »Nur... wissen Sie... manchmal gewinnt man beim Verhör eines Verdächtigen einen Eindruck, den man schlecht zu Papier bringen kann. Ich weiß nicht, was der Ausschuß davon hält, aber wir müssen uns jetzt über die nächsten Schritte klarwerden. Ich dachte nur, es könnte hilfreich sein, den Mann zu hören, der mit Peters sprach.«
    Allgemeines Kopfnicken rund um den Tisch. Hemmings schickte einen offensichtlich irritierten Harcourt-Smith ans Telefon, damit er Preston herbeizitiere. Während die hohen Herren warteten, wurde Kaffee serviert. Dreißig Minuten später kam Preston. Die Ausschußmitglieder musterten ihn mit einiger Neugier. Man wies ihm einen Stuhl an der Mitte des Tisches zu, gegenüber seinem Generaldirektor und seinem stellvertretenden Generaldirektor. Sir Anthony Plumb erklärte das Dilemma des Ausschusses.
    »Was hat sich zwischen Ihnen zugetragen?« fragte Sir Anthony. Preston überlegte einen Augenblick.
    »Im Wagen, auf dem Weg aufs Land, ist er zusammengeklappt«, sagte er. »Bis dahin hatte er, wenn auch unter größter Anstrengung, einige Fassung bewahrt. Ich habe ihn selbst gefahren, wir waren also allein. Er ist schließlich in Tränen ausgebrochen und hat geredet.«
    »Nun«, drängte Sir Anthony, »was hat er gesagt?«
    »Er hat seine Neigung zum Transvestismus zugegeben, schien aber aufs äußerste verblüfft darüber, daß man ihn des Verrats beschuldigte. Er leugnete hitzig und beteuerte immer wieder seine Unschuld, bis ich ihn den Wärtern übergab.«
    »Was denn sonst«, sagte Brian Harcourt-Smith. »Er könnte immer noch unser Mann sein.«
    »Ja, könnte er«, stimmte Preston zu.
    »Aber Ihr Eindruck, Ihr instinktives Gefühl?« murmelte Sir Nigel Irvine.
    Preston holte tief Atem.
    »Gentlemen, ich glaube nicht, daß er es ist.«
    »Darf man fragen, warum?« sagte Sir Anthony.
    »Wie Sir Nigel bereits sagte, ist es nur ein instinktives Gefühl«, sagte Preston. »Ich habe zwei Männer gesehen, deren Welt zusammengebrochen war und die geglaubt hatten, daß ihnen kaum noch etwas übriggeblieben sei, für das sich zu leben lohnte. Wenn Männer in dieser Stimmung auspacken, dann legen sie alles auf den Tisch. Nur äußerst charakterstarke Menschen, wie Philby und Blunt, haben das nötige Stehvermögen. Doch das waren ideologische Verräter, überzeugte Marxisten. Wenn Sir Richard Peters zum Verrat erpresst wurde, dann hätte er dies meiner Meinung nach zugegeben oder zumindest bei der Anschuldigung, ein Verräter zu sein, keine Überraschung gezeigt. Er zeigte aber große Überraschung. Er hat vielleicht geschauspielert, aber ich glaube nicht, daß ihm danach zumute war. Entweder das, oder er verdient einen Oscar.«
    Es war eine lange Rede für einen so kleinen Mann vor so hohen Tieren, und alles schwieg eine Weile. Harcourt-Smith durchbohrte Preston mit wütenden Blicken. Sir Nigel musterte Preston interessiert. Kraft seines Amtes hatte er Kenntnis von dem Vorfall in Londonderry, bei dem Preston als Undercoveragent der Army aufgeflogen war. Er hatte auch Harcourt-Smiths Blicke bemerkt und sich gefragt, warum der stellvertretende Generaldirektor von »Fünf« Preston anscheinend nicht mochte. Er selber hatte einen guten Eindruck von ihm.
    »Was meinen Sie, Nigel?« fragte Anthony Plumb. Der nickte.
    »Auch ich habe erlebt, wie Verräter völlig zusammengebrochen sind, als es ihnen an den Kragen ging. Vassall, Prime, beide Schwächlinge und Versager, die sofort ausgepackt haben, als das Haus über ihnen zusammenstürzte. Wenn es also Peters nicht ist, dann bleibt anscheinend nur George Berenson.«
    »Das geht nun schon einen Monat«, klagte Sir Patrick Strickland. »Wir müssen den Schuldigen auf die eine oder andere Art festnageln.«
    »Der Schuldige könnte immer noch ein Mitarbeiter oder eine Sekretärin eines dieser beiden Männer sein«, betonte Sir Percy Jones, »nicht wahr, Mr. Preston?«
    »Durchaus, Sir«, sagte Preston.
    »Dann müssen wir George Berenson entweder eine Sicherheitsbescheinigung geben oder beweisen, daß er unser Mann ist«, sagte Sir Patrick Strickland leicht gereizt. »Selbst wenn er sauber ist, bleibt uns immer noch Peters. Und wenn der nicht ausspuckt, sind wir wieder am Ausgangspunkt.«
    »Darf ich einen Vorschlag machen?« fragte Preston ruhig. Allgemeine Überraschung.

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