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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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im Juni.«
    Ihre Augen wurden groß.
    »Was ist denn im Juni so Wichtiges?«
    »Spielt keine Rolle.«
    »Du schlauer alter Fuchs«, sagte sie gespannt. »Es geht um Margaret, wie? Das gemütliche Plauderstündchen in Chequers am vorletzten Sonntag. Sie ruft zu den Urnen. Wetten, daß ich recht habe?«
    »Psst!«, machte ihr Mann, aber nach fünfundzwanzig Ehejahren wußte sie, wann sie ins Schwarze getroffen hatte. Sie blickte auf und sah ihre Tochter Emma auf der Türschwelle stehen.
    »Gehst du weg, Darling?«
    »Yeah«, sagte das Mädchen. »Bis dann.«
    Emma Lockwood war neunzehn, Kunststudentin und in jugendlichem Überschwang mit Haut und Haaren dem Kult verfallen, der sich »Radical Politics« nannte. Sie verabscheute die politischen Ansichten ihres Vaters und versuchte, durch ihren eigenen Lebensstil dagegen zu protestieren. Zur milden Verzweiflung ihrer Eltern fehlte sie bei keiner Anti-Raketen-Demonstration und bei keiner der lautstarken Protestkundgebungen linker Gruppen. Zu ihren privaten Protestaktionen gehörte, daß sie mit Simon Devine schlief, Dozent an einem Polytechnikum, den sie bei einer Demo kennengelernt hatte.
    Er war kein berauschender Liebhaber, aber Emma bewunderte ihn wegen seines fanatischen Trotzkismus' und des pathologischen Hasses auf die »Bourgeoisie«, Sammelbegriff für alle, die nicht seiner Meinung waren. Wer ihm energischer Widerpart hielt als die Bourgeois, wurde als Faschist eingestuft. Diesen Mann beglückte Emma des Abends auf seiner Schlafcouch mit dem Hinweis, den sie aufgeschnappt hatte, als sie in der Tür des elterlichen Frühstückszimmers stand.
    Devine war Mitglied mehrerer revolutionärer Studentengruppen und schrieb Artikel für linksextreme Blätter, die sich durch großes Engagement und minimale Auflagen auszeichneten. Welchen Goldschatz Emma Lockwood ihm geliefert hatte, berichtete er zwei Tage später dem Redakteur einer kleinen Flugschrift während der Fertigstellung eines Pamphlets, worin Devine alle freiheitsliebenden Arbeiter der Cowley-Werke aufrief, den Fertigungsbetrieb lahmzulegen, um ihre Solidarität mit einem wegen Diebstahls entlassenen Kollegen zu demonstrieren.
    Der Redakteur fand, zur Veröffentlichung in Form eines Artikels sei die Information zu vage, er wolle jedoch mit seinen Kollegen darüber sprechen; Devine solle das Gehörte unbedingt für sich behalten. Nachdem Devine gegangen war, sprach der Redakteur tatsächlich mit einem seiner Kollegen, seinem Verbindungsmann, und der Verbindungsmann gab die Information an seine Leitstelle in der Rezidentura an der sowjetischen Botschaft weiter. Am 10. März traf die Meldung in Moskau ein. Devine wäre entsetzt gewesen. Als glühender Anhänger von Trotzkis Forderung nach permanenter Revolution haßte er Moskau und das ganze Sowjetsystem.
    Sir Nigel Irvine war erschüttert über die Enthüllung, daß der Einsatzleiter eines gefährlichen Spions innerhalb des britischen Regierungsapparats ein südafrikanischer Diplomat war, und er beschloß, den einzig möglichen Schritt zu tun: direkt an den südafrikanischen Geheimdienst NIS heranzutreten und eine Erklärung zu fordern.
    Die Beziehung zwischen dem britischen SIS und dem südafrikanischen NIS (und dessen Vorgänger, dem BOSS) wäre von Politikern beider Staaten als nichtexistent bezeichnet worden. »Auf Armlänge« hätte eher der Wirklichkeit entsprochen. Die Beziehung existiert, ist jedoch aus politischen Gründen äußerst heikel. Wegen der weitverbreiteten Ablehnung der Apartheid wird sie in Großbritannien seit langem und unter jeder Regierung mißbilligt, unter den Labor-Regierungen stärker als unter den Konservativen.
    Während der Labour-Jahre zwischen 1954 und 1979 wurde sie seltsamerweise wegen des Rhodesien-Konflikts geduldet.
    Der Labour-Premier Harold Wilson sah ein, daß er, um seine Sanktionen durchzuführen, alle irgend erhältlichen Informationen über das Rhodesien Ian Smiths benötigte, und diese Informationen hatten vor allem die Südafrikaner.
    Als die Rhodesien-Krise schließlich vorbei war, hatten im Mai 1979 die Konservativen wieder die Regierung übernommen, und die Beziehung wurde aufrechterhalten, diesmal wegen der besorgniserregenden Vorgänge in Namibia und Angola, wo die Südafrikaner zugegebenermaßen gute Netze aufgebaut hatten. Es war keineswegs eine einseitige Beziehung. Die Briten gaben einen Tip weiter, den sie aus der Bundesrepublik Deutschland über die DDR-Verbindungen der Frau des südafrikanischen Kommodore

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