Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Titel: Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shani Boianjiu
Vom Netzwerk:
wäre!«
    Auf dem Beton sagte Hagar, »So. Du. Ari. Training der Beduinen. Aufregend. Aufregend.«
    Ich sagte gar nichts. Ich ließ die Mädchen zappeln.
    »Ich hab da ein interessantes Gerücht gehört«, sagte Amit. »Ich habe gehört, dass sie überlegen, den Beduinen ab jetzt M4er statt M16er zu geben.« Mir war klar, dass sie vom Thema Ari ablenken wollte, weil sie alle gern so taten, als würden meine Fantasien sie nicht die Bohne interessieren, vor allem dann, wenn sie am gierigsten waren.
    »Als ob die für diese Idioten je grüne Patronen verschwenden würden«, sagte Hagar langsam.
    Ein M16 hat eine Reichweite von 100 Metern und man nimmt normale Patronen. Ein M4 hat ein Visier mit dem Vergrößerungsfaktor »Zehn«, eine Reichweite von 250 Metern und man nimmt grüne Patronen. Die grünen Patronen wiegen 0,008 Kilo. Sie fliegen weiter und treffen präziser, weil sie schwerer sind und der Drall in der M4 enger angelegt ist, um die Rotation der Geschosse zu erhöhen und ihm einen größeren Impuls zu geben. Das M4 ist ein Gewehr, das einem wirklich helfen kann, wenn man jemanden erschießen und schnell treffen muss. Aber wenn man dafür ganz normale Patronen nehmen würde, käme man nicht weiter als 75 Meter. Man würde nie treffen, worauf man gezielt hat.
    Eine Weile waren wir still, aber irgendwann konnte ich sie nicht länger auf meine Worte warten lassen, Worte, die ich für versaut hielt. »Hagar«, sagte ich, »ich werde es mit Ari treiben.«
    »Das erzählst du schon seit Monaten«, sagte Amit. Sie lag mit dem Kopf auf Netas nacktem Bauch. Neta und Amit waren vor der Armee beste Freundinnen gewesen, und sie hatten das Glück, am selben Ort stationiert worden zu sein. Und wenn sie vorher beste Freundinnen gewesen waren, so waren sie jetzt Schwestern, die Eltern der jeweils anderen, einfach alles füreinander. Als wir Wasserpfeife geraucht und mit Ari und Gil Wahrheit oder Pflicht gespielt hatten, beschwerten sie sich nicht, als sie sich küssen mussten. »Es ist, als würde ich mich selbst küssen«, sagte Amit. »Wie auf Drogen!«
    »Wart’s ab. Diesmal mein’ ich’s ernst«, sagte ich. Ich öffnete den Mund, um die Sonne zu schmecken. Ich war von innen gefroren, ich war hübsch, die Sonne jagte mir keine Angst ein. »Er wird mich im Schießstand nehmen. In der Krankenstation. Auf einem Couchtisch.«
    »Auf einem Couchtisch?«, fragte Neta.
    »Diese Dinger, die sie in Amerika haben«, sagte ich. »Müsst ihr euch einfach vorstellen.«
    »Aber ich habe gehört, dass er Kanadier ist«, sagte Neta.
    »Er ist Australier«, sagte Amit. Das war eines der wenigen Male, wo sich die beiden nicht einig waren.
    »Jou, Neuseeland, Australien«, bestätigte Hagar.
    »Scheißegal woher, auf jeden Fall gehört er mir«, sagte ich.
    Genau dieses Gespräch hatte es schon sehr oft gegeben.
    »Hört mal, Mädels«, sagte Hagar.
    »Yael«, Hagar sagte meinen Namen. Sie sprach ihn so aus, wie ich Avishags Namen in den seltenen Momenten ausgesprochen hatte, in denen ich sie mehr brauchte als sie mich, nur für eine Sekunde.
    »Glaubst du, dass sie ihn foltern?«, fragte Hagar.
    Die ganzen letzten fünf Tage, seit es passiert war, mussten wir wegen Hagar über den Soldaten sprechen, den sie in Gaza festgenommen hatten. Hagar hatte in seinem Schulbezirk gewohnt und kannte ihn, obwohl sie sagte, dass das nicht stimmte und sie sich nur für das Thema Folter interessierte.
    »Keine Ahnung, Hagar«, sagte ich. Das war die Wahrheit.
    »Nein, sie foltern ihn nicht; sie verwöhnen ihn mit Schokolade und gehen mit ihm im Park spazieren«, sagte Dana. Ich roch die Vanille und den Schweiß auf ihrer Haut. Sie hatte mich gezwungen umzuziehen, aber jetzt war sie sauer, dass die Mädchen im neuen Zimmer mich akzeptiert hatten. Ihr Kopf ragte plötzlich über uns, die wir auf dem Beton lagen. »He, ihr!«, sagte Dana. »Seid ihr gehirnamputiert oder was? Wahrscheinlich prügeln sie ihm jetzt gerade das Leben aus dem Leib.«
    Einen Moment lang waren wir still. Dann zog Amit vorsichtig und auf die Nadel in ihrem Arm achtend ihren BH aus. Neta auch. Das machten die beiden, um Dana zu verscheuchen. Nackte Haut war ihr nicht geheuer. Hagar rührte sich noch immer nicht.
    »Ari wird mich zuerst umdrehen«, legte ich los, ohne Dana zu beachten. Eine Minute später machte sie sich aus dem Staub und schrie, dass wir allesamt widerlich wären. Irgendwo auf halber Strecke meiner Ausführungen schliefen wir alle mit leeren Infusionsbeuteln ein. In

Weitere Kostenlose Bücher