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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Niemand hatte ihn darum gebeten.
    Doch Sir Anthony Plumb war ein höflicher Mann.
    »Bitte«, sagte er.
    »Die zehn von dem anonymen Absender zurückgeschickten Dokumente paßten alle in ein Muster«, sagte Preston. Die Männer rund um den Tisch nickten.
    »Sieben davon«, fuhr Preston fort, »enthielten Material über die Flottenaufstellungen Großbritanniens und der NATO im Nord- und Südatlantik. Das scheint ein Gebiet der NATO- Planung zu sein, das für unseren Mann oder seine Auftraggeber von besonderem Interesse ist. Wäre es möglich, über Mr. Berensons Schreibtisch ein Dokument von so unwiderstehlichem Gusto passieren zu lassen, daß er, vorausgesetzt, er ist das Karnickel, äußerst versucht sein würde, eine Kopie davon zu machen, um sie weiterzugeben?«
    »Ihn herauskitzeln, meinen Sie?« sinnierte Sir Bernard Hemmings.
    »Was meinen Sie dazu, Nigel?«
    »Nicht unübel. Könnte klappen. Wäre das machbar, was meinen Sie, Perry?«
    Sir Perry Jones schürzte die Lippen.
    »Hundertprozentig«, sagte er. »Bei meinem letzten Aufenthalt in Amerika war von einer Sache die Rede, über die ich bis jetzt noch nichts habe verlauten lassen, nämlich von der Notwendigkeit, eines Tages unsere Auftank- und Verproviantierungseinrichtungen auf Ascension so auszubauen, daß auch unsere Atom-U-Boote versorgt werden können. Die Amerikaner haben sich sehr interessiert gezeigt und finanzielle Beteiligung angeboten für das Recht, die Anlagen eventuell mitzubenutzen. Das würde unseren U-Booten den Weg nach Faslane und uns die endlosen Demonstrationen dort oben ersparen, und die Yankees müßten nicht immer nach Norfolk in Virginia zurück.
    Ich könnte einen sehr vertraulichen Bericht anfertigen, worin diese Sache als nahezu definitiv geschildert wird, und das Schriftstück über vier oder fünf Schreibtische gehen lassen, einschließlich desjenigen von Berenson.«
    »Würde Berenson ein derartiges Papier normalerweise zu sehen bekommen?« fragte Sir Patrick Strickland.
    »Zwangsläufig«, sagte Jones. »Als stellvertretender Chef des Beschaffungsamtes. Seine Abteilung ist für die atomare Seite dieser Angelegenheit zuständig. Er würde es ebenso wie drei oder vier andere bekommen. Einige Kopien würden für die allernächsten Mitarbeiter gemacht werden. Dann nach dem Rücklauf in den Reißwolf. Originale persönlich wieder an mich.«
    Alle waren sich einig. Das Ascension-Papier sollte am Donnerstag auf George Berensons Schreibtisch landen.
    Als sie das Cabinet Office verließen, wandte sich Sir Nigel Irvine an Sir Bernard Hemmings und bat ihn, mit ihm zum Mittagessen zu gehen.
    »Ein guter Mann, dieser Preston«, meinte Irvine, »gefällt mir schon rein äußerlich. Ist er loyal Ihnen gegenüber?«
    »Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln«, sagte Sir Bernard verwundert.
    Ah, darum, dachte »C«.
    Diesen Sonntag, den 22. Februar, verbrachte die britische Premierministerin auf ihrem offiziellen Landsitz Chequers in der Grafschaft Buckinghamshire. Unter strengen Geheimhaltungsmaßnahmen bat sie drei ihrer engsten Berater im Kabinett sowie den Parteivorsitzenden, ihr einen Privatbesuch abzustatten.
    Was Mrs. Thatcher zu sagen hatte, versetzte alle in tiefe Nachdenklichkeit. Im Juni würden vier Jahre ihres zweiten Regierungsmandats vergangen sein. Sie war entschlossen, noch einen dritten Wahlsieg zu erringen. Die Wirtschaftsprognosen wiesen darauf hin, daß im Herbst eine Talfahrt bevorstehe, begleitet von einer Welle von Lohnforderungen. Es konnte zu Streiks kommen. Die Premierministerin wollte keine Wiederholung jenes »Winters des Mißvergnügens« von 1978, als eine Welle von Arbeitsniederlegungen die Glaubwürdigkeit der Labour-Regierung erschütterte und zu ihrem Fall im Mai 1979 führte.
    Dazu kam noch, daß das sozialdemokratisch-liberale Bündnis bei Meinungsumfragen nicht mehr als zwanzig Prozent erreichte, während die Labour Party mit ihrem neuen Anstrich der Einheit und Mäßigung auf siebenunddreißig Prozent der Wählerschaft kam, nur sechs Punkte hinter den Konservativen. Und der Abstand verringerte sich immer mehr. Kurz und gut, die Premierministerin wollte eine Überraschungswahl im Juni, jedoch ohne die schädigenden Spekulationen, die ihrer Entscheidung 1983 vorangegangen waren und sie beschleunigt hatten. Eine Erklärung wie ein Blitz aus heiterem Himmel und eine dreiwöchige Wahlschlacht, das hatte sie sich in den Kopf gesetzt, und zwar nicht 1988 oder eventuell im Herbst 1987, sondern noch in diesem

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