Das vierte Protokoll
zu lesen gibt, und er glaubte wirklich, daß er für Pretoria arbeitete, so wird ihm das, glaube ich, den Rest geben, und er wird zusammenklappen. War er die ganze Zeit über heimlicher Kommunist, dann ist ihm auch bekannt, auf welcher Seite Marais steht, es könnte ihn folglich nicht überraschen. Ein geschulter Beobachter müßte das feststellen können.«
»Und wenn er wirklich unter falscher Flagge angelaufen wurde?« fragte Sir Perry Jones.
»Dann, glaube ich, können wir bei der Schadensfeststellung mit seiner uneingeschränkten Mitarbeit rechnen. Mehr noch, ich glaube, er könnte zum freiwilligen >Umdrehen< gebracht werden und uns helfen, eine Desinformations-Kampagne gegen Moskau aufzuziehen. Und das könnten wir unseren Verbündeten als großes Plus präsentieren.«
Sir Paddy Strickland vom Außenministerium war nun auch gewonnen. Man kam überein, Sir Nigels Taktik zu verfolgen. »Eine letzte Frage: Wer geht zu ihm?« fragte Sir Anthony. Nigel Irvine hüstelte.
»Well, eigentlich ist es Sache von Fünf«, sagte er. »Aber die Durchführung einer Desinformations-Kampagne gegen die Moskauer Zentrale gehört zu den Aufgaben von Sechs. Außerdem kenne ich den Mann. Wir waren auf derselben Schule.«
»Herrje«, rief Plumb. »Aber er ist doch jünger als Sie, nicht wahr?«
»Fünf Jahre, genau gesagt. Er hat mir die Schuhe geputzt.«
»All right. Sind wir uns einig? Jemand dagegen? Nigel, Sie haben es geschafft. Nehmen Sie ihn, er gehört Ihnen. Sagen Sie uns, wie Sie vorankommen.«
Am Dienstag, dem 24., landete ein südafrikanischer Tourist aus Johannesburg auf dem Londoner Flugplatz Heathrow und erledigte alle Einreiseformalitäten ohne Schwierigkeit.
Als er, die Reisetasche in der Hand, aus der Zollhalle auftauchte, trat ein junger Mann auf ihn zu und stellte leise eine Frage. Der stämmige Südafrikaner nickte bestätigend. Der junge Mann nahm ihm die Reisetasche ab und führte ihn hinaus zu einem wartenden Wagen.
Anstatt die Richtung nach London einzuschlagen, fuhr der Chauffeur über die Ringstraße M25 zur M3, die nach Hampshire führt. Nach einer Stunde hielt er vor der Tür eines hübschen Landhauses in der Nähe von Basingstoke. Der Südafrikaner wurde, nachdem er sich seines Mantels entledigt hatte, in die Bibliothek gebeten. Ein Engländer, etwa gleichaltrig mit ihm, in ländlichen Tweed gekleidet, erhob sich von dem Sessel am Kamin, um den Gast willkommen zu heißen.
»Henry Pienaar, freut mich, Sie wiederzusehen. Es ist lange her. Willkommen in England.«
»Nigel, wie geht's immer?«
Die Chefs der beiden Geheimdienste hatten bis zum Lunch noch eine Stunde Zeit. Nach den üblichen Präliminarien setzten sie sich zusammen und besprachen das Problem, das General Pienaar in dieses Landhaus gebracht hatte, in dem der britische Geheimdienst SIS seine ebenso hochrangigen wie heimlichen Gäste beherbergt.
Bis zum Abend hatte Sir Nigel Irvine sein Ziel erreicht. Die Südafrikaner würden Jan Marais auf seinem Posten belassen und damit Irvine Gelegenheit geben, auf dem Weg über George Berenson - vorausgesetzt, daß der mitspielte - ein großangelegtes Desinformations-Manöver aufzuziehen.
Die Engländer würden Marais unter totaler Beobachtung halten; sie übernahmen die Verantwortung dafür, daß er keine Gelegenheit zu einer heimlichen Flucht nach Moskau haben würde, denn jetzt mußten auch die Südafrikaner an ihre Schadensfeststellung gehen - über vierzig Jahre zurück.
Ferner kam man überein, daß Irvine nach Beendigung des Desinformations-Manövers Pienaar benachrichtigen würde, daß man Marais nicht mehr brauche. Marais sollte dann zurückberufen werden, die Engländer würden ihn an Bord des südafrikanischen Jet »begleiten« und Pienaars Leute ihn festnehmen, sobald der Jet abgehoben hätte, also auf südafrikanischem Territorium.
Nach dem Dinner verabschiedete sich Sir Nigel, dessen Wagen draußen wartete. Pienaar würde im Landhaus übernachten, anderntags im Londoner West End ein paar Einkäufe machen und mit der Abendmaschine wieder nach Hause fliegen.
»Lassen Sie ihn bloß nicht laufen«, sagte General Pienaar, als er Sir Nigel hinausbegleitete. »Spätestens Ende des Jahres will ich den Scheißkerl zu fassen kriegen.«
»Sie werden ihn kriegen«, versprach Sir Nigel. »Machen Sie ihn nur inzwischen nicht kopfscheu.«
Während der Chef des südafrikanischen Geheimdienstes versuchte, in der Bond Street ein Geschenk für Mrs. Pienaar zu finden, saß John Preston bei
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