Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)
sackte zusammen, und sein Gesicht knallte auf den Boden. Ein sauberer, fester Schlag. Ron fragte sich unwillkürlich, ob er den Brenner damit kaputt gemacht hatte; ob er je wieder funktionieren würde.
Er legte Lea die Hand in den Nacken, sie kam näher, leckte ihm die Brust und küsste sie dann, behutsame Küsse, wie ein Kind, das Suppe schlürft.
Er überlegte.
Vielleicht konnten sie noch ein paar Stunden im Bett bleiben, bevor sie in den Laden mussten. Ein bisschen Musik hören, was trinken. Scheißegal, dass es fünf Uhr früh war; der Job, die Stadt, sie konnten ihm nichts anhaben. Klar, er musste Lea helfen, den Mann so schnell wie möglich loszuwerden und ihm so viel Angst einzuflößen, dass er die Sache für sich behielt. Aber dafür war noch genug Zeit.
Dieser Morgen gehörte ihnen.
Die Stadt gehört ihnen.
Und vielleicht ist alles nur das Fantasiegebilde von irgendjemandem.
Bitte nicht richten.
Teil III
Der Nachkrieg
Als die Soldaten aus dem Krieg zurückkehrten, quälten sie die Soldatinnen, die auf sie warteten. Vier Tage lang. Am Ende starben Menschen.
Das war der Nachkrieg, aber alle wussten davon, bevor es passierte. Alle Reservisten waren eingeladen mitzumachen, und nur wenige Leute, vielleicht nur ein paar Mädchen, waren überrascht.
Keine der Frauen musste dort sein. Lea war verheiratet und im dritten Monat schwanger – hatte das aber noch niemandem erzählt. Avishag nahm Antidepressiva und machte eine Therapie. Yael war gerade im indischen Goa und übersetzte die Texte einer reisenden Musikkommune. Sie alle hatten über die Jahre losen Kontakt gehalten. Sonst hielten sie mit niemandem aus dem Dorf Kontakt, nicht einmal mit ihren Eltern.
Avishag hatte einen Führerschein. Sie fuhr die Frauen in ihrem matten Subaru zum Ausbildungsstützpunkt. Sie waren zusammen stationiert worden, weil Shai, der Offizier, mit Yael gevögelt hatte und darauf wartete, dass sie aus der Welt zurückkam und wieder mit ihm vögelte.
Sie kamen zurück, wurden aber nicht mehr gebraucht. Sie waren jetzt Frauen. Die Mädchen summten Lieder. »In mir ist eine Liebe, und sie wird aufsteigen und dich gewinnen« und »Ich rücke nicht immer mit Worten heraus«. Sie saßen in Einsatzzentralen vor den Überwachungsmonitoren, standen in voller Kampfmontur an den Toren und prüften, wer alles auf den Stützpunkt kam. Und sie kalibrierten Waffen mit dem L-Beat, einem roten Laser, mit dem man die Zielgenauigkeit einer Waffe nachbessern konnte, ohne sie abzufeuern.
»Hey, wo schlafen wir?«, fragte Yael die Mädchen, die vor der Einsatzzentrale im Sand kauerten. Sie spielten ein neues Kartenspiel namens Dschungellügen. Die Regeln änderten sich jeden Monat mit jedem neuen Kartensatz.
»Ihr seid grade erst gekommen«, sagte eins der Checkpointmädchen, warf zwei Karten ab und zog drei. »Dabei werdet ihr Fotzen hier gar nicht gebraucht.«
»Du hast drei Karten abgeworfen, und jetzt musst du in der nächsten Runde vier loswerden«, sagte Lea. »Und als Offizierin schlage ich vor, du hütest deine Zunge.«
Das Mädchen zeigte ihnen ihre Unterkunft im Lagercontainer für Negev-MGs und Munition.
Die Frauen bedankten sich, und das Mädchen lachte wie verrückt. »Ihr hättet nicht kommen müssen. Wir haben die da.«
Das nach der Wüste benannte Negev war ein kleines, in Israel entwickeltes Maschinengewehr. Der Raum stank nach Diesel; die Waffen waren kürzlich gereinigt und an der Wand zusammengestellt worden. Der Boden war aus Holz, und das aus den Ritzen sprießende Unkraut reichte den Mädchen bis zu den Knien. Hinten in der linken Ecke lehnten vier grüne Matratzen.
»Gut«, sagte Avishag.
»LOL«, sagte Lea.
Yael sang ein Lied über eine Ente, die Fragen stellen wollte, ein Lied, an das sie sich aus ihrer Kindheit erinnerte.
Plötzlich gingen auf dem Stützpunkt die Lichter aus.
»Warum?«, fragte Avishag.
Dann schlüpfte sie aus ihrem roten Kleid, die Brüste fest im Tageslicht. Lea kippte aus einer Tasche die Uniform und die Ausrüstung, die sie im Materialcontainer eingesteckt hatte.
Die Mädchen zogen sich um und quatschten.
Auf dem Pappschild im Materialcontainer stand: wenn sie es wollen, haben wir es nicht. Es war ein Witz, und Lea lachte.
Sie befanden sich auf einem stillgelegten Stützpunkt, der 2012 gebaut worden war, um Feuerwehrleute auszubilden, die aus verschiedenen Städten jedes Jahr für einen Monat herkamen, um sich auf die Bekämpfung von Bränden wie dem im Carmel-Wald 2011
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