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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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mit Geld, falschen Papieren und einer Waffe nach Rom eskortiert, wo er nach seinem eigenen Kopf handeln konnte. Die Folge war, daß eine Menge Leute dabei den ihren verloren.
    »Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Ich glaube nicht, daß man die beiden Dinge miteinander vergleichen kann«, sagte Dr. Rogow, der im wesentlichen den Plan Aurora entworfen hatte und willens war, ihn zu verteidigen. »Das Wojtyla-Attentat war eine Katastrophe aus drei Gründen: Das Ziel wurde nicht tödlich getroffen; der Attentäter wurde lebend gefaßt; und das Entscheidende: es war keine hieb- und stichfeste Desinformation inszeniert worden, wonach man die Sache einer Verschwörung, zum Beispiel der italienischen oder amerikanischen extremen Rechten, hätte in die Schuhe schieben können. Eine Flut glaubhaften Beweismaterials hätte auf Abruf zur Veröffentlichung parat sein und der ganzen Welt klarmachen müssen, daß Agca im Auftrag der Rechten handelte.«
    Der Generalsekretär nickte.
    »Hier hingegen«, fuhr Rogow fort, »liegen die Dinge völlig anders. Für jedes Stadium sind Rückzugs- und Ausweichmöglichkeiten vorgesehen. Der Ausführende würde ein Spitzenprofi sein, der vor der Festnahme Selbstmord beginge. Das Material ist zumeist äußerlich harmlos und kann in keinem Fall in die UdSSR zurückverfolgt werden. Der Ausführende darf Aurora nicht überleben. Und für die Folgezeit sind weitere Pläne ausgearbeitet, die das Geschehene unwiderleglich und überzeugend den Amerikanern zur Last legen.«
    Der Generalsekretär wandte sich an General Martschenko.
    »Würde es funktionieren?« fragte er. Die Ausschußmitglieder wurden unruhig. Es wäre leichter gewesen, wenn die Reaktion des Generalsekretärs erfahren und ihr dann beigepflichtet hätte. Aber er hielt sich bedeckt. Martschenko holte tief Atem.
    »Es ist machbar«, bestätigte er. »Meiner Meinung nach würden zehn bis sechzehn Monate nötig sein, um den Plan in die Tat umzusetzen.«
    »Genosse Oberst?« wandte der Generalsekretär sich an Philby.
    Philbys Stottern verschlimmerte sich. Das war immer so, wenn er unter Streß stand.
    »Was die Risiken angeht, so bin ich überfragt. Desgleichen was die technische Durchführbarkeit betrifft. Aber die Wirkung - ohne Zweifel würden mehr als zehn Prozent der britischen Wechselwähler spontan für die Labour Party stimmen.«
    »Genosse Professor Krilow?«
    »Ich muß abraten, Genosse Generalsekretär. Ich halte den Plan für extrem gefährlich. Er steht in krassem Widerspruch zu den Paragraphen des vierten Protokolls. Sollte dieses Abkommen je gebrochen werden, so könnte es zu unser aller Schaden sein.«
    Der Generalsekretär schien in tiefes Nachdenken versunken, worin ihn wohlweislich niemand störte. Fünf Minuten lang blieben die Augen hinter den funkelnden Brillengläsern geschlossen. Dann hob er den Kopf.
    »Es existieren keine Aufzeichnungen, keine Tonbänder, keine Spuren des Plans außerhalb dieses Zimmers?«
    »Keine«, bekräftigten die vier Männer.
    »Geben Sie mir sämtliche Akten und Kladden«, sagte der Generalsekretär. Als die Papiere vor ihm lagen, fuhr er in seiner üblichen monotonen Sprechweise fort:
    »Das Ganze ist unglaublich leichtfertig, absurd, abenteuerlich und gefährlich«, leierte er. »Der Ausschuß ist aufgelöst. Ich wünsche, daß Sie zu Ihren beruflichen Pflichten zurückkehren und nie mehr weder den Albion-Ausschuß noch den Plan Aurora erwähnen.«
    Er saß noch immer reglos da und starrte auf den Tisch, als die vier mit Schimpf und Schanden Entlassenen abzogen. Schweigend nahmen sie ihre Hüte und Mäntel, wobei sie es vermieden, einander anzusehen. Dann wurden sie zu ihren im Innenhof wartenden Wagen geleitet.
    Unten angekommen, stieg jeder in sein Auto. Philby hatte in seinem privaten Wolga Platz genommen und wartete darauf, daß der Fahrer Gregoriew den Motor startete, aber der Mann tat nichts dergleichen. Die Limousinen der drei anderen fegten über das Geviert, durch die Ausfahrt und hinaus auf die Straße. Jemand klopfte an Philbys Fenster. Er kurbelte es herunter und blickte in das Gesicht von Major Pawlow.
    »Würden Sie bitte mitkommen, Genosse Oberst.«
    Philby befürchtete das Schlimmste. Er begriff jetzt, daß er zu viel wußte; er war der einzige Ausländer der Gruppe. Der Generalsekretär stand in dem Ruf, Risiken ein für allemal zu beseitigen. Philby folgte Major Pawlow wieder ins Haus. Zwei Minuten später stand er aufs neue im Wohnzimmer des Generalsekretärs. Der

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