Das Vigilante Prinzip (German Edition)
sein.
Der Hund hatte aufgeholt und schnappte nach Vigilantes Bein. Ein Kerl in Unterhemd und ausgefranster Jeans hetzte hinter ihm her.
»Milo, komm her. Milo, bei Fuß.«
Vigilante richtete die Pistole auf den Kläffer, woraufhin sich die Stimme seines Besitzers in ein hysterisches Kreischen verwandelte, das den Hund alarmiert zurückrief.
»Braves Bürschchen.« Vigilante rannte weiter. Er hoffte, nicht zu spät zu kommen. Irgendetwas sagte ihm, dass die Kerle, die hinter Kane her waren, ihn nicht unbedingt lebend haben wollten.
»Wo?«, rief er ins Mikro.
» Scheiße. Scheiße, McLane, er hat ihn! «
»Ich bin nicht Mc… ach, verflucht.« Vigilante wich einem Radfahrer aus, sprang auf die Straße und lief einem heranrauschenden Mercedes direkt vor den Kühlergrill. Er setzte über die Motorhaube auf das Dach des Wagens und kam kurz vor der Einfahrt, in der er den Anzugträger hatte verschwinden sehen, wieder auf dem Asphalt auf. Der vermeintliche Marshal hatte Kane gepackt und zielte mit seiner Waffe jedoch auf jemanden tiefer in der Einfahrt. Vermutlich ein Hausbewohner.
Vigilante handelte. Im Rennen hob er die P99 und feuerte einmal an dem Typen vorbei. Der war wegen des plötzlichen Schusses irritiert, zuckte zusammen und ließ Kane los. Er stand frei. Eine Einladung, die Vigilante unmöglich ablehnen konnte. Drei Kugeln fanden ihr Ziel in der Brust des Killers. Er wurde von der Wucht nach hinten geschleudert und prallte rückwärts auf dem Pflaster der Einfahrt auf.
Kane versuchte rechts an Vigilante vorbeizukommen, doch dieser war schneller. Er verstellte dem anderen den Weg und richtete die Mündung der Pistole direkt auf dessen Stirn.
»Dr. Judas Kane?«
Der Mann mit den schwarzen, gelockten Haaren war kreidebleich im Gesicht und verschwitzt. Sein Atem ging schwer und seine Augen flackerten unstet. Aus der Einfahrt drang ein Schrei. Eine Frau mit Besen war neben den Carport getreten und sah die Leiche des Killers. Sie blickte Vigilante an, ließ den Besen fallen, drehte sich um und rannte wieder hinter das Haus.
»Was … was wollen Sie von mir?« Die Stimme Kanes war kaum mehr als ein heiseres Kratzen.
»Sie.«
»Und wer zum Teufel sind Sie?«
»Derjenige, dem Sie besser niemals diese Frage gestellt hätten.« Vigilante packte Kane an der Schulter und zog ihn aus der Ausfahrt. Bis zu seinem Wagen war es zu weit, außerdem würden die Cops unangenehme Fragen stellen und ein Kompetenzgerangel anzetteln. Möglicherweise involvierten sie das FBI. Auf den Zirkus konnte Vigilante verzichten, und es würde auch den Stabschef des Weißen Hauses in Erklärungsnot bringen.
»Wolv?«
» Aye, ich bin noch hier. «
»Du … hast doch einen Führerschein, oder?«
» Klar, Alter. «
»Prächtig.« Vigilante zog Kane die N Street weiter nach Westen bis zur nächsten Kreuzung, wo sie auf die 35. Straße traf. Das Universitätsgelände lag auf der linken Straßenseite. Auf der rechten erblickte Vigilante die weiße Spitze eines Kirchturms, der über die Wohnhäuser hinausragte. »Hör zu, Kleiner, das muss jetzt schnell gehen, ehe die Cops Wind davon bekommen und hier alles dicht machen. Nimm meinen Wagen und fahr zurück bis zur 33. Sieh zu, dass du in die N Street kommst. Hinter der Kreuzung zur 35. Straße auf der rechten Seite ist eine Kirche. Dort gabelst du mich und Kane auf.«
» Ist hier in dem Wagen irgendwo eine Kanone für mich? «
»Nein! Auf keinen Fall, Kleiner. Los, beeil dich!«
Vigilante unterbrach die Verbindung und bugsierte Kane mit der Waffe im Anschlag über die Straßenkreuzung auf die rechte Seite. Einige Studenten blieben entsetzt stehen. Wagen fuhren langsamer und ihre Fahrer starrten Vigilante an. Zwei Bauarbeiter ließen alles stehen und liegen und verschwanden im Eingang des ersten Hauses nach der Kreuzung.
Verdammt, ich errege zu viel Aufmerksamkeit.
Er überlegte, ob er sich jetzt schon im Weißen Haus melden sollte, entschied sich dann aber, auf Wolverine zu warten und erst selbst mit Dr. Kane zu reden.
Eine kluge Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte.
*
»Wo sind wir?«, fragte Dr. Kane, als der Wagen rechts ran und über den Bordstein einer Einfahrt fuhr.
Vigilante blickte in den Rückspiegel und sah das vermummte Gesicht seines Gefangenen auf der Rückbank. Er hatte ihm einen stilechten Sack über den Kopf gestülpt und ihm Ohrstöpsel in die Gehörgänge gedrückt, die mit dem iPod Wolverines verbunden waren. Seit knapp zehn Minuten
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