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Das vierte Skalpell

Das vierte Skalpell

Titel: Das vierte Skalpell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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dort nichts gefunden. Keinen Freund, kein verlassenes Mädchen.
Wenn Ihr gesegneter Bonnet die beiden anderen erstochen hat, um Chef zu werden —
schön. Aber warum ihn? Wer hat was gegen einen Studenten, der nichts ist und
nichts besitzt?«
    »Ich wüßte noch was anderes«, sagte ich
zögernd. »Wenn Steimle ihn ermordet hat, und irgend jemand ihn rächen wollte...«
    »Warum sollte Steimle ihn ermorden?«
    »Wegen Evelyn — meiner Assistentin. Sie
waren beide hinter ihr her.«
    Durch die Rauchschwaden heftete Nogees
seine Augen auf mich. »So wie Sie?«
    »So wie ich. Sie hat mir erzählt, wie
Wildbolz sich bemühte. Er hatte ja auch ihr Bild.«
    Mein Bier war alle, und ich verrenkte
mir den Hals nach der Kellnerin. Als ich wieder geradeaus peilte, lag das Bild
vor mir auf dem Tisch.
    »Meinen Sie das?« fragte Nogees.
    Ich starrte auf die Fotografie, dann
auf den Kommissar.
    »Wie kommen Sie dazu?«
    Er grinste unverschämt.
    »Jeder trägt gern das Bild eines netten
Mädchens in der Tasche. Das hier besitze ich leider nur dienstlich, weil ein
toter Mann dahintersaß. Ich suchte das Original, und am Tage von Stickhahns Tod
fand ich es.«
    »Sie haben sie verhört...«
    »Wir haben uns nett unterhalten.«
    Ich war erschüttert.
    »Das wußte ich ja gar nicht.«
    »Sie hat mir versprochen, niemandem von
unserer Unterhaltung zu erzählen. Ich glaube, sie hat es auch nicht getan.«
    »Dann wußte sie, daß Wildbolz tot ist?«
    »Das nicht«, sagte Nogees. »Ich habe
ihr nur gesagt, daß wir ein paar Auskünfte über den Mann brauchten.«
    Ich zerbrach eine Salzbrezel, ohne es
zu merken.
    »Sie hat ihr Versprechen besser
gehalten als ich«, sagte ich dann.
    »Sie haben ihr erzählt, daß er tot
ist?« fragte er.
    »Ja. Gestatten Sie, daß ich mich
schäme.«
    »Nicht zu lange«, sagte Nogees. i
    Ich aß die Salzbrezel und trank
zwischendurch.
    »Es war an dem Abend, an dem es Steimle
erwischte«, sagte ich. »Sie dachte, Wildbolz wäre zurückgekommen und hätte sich
an den beiden gerächt. Das wollte ich ihr ausreden.«
    Nogees nickte. »Verständlich. Nach
unserem Gespräch mußte sie ja glauben, daß mit ihm etwas nicht stimmte.«
    Ich sah ihm ins Gesicht.
    »Hatten Sie Evelyn in Verdacht?«
    Dicke Qualmwolken umhüllten den Kopf
des Kommissars.
    »Im Fall Wildbolz kam sie immerhin in
Frage. Aber bei Stickhahn — kaum.«
    »Hm. Und was halten Sie davon: Steimle
hat Wildbolz umgebracht — aus Eifersucht oder aus irgendeinem anderen Grund.
Bonnet und Wildbolz waren Freunde — Bonnet hat dafür die beb den umgelegt, den
Chef und seinen Ober. Er hat hier gearbeitet. Er wußte überall Bescheid.«
    Nogees wischte mit der Hand die
Rauchschwaden beiseite.
    »Klingt gut«, sagte er. »Ist mir aber
zu kompliziert. Zwei Mörder nebeneinander — das ist so selten wie ein ehrlicher
Taschendieb.«
    Unser Bier kam, und wir ließen den
Blumen keine Zeit zum Welken.
    »Werde Herrn Bonnet trotzdem näher
betrachten«, sagte Nogees und schrieb den Namen in sein Notizbuch.
    Ich sagte: »Lahringer meint, er soll
bei uns Chef werden.«
    »Schön. Dann haben wir ihn in der
Nähe.«
    Rings um uns füllten sich die Stühle
mit dicken, gemütlichen Leuten, und der Lärm nahm zu. Nogees sah auf seine Uhr.
    »Es wird Zeit für mich«, sagte er.
»Seien Sie bedankt für Ihre Mitarbeit. Werde mich um Ihre Vorschläge kümmern.
Höchste Zeit, daß etwas geschieht. Mein Prinzipal wird immer saurer, und die
Zeitungen geben mir den Rest.«
    Er schlug wütend mit den Bierdeckeln
auf den Tisch.
    Ich fragte: »Haben sie eigentlich von
Wildbolz was gebracht?«
    »Ja. Aber mit weniger Zeilen, als sie
jetzt aufwenden.«
    Ich schwieg.
    So nah waren wir in diesem Augenblick
der Lösung und merkten es nicht.
    Wir bezahlten und erhoben uns.
    »Halten Sie die Augen auf«, sagte der
Kommissar zum Abschied. »Er läuft frei herum. Er hat drei Menschen ermordet,
als wären es Meerschweinchen. Er wird nicht eine Sekunde zögern, jeden
umzubringen, der ihm gefährlich wird. Rufen Sie sofort an, wenn Ihnen was
aufstößt.«
    »Sofort«, sagte ich.
    Aber eine Viertelstunde später dachte
ich schon nicht mehr daran. Als ich in meinem Hausflur stand und die
Treppenbeleuchtung aufflammte, sah ich eine nasse Fußspur, die sich die Treppe
hinunter zu meiner Wohnungstür zog.
    Jemand hatte mich besuchen wollen.
    Die Abdrücke bildeten vor der Tür ein
feuchtes, schmutziges Muster.
    Jemand hatte geklingelt und gewartet.
    Dann war er wieder gegangen.

XVIII
     
    Der

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