Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
angebracht hatte. Darin steckten eine abgerissene Eintrittskarte des Eblana-Theaters für die Vorstellung vom vergangenen Abend, eine auf den entsprechenden Namen ausgestellte Quittung des Hotels New Jury für eine Übernachtung, ebenfalls gestern, und der Rückflugabschnitt eines Billetts von Aer Lingus für die Reise London - Dublin - London.
    Schließlich erhielt Petrofski seinen neuen Paß. Als er wieder zurück zum Flughafen ging und seinen Flug buchte, erregte er keinerlei Aufsehen. Er war ein Engländer, der nach eintägiger Geschäftsreise von Dublin nach London zurückkehrte. Zwischen Dublin und London gibt es keine Paßkontrolle; bei der Ankunft in London zeigen die Passagiere nur ihre Flugtickets oder Rückflugabschnitte als Ausweis vor. Sie werden ferner an zwei apathisch wirkenden Männern vom Special Branch vorbeigeschleust, die scheinbar nichts sehen und denen sehr, sehr wenig entgeht. Keinem von ihnen war Petrofskis Gesicht bekannt, da der Major noch nie über Heathrow nach England eingereist war. Auf Anforderung hätte er einen einwandfreien britischen Paß auf den Namen James Duncan Ross vorzeigen können. Einen Paß, an dem nicht einmal das Paßamt selbst hätte etwas aussetzen können, aus dem einfachen Grund, weil das Paßamt selbst ihn ausgestellt hatte.
    Der Russe kam durch den Zoll, ohne kontrolliert zu werden, und fuhr im Taxi zur King's Road. Dort ging er zu einem Gepäckschließfach. Den Schlüssel dazu hatte er. Es gehörte zu einer Reihe von Schließfächern, die von den N-Leuten der Botschaft ständig überall in der britischen Hauptstadt belegt sind und für die schon vor langer Zeit Zweitschlüssel angefertigt wurden. Dem Fach entnahm der Russe ein Päckchen, das noch genau so versiegelt war, wie es zwei Tage zuvor per Diplomatensendung in der Botschaft eingetroffen war. Der N- Mann hatte den Inhalt nicht gesehen und interessierte sich auch nicht dafür. Er fragte auch nie, warum ein Päckchen im Schließfach eines großen Bahnhofs deponiert werden sollte. Das war nicht seine Sache.
    Petrofski steckte das Päckchen ungeöffnet in seine Reisetasche. Er konnte es später in aller Ruhe öffnen. Er wußte, was es enthielt. Von King's Cross fuhr er, wiederum im Taxi, quer durch London zur Liverpool Street Station und stieg dort in den Abendzug nach Ipswich in der Grafschaft Suffolk. Als er sich im Hotel Great White Horse anmeldete, war es gerade Zeit zum Dinner.
    Hätte ein neugieriger Polizist darauf bestanden, einen Blick in die Reisetasche des nach Ipswich fahrenden jungen Engländers zu werfen, er wäre erstaunt gewesen. Darin lag erstens einmal eine finnische Sako-Automatik nebst gefülltem Magazin. Die Patronen waren an den Spitzen sorgfältig in X-Form eingekerbt, die Kerben mit einer Mischung aus Gelatine und konzentrierter Kaliumcyanidlösung ausgefüllt. Nicht nur würden die Geschosse im Körper eines Menschen besonders schwere Verletzunge n hervorrufen, sondern zudem würde das Gift tödlich wirken.
    Ferner lag darin alles, was sonst noch zur Legende von James Duncan Ross gehörte.
    Eine Legende, wie man in Fachkreisen sagt, ist die fiktive Lebensgeschichte eines nicht existierenden Menschen, gestützt durch eine Anzahl absolut realer Dokumente jeglicher Art. Im allgemeinen hat der Mensch, auf dem die Legende aufgebaut wird, einmal tatsächlich gelebt, ist jedoch unter Umständen gestorben, die keine Spur hinterließen und keinen Staub aufwirbelten. Seine Identität wird sodann übernommen, der Tote leibhaftig wieder auferweckt und mit lückenlosen Dokumenten für Vergangenheit und Zukunft versehen.
    Der echte James Duncan Ross - oder das wenige, was von ihm noch übrig war - faulte seit Jahren im tiefsten Busch des Sambesi. Er wurde 1950 als Sohn des Angus und der Kirstie Ross in Kilbridge, Schottland, geboren. 1951 war Angus Ross, der seine freudlose Austerity-Heimat satt hatte, mit Frau und Söhnchen nach Südrhodesien, wie es damals hieß, ausgewandert. Als Ingenieur hatte er eine Anstellung in der Landmaschinenbranche gefunden, und 1960 konnte er seine eigene Firma gründen.
    Das Geschäft florierte, und James durfte eine gute Grundschule besuchen und dann nach Michaelhouse gehen. 1971 hatte der Junge seinen Wehrdienst abgeleistet und trat in die Firma seines Vaters ein. Aber Rhodesien wurde jetzt von Ian Smith geführt, und der Krieg gegen die Guerillas Joshua N'komos, die ZIPRA, und gegen die ZANLA Robert Mugabes nahm immer erbittertere Formen an.
    Jeder wehrfähige Mann

Weitere Kostenlose Bücher